Incubus Expeditus. Xenocyon Daemonicus. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Xenocyon Daemonicus
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783752933703
Скачать книгу
der rechten Hand an der Wand hielt.

      Schließlich fand er den Spiegel und betrachtete ihn genauer. Im Dunkeln, fand er, glänzten die Steine in einem völlig anderen, besonderen Licht, so wie er es im normalen Fall niemals sah. Aber er lachte, als er dran dachte, dass es für ein Kind nicht gewöhnlich so war, dass es nachts beim Schlafen seinen Körper verließ, um anderswo sein Unwesen zu treiben wie ein Geist. Als ein Geist, verbesserte er seinen Gedanken.

       Glitzer-Blitzer!, dachte er und besah sich im Spiegel. Er überlegte kurz, ob er „Bu hu huuu!“ rufen sollte, aber er entschied sich dagegen. Shynn wusste nicht, ob man ihn vielleicht hören könnte, denn das wollte er nicht.

      Und wie bei dem Buch mit dem Mädchen, welches sich mithilfe eines ähnlichen Spiegels in einen Geist und wieder zurück verwandelte, wollte er nicht riskieren, dass es ihn ebenso erging. Nicht, dass er gerade hier – in einer fremden Wohnung – seine eigentliche Gestalt wieder annahm.

      Er glaubte eigentlich nicht an Märchen, fand aber aufgrund seines jetzigen Erscheinungsbildes, dass Zweifel über Fantasie und Realität durchaus berechtigt waren.

      Denn sein nächtliches Auftauchen in der Wohnung der Klassenlehrerin könnte er ihr nicht erklären und Meckerei, ein Anruf bei seinen Eltern und noch mehr Schimpfe, wären vorprogrammiert.

      Wennschon, dann war er ja in dieser Form unterwegs, um anderen Ärger zu verursachen. Nicht, um selber welchen zu bekommen.

      Mit ein wenig Bedauern und einem Schulterzucken, warf er schließlich den Spiegel doch zu Boden, wo die Glasscheibe mit einem lauten Klirren zerbrach.

      Shynn ließ sich ebenfalls fallen, drehte sich in der Luft, um mit den Füßen – ähnlich einer Katze – den Boden zu berühren und trat noch einmal kräftig darauf, um dem bereits geborstenen Glas den Rest zu geben.

      Er erschrak, weil er am Rascheln von Bettzeug, das Knarzen des Bettes selbst vom Aufstehen, durch Schritte und dem Klicken eines Lichtschalters mitbekam, dass die Lehrerin von dem Scheppern und Klirren wach geworden war, und machte sich schleunigst aus dem Staub.

      Auf direktem Wege flog er in Richtung seiner elterlichen Wohnung und verschwand wieder in seinem Körper.

      Ein echter Kotztag

      Als Kai am nächsten Morgen aufwachte, hatte er wieder leichte Kopfschmerzen. Seine Mutter betrat das Zimmer so stürmisch so wie es ihre Art war, um ihn zu wecken.

      So bekam sie auf die Schnelle nicht mit, dass er bereits wach war und sagte: „Aufstehen! Du musst zur Schule!“

      Kai ningelte: „Ich hab Kopfweh und mir ist schlecht...“

      Daraufhin wurde Frau Neumann ungehalten. „Papperlapapp, stell dich wegen der anderen nicht so an! Du willst doch nicht wegen solchen Kleinigkeiten fehlen. Los! Raus! Waschen, anziehen und das hopp!“

      Nicht gerade begeistert, tat er wie geheißen: Er wackelte ins Bad, musste sich aber stellenweise an Wand oder Möbeln festhalten, damit er nicht umfiel.

      Der Junge wusch sich diesmal mit kaltem Wasser, was zumindest seine Kopfschmerzen milderte. Ganz weg waren sie nicht.

      Er nahm seinen Schulranzen nebst Brotbüchse und verließ ohne Abschied die Wohnung, denn er war wegen der Aktion von gestern und der von gerade eben ziemlich sauer auf seine Mutter.

      Der Kopf zwickte noch etwas, als er zur Schule schlich. Aber die Luft dieses trockenen, aber schon kalten Morgens tat erstaunlicherweise gut.

      Den Schultag brachte er mit Ach und Krach hinter sich, auch wenn ihm auffiel, dass die Lehrerin heute eine ziemliche Brummfresse zog und auch nicht, wie sonst im den kleinen Pausen, ihren Spiegel draußen hatte, um sich darin zu begaffen. Womöglich hatte sie ihn gar nicht dabei? Schien so.

      Nicht, dass er doch kaputt ist? Wäre schade drum.

      Die Klingel erlöste ihn endlich vom Unterricht; er ließ, wie alle anderen auch, seine Schulsachen im Ranzen verschwinden, ging zur Garderobe, um seine Jacke zu holen und um endlich das Gebäude zu verlassen. Zum Glück war jetzt Wochenende.

      Draußen geschah das, was bis dahin noch mehr schlecht als recht verhindert werden konnte. Auf dem Weg zum Schultor übergab sich Kai mit einem lauten „Uäääärks!“, welches einem Erwachsenen Ehre gemacht hätte, der eine krasse Zechtour hinter sich hatte.

      Alles, was er am Tag zu sich genommen hatte, verließ mit entsprechend lautem Geplatsche seinen Körper und er hatte das Gefühl, als würden seine inneren Organe gleich hinterherkommen. Und das ausgerechnet jetzt, als ein Teil seiner Klasse und ein paar aus den beiden Parallelklassen, ebenfalls den Heimweg antraten.

      Natürlich war das ein gefundenes Fressen für die anderen Kinder. Sie fingen lauthals an zu lachen, weil sie so was in derartiger Größenordnung noch nie gesehen hatten.

      Manche der Anwesenden schrien: „Iiiiih!“, „Wie eeekelig!“, „Igittigitt!“ und so weiter. René mit den schwarzen lockigen Haaren und der hellen Haut baute sich hinter ihm auf und maulte: „Was fällt dir ein, du altes Schwein!“, bevor er Kai zu Boden schubste.

      Nun lag er da, neben seinem eigenen Erbrochenen, umringt von einigen der anderen. René, Katja, Mandy, Annette, Christoph, Manuel und weiß der Teufel wer noch, die ihn alle im Chor „Kotzjunge! Kotzjunge!“ riefen und anfingen, Jungen wie Mädchen, auf ihn einzutreten, während ihm nichts übrig blieb, als sich auf dem Boden zusammenzukauern, damit sie ihn nicht zu schwer verletzten.

      Endlich ließen sie von ihm ab und machten sich davon. Kai rappelte sich auf, um sich zu untersuchen. Vorteil: Die Kopfschmerzen und der Brechreiz waren weg. Nachteil: Er war vollkommen zerschrammt, hatte stattdessen nun diffuse Schmerzen am ganzen restlichen Körper, die Hose hatte eine Dreiangel und die Haare waren total zerzaust.

      Zum Glück war die Brille noch heil, denn das hätte erst recht Ärger gegeben.

      Mit einer Stinkwut auf alles und jeden im Bauch, mit gesenktem Kopf und das Gesicht und die Hände zu Fäusten geballt, machte sich der Junge ebenfalls auf den Heimweg.

      Im Gedanken, aber auch laut, gab er alle Flüche von sich, die er kannte, und er dachte sich sogar welche in einer anderen Sprache aus, die außer ihm kein anderer sprach und verstand.

      Als er zu Hause ankam, immer noch zornig, durchquerte er den Flur, um ungesehen einfach den Rest dieses Kacktages in seinem Zimmer zu verbringen.

      Was ihm nicht gelang, weil seine Mutter die Geräusche der Wohnungstür gehört und gemutmaßt hatte, durch die Uhrzeit, dass es nur ihr Filius sein konnte, der da nach Hause kam.

      Sie ging ihm entgegen, blickte ihm fest in die Augen und schnappte: „Na, auch schon zu Hause?“, auf das ungewöhnlich späte Eintreffen anspielend. Als nicht sofort eine Antwort erfolgte, setzte sie schnippisch nach: „Sag wenigstens Hallo!“

      Mit dem echt laut gebrüllten: „IST DOCH ALLES SCHEIßE!!!“, also der geballten Wut die sich entlud, als wäre sie ein Gewitter oder ein Orkan, der völligen Verzerrung seines Gesichtes, so dass es einer dämonischen Fratze glich, die sie sich einzubilden schien und der daraufhin von innen zugeschlagenen Zimmertür, hatte sie jedenfalls nicht gerechnet.

      Perplex stand sie da, der Kiefer weit nach unten geklappt und mit ziemlichen kugelrunden großen Augen starrte sie auf die Stelle, auf der sich vor einem Sekundenbruchteil noch Kai befunden hatte. So besehen sah sie fast wie ein Fisch aus, der nach Luft schnappte.

      Kai durfte sich gleich am Abend noch eine weitere Schimpfkanonade seiner Eltern anhören, die ihn ohne Abendbrot ins Bett schickten und ihm am Wochenende verboten, die Wohnung zu verlassen – was ihm ganz recht war, denn er hatte gerade gar keine Lust mehr auf andere Menschen. Auch nicht wirklich auf seine Eltern. Verständlich.

      Als er endlich einschlief, träumte er wieder einmal von dem kleinen schwarzen Teufel. Dieser erschien, wie die Nacht zuvor, aus der Angst und Wut des Jungen geboren.

      Rachedurst

      Shynn