Interstate. Robert Lang. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Robert Lang
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753184258
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und besten weiterhalf. Ohne seine Dienste wäre das Frachtschiff mit der brisanten Ladung heute nicht unterwegs in Richtung Atlantik.

      Ab Varna und bis mindestens zur Straße von Gibraltar war diese Fahrt eine brandgefährliche Angelegenheit. Der Frachter hatte zwar zweitausend Tonnen Stickstoffdünger für Namibia gebunkert, aber sollten nach dem Zuladen der Waffen und vor dem Erreichen des offenen Atlantiks entweder der Zoll oder andere mit Schmuggel befasste Behörden an Bord gehen und seine Ladung genauer inspizieren, dann käme der Kapitän in arge Erklärungsnot.

      Simak erwartete noch heute Abend die Bestätigung des Papstes, dass die zehnprozentige Anzahlung für diesen Deal, wie verabredet, in Frankfurt am Main übergeben worden war. Danach konnte er in Annapolis unweit von Washington anrufen und die Zahlung vermelden. Neue, sicherere Frachtpapiere würden ab Syrakus auf Sizilien bereitliegen, voll mit bunten Stempeln des amerikanischen Außenhandelsministeriums, welches die Ladung für unbedenklich erklärte, weil die Waffen angeblich für das Militär von Südafrika, einem Verbündeten der NATO, bestimmt waren.

      Seine amerikanischen Partner erhielten diese Provision, und Jan Simak, der übergewichtige, kleine, geniale Waffenschieber ohne Religionsbekenntnis, kinderlos und mit vier geschiedenen Ehen, würde dreißig Prozent der sechzig Millionen US-Dollar einstreichen, die das Geschäft abwarf. Und mit dieser Kleinigkeit in der Tasche konnte er künftig beruflich kürzer treten und als wohlhabender Mann seinen Hobbys nachgehen.

      Der Amerikaner rief an und klagte wieder darüber, dass sein Partner ihm mit seinen Geldproblemen in den Ohren liege. Sie beide wollten wissen, wann mit ihrem Anteil zu rechnen sei; Simak wisse hoffentlich, dass ihr Beitrag zu diesem Geschäft essentiell sei.

      „Nein, er hat keine Spielschulden, die Sache ist viel delikater. Er ist ohne Hose an einem Ort erwischt worden, wo man sich besser nicht sehen lässt. Jemand hat ihm das Messer an die Kehle gesetzt, und wenn er nicht zahlt, ist er so gut wie erledigt. Ich selbst habe ihm schon so viel Geld geliehen, dass es anfängt wehzutun, aber er braucht noch eine ganze Menge mehr, um seine Probleme zu lösen.“

      „Shit, kann er uns irgendwie die Suppe versalzen, wenn er die Nerven verliert?“

      „Das befürchte ich allerdings. Wie lange also noch?“

      Der Dealer hielt sich bedeckt. Die Anzahlung von zehn Prozent sollte heute von einem Gesandten seines afrikanischen Kunden überreicht werden. Irgendwo in Frankfurt am Main. Der Geldkoffer würde weitergereicht werden, an einen hochrangigen Angestellten des dortigen US-Generalkonsulats, und von da aus ungeöffnet und mit Diplomatenpost nach Washington gebracht werden. Der Bote hatte offenbar noch eine Freundesschuld zu begleichen.

      Soweit zur Planung; Simak war beunruhigt, denn er hätte schon längst den Anruf des Papstes erhalten sollen, in dem ihm dieser bestätigen sollte, dass die Übergabe geglückt war; und er konnte in Frankfurt niemanden erreichen. Das verschwieg er dem nervösen Amerikaner. Wozu auch die Pferde scheu machen?

      „Vier Tage, wenn alles glatt geht. Beten Sie besser ein wenig mehr bis dahin. Ich melde mich, wenn es konkret ist. Ciao bello!“

      6 Frankfurt am Main

      Es fing holprig an, sah danach eine Zeitlang wie ein sommerlicher Spaziergang aus - und endete in einem Debakel erster Klasse.

      Sein Mitarbeiter Twistie, ein in Deutschland gestrandeter irischer Kunstmaler, der wahrscheinlich nie von seiner Hände Arbeit würde leben können, sollte das Hotel, in dem der Bulgare abgestiegen war, nachts im Auge behalten. Sie wechselten sich gezwungenermaßen in Zwölf-Stunden-Schichten ab. Die Übergabe konnte am helllichten Tag stattfinden, irgendwo auf einem öffentlichen Platz, aber ebenso gut auch morgens um drei in einer finsteren Gasse oder im Hinterzimmer eines Nachtclubs. Sie mussten eine Menge Glück haben, denn für die lückenlose Überwachung eines erfahrenen Objektes brauchte man ein Dutzend Leute und eine gehörige logistische Unterstützung.

       Sie waren zu zweit!

      Der Papst hatte am ersten Tag das Hotel nicht verlassen, und der verrückte Ire und er hatten bereits begonnen darüber zu spekulieren, ob die ganze Sache abgeblasen worden sei, oder dass sie vielleicht doch im Hotel stattgefunden hatte. Für Cord wäre das in Ordnung gewesen, selbst wenn der Scheck dann platzen würde. Die Anzahlung entschädigte mehr als genug für die bisherige Arbeit, und der Albino konnte ihm keinen Vorwurf machen, wenn der Papst sich nicht blicken ließ.

      *

      Am nächsten Morgen gegen halb zehn – er war bei der zweiten Tasse Kaffee – summte Cords Handy; der Ire schrie aufgeregt: „Er steht an der Rezeption und kommt wahrscheinlich gleich raus! Dunkle Jeans, weißes Hemd, ein kleiner grauer Rucksack!“

      „Geh‘ zu ihm hin, wenn er rauskommt; halte ihn auf, ich bin unterwegs und in drei Minuten da. Was? Egal wie, schnorre ihn um eine Kippe an, erzähle ihm von deinen Malkünsten. Bring deine Oma ins Spiel, die eine neue Hüfte braucht. Halt ihn fest, irgendwie!“

      Er griff nach seiner teuren Spiegelreflexkamera, rannte – ohne auf den Lift zu warten - die Treppen hinunter, spurtete die ersten hundert Meter, konnte aber bald in einen leichten Trab verfallen, weil er Twistie mit dem Papst im Eingangsbereich des Hotels stehen und wild gestikulieren sah.

       Geschafft, er konnte den Mann übernehmen!

      Der riss sich gerade von seinem Peiniger los und stapfte sichtlich erbost in Richtung der nahegelegenen U-Bahnstation davon. Als Cord den Iren passierte, rief der ihm feixend zu: „Zehn Euro für das Gebiss meines Opas waren ihm zu viel, aber er hat mir drei gegeben. Er gehört jetzt dir, ich gehe nach Hause und lege mich schlafen.“

      Die Station lag unweit des Messegeländes und die Bahnen fuhren von dort aus quer durchs Zentrum bis zum Zoologischen Garten.

      Cord sah, wie der Bulgare auf den Eingang zuhielt, am Automaten eine Fahrkarte zog und sich die Treppe hinab zum Bahnsteig begab. Er schien sich nicht darum zu sorgen, ob er beschattet oder verfolgt wurde, denn er blickte sich in den paar Minuten bis zum Eintreffen des nächsten Zuges nicht ein einziges Mal um.

      Die U-Bahn fuhr ein und Cord betrat das halbleere Abteil (der morgendliche Berufsverkehr war bereits durch) als letzter Fahrgast, setzte sich so weit abseits wie möglich und gab vor, sich mit seinem Smartphone zu beschäftigen. Dabei behielt er den Bulgaren im Auge; dieser saß mit geschlossenen Augen auf seinem Platz und hatte den grauen Rucksack neben sich gestellt. Der Zug hielt, Leute stiegen aus und ein, und Cord vermutete allmählich, dass sie bis zur Endhaltestelle fahren würden.

      Und er irrte sich nicht, kurz vor Erreichen der Station „Zoo“ stand der Bulgare auf und strebte nach dem Anhalten des Zuges dem Ausgang in Richtung des beliebten Tierparks entgegen.

      Cord folgte ihm mit einigem Abstand. Falls der Papst seinen Kontakt im Löwenhaus oder im Nachtterrarium treffen würde, wäre das fatal, denn dort würde Cord bemerkt werden, wenn er Fotos zu machen versuchte; ohne Blitzlicht war dort nichts auszurichten.

      Sie traten ins Freie und der Bulgare lenkte seine Schritte zur Kasse und kaufte eine Eintrittskarte. Cord brauchte kein Ticket, er besaß eine Jahreskarte, ein zuletzt nutzlos gewordenes Relikt aus der Zeit, als er noch zwei Kinder hatte.

      Der Mann verstaute das Ticket und nahm seinen Rucksack wieder auf. Cord ließ ein paar Sekunden verstreichen und passierte dann ebenfalls das Drehkreuz am Eingang. Er sah den Mann die Toiletten ansteuern, und geriet kurzeitig in Panik; dort drinnen zu fotografieren wäre ebenfalls unmöglich. Er wartete nervös darauf, dass der Bulgare wieder herauskam.

      Auch um diese frühe Stunde war es schon heiß und stickig, für den Nachmittag wurden Temperaturen von über fünfunddreißig Grad erwartet, und es war kein Ende der Hitzewelle in Sicht. Seit Tagen wurden Gewitter vorhergesagt, die dann aber nicht stattfanden - zumindest nicht hier, wo sie am dringendsten gebraucht wurden. Cord klebte schon nach ein paar Schritten sein schweißnasses Hemd am Rücken.

      Nach endlos scheinenden fünf Minuten erschien der Papst wieder und schien sich kurzzeitig orientieren zu müssen. Cord atmete auf und folgte im Abstand von weniger als dreißig Metern. Der Mann schien keine