Pechschwarzer Sand. Liv-Malin Winter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Liv-Malin Winter
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742735836
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von Eric erhalten.

      »Unser Freund hat mir nahegelegt, in einem Onlineshop eine Publikation zu kaufen«, berichtete Chris seiner Frau. Sie hatten beschlossen, keine Namen zu nennen und auch ihr Reiseziel nicht zu verraten. »Ich habe sie gekauft, aber ich verstehe nicht, was das soll. Ich habe gedacht, darin will er mir irgendwelche Informationen weitergeben. Doch ich kann nichts entdecken.«

      »Zeig mal«. Rena streckte die Hand aus. Sie studierte den Text intensiv, doch auch sie konnte keine tiefere Bedeutung erkennen.

      »Kann ich es mir einmal ansehen?«, fragte Isabella.

      Sie überflog das Geschriebene. »Das ist eine Branchenstudie über erneuerbare Energien in Kanada. Es gibt keinen Grund, für diese Informationen Geld zu bezahlen. Die kann man auch kostenlos herunterladen.« Chris und Rena sahen sich ratlos an. »Wie hast du bezahlt?«, fragte sie weiter.

      »Es gab nur die Möglichkeit, per Bankeinzug zu zahlen«, antwortete Chris.

      »Wenn der Onlineshop eurem Freund gehört, hat er auf diese Weise eure Kontodaten erhalten«, stellte sie fest.

      »Natürlich, das ist es. Jetzt kann er uns das Geld überweisen, ohne dass wir unsere Bankverbindung per E-Mail verschicken müssen«, sagte Chris erleichtert.

      Nachdem sie die Gastfreundschaft von Tom und Isabella eine weitere Nacht in Anspruch genommen hatten, nahmen Rena und Chris den Bus nach Edmonton. Sie verbrachten einen Großteil des warmen sonnigen Tages in einem der vielen Parks der Stadt. Am Abend begaben sie sich zum Bahnhof. Sie waren nervös, aber die Polizei schien den Bahnhof nicht zu überwachen. Der Zug nach Toronto fuhr kurz vor Mitternacht.

      Rena verbrachte drei unbequeme Nächte auf ihrem Sitz und hätte alles für ein Bett gegeben. Sie war erleichtert, als sie Toronto erreichten und sie den Zug verlassen konnte. In Toronto wollten sie Geld von der Bank abholen. Falls die Polizei diese Transaktion beobachtete, hätte sie einen Hinweis auf ihren Aufenthaltsort. Aus diesem Grund wollten sie nach dem Termin bei der Bank unverzüglich in den nächsten Zug steigen und die Stadt verlassen. Toronto bot viele Reisemöglichkeiten in verschiedene Richtungen und sie hofften, so ihre Spur verwischen zu können.

      Chris prüfte den Kontostand und musste feststellen, dass das Geld nicht da war. Sie waren gezwungen sich ein Hotel zu suchen und zu warten. Rena war zunächst erleichtert, dass sie die Nacht in einem richtigen Bett verbringen konnte, doch die unbequeme Matratze in dem billigen Hotel brachte nicht die gewünschte Erleichterung. Auch am nächsten Tag war das Geld nicht eingetroffen. Die beiden wurden immer nervöser und beratschlagten, was sie tun sollten. Sie beschlossen, noch einen Tag abzuwarten. Wenn sich in dieser Zeit nichts tat, würden sie das Risiko eingehen und Eric kontaktieren.

      Am nächsten Nachmittag war das Geld endlich eingetroffen. Chris holte es von der Bank ab und sie setzten ihre Reise nach Montreal fort. Ihren Anschlusszug nach Halifax verpassten sie um eine halbe Stunde. Sie mussten drei Tage in Montreal verbringen, bis der nächste Zug nach Halifax ging.

      Noch einmal stand Rena eine unbequeme Nacht in einem Zug bevor, dann hatten sie endlich die Küste erreicht. Sie hatten durch ihre ungeplanten Aufenthalte fünf Tage verloren. Das Schiff, das sie nach Deutschland bringen sollte, hatten sie verpasst.

      Sie fuhren zum Hafen, um ein anderes Schiff zu finden. Sie erfuhren, dass in vier Tagen das nächste Schiff einlief, das Passagiere mit nach Europa nahm. Wieder waren sie gezwungen sich ein Hotel zu suchen. Ungeduldig erwarteten sie die Ankunft des Schiffes, das sie endlich aus Kanada wegbringen würde.

      Vier Tage später gingen sie zum Hafen, um mit dem Kapitän den Preis für die Überfahrt auszuhandeln. Doch nach einem Blick auf Renas dicken Bauch lehnte er es ab, sie mitzunehmen. Er wollte keine Probleme mit einer Schwangeren haben. Das Schiff verließ den Hafen ohne sie. Sie mussten eine weitere Woche abwarten, bis sich ihre nächste Chance bot. Diesmal blieb Rena im Hotel, während Chris die Passage buchte.

      Als sie gemeinsam an Bord gingen, trafen sie nur ein paar Mannschaftsangehörige an. Einer kontrollierte ihr Ticket. Ansonsten bedachte er sie nur mit einem flüchtigen Blick. Vorsichtshalber blieben sie in ihrer Kabine, bis das Schiff den Hafen verlassen hatte. Nun gab es für den Kapitän keine Möglichkeit mehr, ihnen die Überfahrt zu verweigern.

      2. Ein schwieriges Projekt

      Eric sah noch einmal seine Unterlagen für das Gespräch mit Alfred Edelmann durch, doch immer wieder schweiften seine Gedanken ab. Seit Wochen hatte er nichts mehr von Chris gehört. Er fragte sich, was passiert war. Er konnte Chris keine E-Mail schicken, denn er befürchtete, dass er Chris damit in Schwierigkeiten bringen würde. Eric war sehr vorsichtig gewesen. Er hatte sich von Hank, einem befreundeten Computerspezialisten, in Windeseile einen Onlineshop einrichten lassen, um Chris' Kontoverbindung zu erhalten. Sein Freund Marc hatte das Geld an Chris überwiesen. Marc leitete eine Umweltorganisation und lebte in Brüssel. Auf diese Weise führte keine Spur nach Berlin.

      Eric riss seine Gedanken mühsam von diesem Thema los. Er musste sich darauf konzentrieren, Edelmann das Konzept für seinen Supermarkt vorzustellen. Es war an der Zeit, das Geld zu verdienen, das er Chris bereits überwiesen hatte. Er würde seine ganze Konzentration brauchen, damit Edelmann ihn nicht übervorteilte. Er packte seinen Laptop ein und zog seinen Anzug an. Er bemühte sich, mit dem Anzug auch wieder in die Rolle des arroganten Beraters zu schlüpfen. Seine Moonwatch hatte er verkauft. Sein Handgelenk fühlte sich ohne die Uhr nackt an.

      Eric ging die zehn Minuten zum Edelmarkt zu Fuß. Er schritt durch den Laden und sah sich um. Er hatte das Gebäude in den letzten Wochen intensiv besichtigt und viele Verbesserungsmöglichkeiten erarbeitet, die sowohl den Energieverbrauch reduzieren würden, als auch ein angenehmeres Ambiente schaffen konnten.

      Eric betrat das Büro des Besitzers. Er stellte seinen Laptop auf den Schreibtisch, begrüßte Edelmann und rief eine Animation des Supermarktes auf.

      »Beginnen wir mit der Gebäudehülle Ihres Ladens. Diese ist bisher nicht gedämmt worden. Im Winter muss deutlich mehr geheizt und im Sommer stärker gekühlt werden, als es mit einer guten Außendämmung notwendig wäre. Außerdem sind die Fenster hier sehr alt. Ich schlage Ihnen vor, neue Dreischeiben-Wärmeschutzglasfenster zu installieren.«

      »Das klingt aber ziemlich teuer«, warf Edelmann ablehnend ein.

      »Durch diese Maßnahmen können Sie viel Geld für Heizung und Kühlung Ihres Ladens einsparen«, entgegnete Eric. Dann fuhr er mit seinem Konzept weiter fort. »Auf dem großen Flachdach können Sonnenkollektoren installiert werden, um Strom zu produzieren. Die Stromproduktion kann durch kleine Windturbinen auf dem Parkplatz ergänzt werden.«

      »Windturbinen auf dem Parkplatz, das gefällt mir.« Edelmann nickte zustimmend.

      »Ein Gebäude wie dieses verschlingt viel Energie für die Beleuchtung. Ich nehme an, dass Sie bereits alles auf LED-Lampen umgestellt haben?«

      »Natürlich«, sagte Edelmann herablassend. Das Einsparpotenzial dieser Maßnahme hatte er selbst erkannt.

      »Allerdings müssen Sie fast den gesamten Innenbereich künstlich beleuchten, da es nicht ausreichend Fenster gibt. Durch einen Einbau von Oberlichtern im Dach wird das Tageslicht besser genutzt und viele Ihrer Lampen sind dann überflüssig.«

      »Sie wollen Löcher in mein Dach bohren?«, bemerkte Edelmann skeptisch. »Nicht, dass es dann undicht wird.«

      »Ich versichere Ihnen, dass es Firmen gibt, die in der Lage sind Oberlichter einzubauen, ohne dass es hinterher in Ihren Laden tropft.« Eric war genervt von diesem Mann. »Oberlichter, die natürliches Licht in das Gebäude lassen, schaffen außerdem ein angenehmeres Ambiente. Das wäre gut für Ihre Mitarbeiter.«

      »Ich gebe doch kein Geld aus, damit sich die Mitarbeiter hier wohl fühlen. Die sollen arbeiten. Mein Laden ist keine Wellnessoase!«

      »Studien haben ergeben, dass Angestellte produktiver sind, wenn sie nicht den ganzen Tag in künstlicher Beleuchtung arbeiten müssen, sondern in Räumen tätig sind, in denen Tageslicht vorhanden ist. Außerdem wäre es für die Kunden angenehmer, sie würden länger im Laden verweilen und