Mandy war schon die ganze Stunde über total unruhig und schaute sich überall um. Nach dem Auftritt Frau Schmidts war sie noch verstörter. Irgendwas musste dem Kind eine Heidenangst gemacht haben...
Christoph und seine Freunde machten auch nicht wie sonst Blödsinn. Er schien sich von ihnen abgesondert haben, beziehungsweise sie sich von ihm.
Sie machten sich noch immer über ihn lustig und über seinen Schrottcomputer, der sie immerzu beleidigt hatte. Und die Spiele waren auch scheiße, weil sie immer verloren, lästerten sie.
Er war enttäuscht, weil er am Sonnabend mit ihnen zocken und eine Übernachtungsparty machen wollte.
Und kaum lief der Rechner, ging alles schief. Sie lachten lauthals, als die Spielfigur ihn als Oberarschloch oder als Riesenvolltrottel bezeichnete.
Und er war sauer, als er die Spiele, die er ansonsten problemlos schaffte, vergeigte. Selbst Toni, der gegen ihn immer verlor, war ihm überlegen.
Er wurde immer wütender, sie lachten immer mehr über die Schimpfwörter auf dem Bildschirm. Als auch sie vom Commodore beleidigt wurden, hörte der Spaß auf.
Sie stritten sich, bis Christophs Eltern genug hatten und die ganze Bande schon am späten Nachmittag aus der Wohnung warf. Der Junge und Spielekönig war am Boden zerstört.
Kai erfasste bald nur noch einen Teil von der Auswertung der anderen Jungs dieses verpatzten Wochenendes, da er sich nun auf Katja und René konzentrierte.
Das Mädchen schien nicht gerade gute Tage hinter sich zu haben. Sie schaute so drein wie René.
Bei ihm war es genauso: Er hatte seine Eltern noch nie so schimpfen hören. Was für ein Ferkel er war und was ihn dazu veranlasste hatte, die Wohnung so zu behandeln. Er bekam Stubenarrest und einige seiner Spielzeuge kamen unter Verschluss.
Eigentlich wollten sie ja am Samstag in den Zoo, aber das war nach der Sauerei erledigt, denn Wohnung schrubben und waschen war angesagt. René wurde kräftig mit eingespannt, denn er war ja der vermeintliche Verursacher.
Sein kleiner Bruder fand das Ganze total lustig, war aber zugleich sauer auf ihn, da ja für den Kleinen der Zoo auch ins Wasser fiel.
Er konnte sich auch nicht erklären, wie die Tube in seine Hand gelangt ist; geschweige denn seinen erbosten Eltern. Und wegen der Flecken würden sie die Wohnung komplett neu tapezieren müssen.
Außerdem mussten sie die Hamster wieder einfangen, die frei im Kinderzimmer zugange waren. Hat der verantwortungslose Bengel vergessen, den Käfig zu schließen? So dachten sie, als sie die Tür öffneten, um den Jungen zu wecken, als schon einer der Nager zwischen, beziehungsweise unter ihren Füßen hindurchhuschte.
Da sie ja ohnehin die Möbel verrücken mussten, spielte das auch keine Rolle mehr. Das hatte auch ewig gedauert, die Viecher wieder einzufangen. Die hatten sich unter die kleinsten Ritzen verkrochen, waren blitzschnell und wollten sich auch nicht gern einfangen lassen. Sie quittierten die Versuche, sie festzuhalten, mit schmerzhaften Bissen.
Abgesehen davon, dass die Tierchen sich schon nagenderweise an Wohnungseinrichtung, Kissen, Schuhen und deren Schnürsenkel verlustiert hatten.
So durfte René diese auch nicht mehr behalten. Die Wohnung glich, genau wie das Wochenende der Familie Albrecht, einem Katastrophengebiet.
Katjas Vater war auch sauer auf seine Tochter, bekam Kai aus den Unterhaltungen mit. Er bestrafte sie ebenfalls mit Stubenarrest und Fernsehverbot.
Und ihre Spartakiade4 im Frühling, beziehungsweise das Training dafür, konnte sie auch vergessen, da sie wichtige Unterlagen von ihrem Papa vernichtet hatte und er deswegen garantiert von seinem Chef Ärger bekam.
Eigentlich sollte er oberster Abteilungsleiter werden, aber damit war es nun Essig. Nix mit mehr Geld und eventuell einem Dienstwagen. Bedauerlich.
… nicht wirklich.
Kai dachte sich seinen Teil. Es tat ihm einerseits sehr leid für die anderen, andererseits empfand er es ein bisschen als ausgleichende Gerechtigkeit.
Für die bedauernswerte Einserschülerin hatte der Alptraum noch kein Ende. Ganz im Gegenteil: In Deutsch konnte sie außer einem Tintenfleck und weiteren Beleidigungen des Staates, seiner Kinderorganisation und der Lehrerin nichts vorweisen.
Und bekam auch hier einen Tadel, eine schlechte Zensur und noch einen Brief an die Eltern angedroht. Sie wurde im Laufe des Tages immer unsicherer und holte die anderen Hefte heraus, die sie mit sich führte.
Alle waren mit Kritzeleien und verbalem Unflat besudelt, dessen Herkunft sie sich nicht erklären konnte.
Völlig verstört rannte sie aus dem Zimmer und verkroch sich den Rest des Tages auf dem Mädchenklo, wo sie bitterlich weinte. Ihre Eltern würden ihr wohl heute ein gewaltiges Donnerwetter bereiten. Alles schien sich gegen sie verschworen zu haben.
Die richtig miesen Attacken gegen Kai ließen im Lauf der Zeit nach, da er es langsam schaffte, unauffällig in der Masse der Schüler zu verschwinden. Sie nahmen ihn meistens nicht einmal wahr, denn einige Kinder der Klasse verhielten sich ohnehin seit dem Herbst merkwürdig.
Sorgen einer Direktorin
Die mittelalte, dunkelblonde, nicht mehr ganz schlanke Direktorin wunderte sich über die Häufung seltsamer Vorfälle:
Der Klassenbesten der 1a war ein Schulleitertadel fast sicher. Es ist nicht zu erklären, warum sie solche Reden in die Hefte schrieb.
Die Eltern waren eingeladen worden und waren über den Inhalt der Hefte fassungslos. Sie konnten ihr glaubhaft versichern, dass sie damit nichts zu tun hatten.
Das völlig entsetzte Mädchen war nur durch viel gutes Zureden dazu zu bewegen gewesen, die Toilettenkabine, in der sie sich verbarrikadiert hatte, zu verlassen.
Die Klassenlehrerin berichtete ihr auch, dass das Klassenkollektiv sich in seinem Gefüge stark veränderte. Und das war echt schlimm. Waren nicht alle Jungpioniere, die sie ja erst geworden waren, Freunde? Na ja, sie wusste, dass es in dieser Klasse einen gab, der ständig Ärger machte, aber der fehlte diesen Tag.
Ihr eigener Sohn hatte ihr zu Hause auch gesagt, dass sein einer Freund doof ist. Er wurde ja von diesem für das Wochenende zum Übernachten eingeladen, aber dann von der Familie, wie auch die anderen Freunde vor die Tür gesetzt, wo sie ihn am selben Abend abholen musste.
Die Patenbrigade dieser Klasse kam auch nicht mehr und wollte diese Klasse nicht mehr begleiten.
In den Parallelklassen war auch so Merkwürdiges passiert. In allen Klassen gab es Kinder, die sich aus heiterem Himmel mehr oder minder merkwürdig verhielten.
In der b kam ein Mädchen alkoholisiert zur Schule – unerklärlich, wie das passieren konnte. Und in der c waren einige total verstört und auch dort waren bei einem Schüler die Hausaufgaben nicht mehr aufzufinden.
Bei den meisten hing seit Kurzem der Haussegen gewaltig schief. Entweder war das erst seit kurzer Zeit so oder in den Familien lag schon lange etwas im Argen. Sehr seltsam, dachte sich die Frau.
Kai bekam von den persönlichen Gedanken, die sich die Frau Direktor da machte natürlich nichts mit. Er verbrachte den Rest des Schuljahres etwas ruhiger.
Was vom Schuljahr übrig blieb
Annette musste die Schule wechseln und war leistungstechnisch nie wieder so gut wie bisher.
Mandy musste das Jahr wiederholen, denn ihre Eltern hatten sich nach einem monatelangen Rosenkrieg scheiden lassen, worunter das Mädchen doch ganz schön litt. Auch hatte sie zunehmend Schwierigkeiten, dem Stoff zu folgen und wurde immer fahriger.
Manuel wechselte ebenfalls die Schule und