Ich lache. „Was sollen sonst die Leute in der
Gymeinde denken? Du hast immerhin eine Vorbildfunktion!" Er schaut mich gewollt genervt an. „Du kannst dir vorstellen, mit wie wenig Spaß das meistens verbunden ist." „Ach komm! Heut gönnst du dir einen Eiweiß-Shake mit
Geschmack - Erdbeere oder so. Und dann wird das schon!" Er schubst mich von sich weg, ich lache. Dann steht er auf und sagt: „Bis bald, Paula! Erhol dich noch gut.", und schon ist er durch die Tür. Ich sehe ihn vor meinem inneren Auge am Empfang der Gymeinde stehen, wie er schlecht gelaunt am Erdbeer-Eiweiß-Shake nippt und muss noch immer ein bisschen vor mich hin kichern. Sven,
nein, Alex. Mein neuer Hetero-Kumpel. Ich nehme O-Saft und Kaffee mit und setze mich auf den Balkon, wo ich eine Zigarette nach der anderen rauche und dabei hin- und her überlege, ob ich meiner Schwester tatsächlich absagen soll. Dann rufe ich sie einfach mal an. Schlussendlich einigen wir uns darauf, dass sie Mutti einfach mit ins Auto lädt und mit ihr zu mir nach Hamburg fährt. „Soll doch Tante Lotte meine Steuer machen, die hat doch sowieso immer Langeweile", sagt meine Schwester. „Ich hab eine Torte gemacht. Und später können wir ja noch was zu Essen bestellen, das geht bei dir in der Stadt eh viel besser als bei uns hier auf dem Land." Essen, das ist das Lieblingsthema meiner Familie. „Okay", sage ich. „Aber dafür musst du mir auch alles von diesem Sven erzählen", fordert meine Schwester. Ich knurre in die Leitung. Ich brauchte einen Vorwand, um nicht aufs Land fahren zu müssen und habe von meiner kurzen alkoholhaltigen Nacht mit Mann erzählt. „Paula! Du weißt, dass ich schon so lange verheiratet bin, dass es von mir einfach keine neuen Männergeschichten gibt – außer die von Heiner. Und die sind meistens stinklangweilig, es sei denn, er hat gesoffen,
rofl. Also tu mir doch bitte den Gefallen!" Ich seufze laut. Ich will meiner Schwester nicht von Sven erzählen. Auch nicht von Nico, nicht von Ferdi, und erst recht nicht von Said. „Okay, ich mach mich dann mal fertig. Bussi, bis später! Tschüsschen!", und schon hat sie aufgelegt. Meine Schwester.
Rofl, denke ich. Jetzt sieht sie sicher schon, ganz in alter Dorfmanier, Sven und mich vorm Traualtar stehen. Dabei sind wir gerade erst seit fünf Minuten Freunde – und auch generell überhaupt nicht mehr als das. Etwas genervt und ziemlich verklatscht stelle ich mich unter die Dusche und hoffe, dass das kalte Wasser meinen Kater weg wäscht.