Pechschwarzer Sand. Liv-Malin Winter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Liv-Malin Winter
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742735836
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sein können, wenn sie durch die Lebensumstände nicht in verfeindete Lager geraten wären.

      Rena überlief ein kalter Schauer und sie zitterte.

      »Geht es dir nicht gut? Ist mit dem Baby etwas nicht in Ordnung?« Colin nahm sie am Arm und Rena erkannte, dass sie vielleicht einen Ausweg gefunden hatte.

      1. Moonwatch

      Eric ging über den Vorplatz des Jugendklubs und sah sich interessiert um. Sein erster Besuch hatte während der Schulzeit stattgefunden und der Komplex war ruhig und verlassen gewesen. Heute herrschte hier Leben. Ein paar Jugendliche spielten Basketball. Unter ihnen war ein Mädchen, das verbissen um den Ball kämpfte. Sie machte ihre fehlende Körpergröße durch Geschwindigkeit und Wendigkeit wett. Eric blieb stehen und beobachtete das Spiel. Er erinnerte sich an seine Schulzeit. Damals war er ein begeisterter Basketballspieler gewesen, doch die dritte Ölkrise vor dreizehn Jahren hatte dem ein Ende gesetzt. Der Ölpreis war in die Höhe geschossen und hatte überall zu Versorgungsengpässen geführt. Seine Eltern waren mit ihm zu Verwandten nach Norwegen geflohen. Als die Lage sich in Berlin wieder beruhigt hatte, waren sie zurückgekehrt. In der Zwischenzeit hatte Erics Basketballteam sich aufgelöst. Es gab Wichtigeres als das Spiel. Der Ölpreis war nie wieder auf das alte Niveau zurückgekehrt und das Leben hatte sich grundlegend geändert. Die Menschen mussten lernen ohne billiges Öl zurechtzukommen.

      »Ey, was willst du?«, wurde Eric von einem schwarzhaarigen Teenager angesprochen, der langsam auf Eric zukam. Sein Gang hatte etwas Herausforderndes. Nun waren auch die Augen der anderen auf Eric gerichtet.

      »Mein Name ist Eric. Ich habe einen Termin mit euch.«

      »Bist du der Umweltfuzzi?«

      Eric musste über diese Bezeichnung lächeln. »Genau der bin ich.«

      Eine kleine zierliche Frau kam aus dem Gebäude.

      »Hallo Nina«, begrüßte Eric sie.

      »Hallo Eric.« Die Leiterin des Jugendzentrums schüttelte ihm die Hand. »Komm herein«, forderte sie ihn auf. »Ihr auch«, wandte sie sich an die Jugendlichen. Trotz ihres äußeren Erscheinungsbildes besaß sie die notwendige Durchsetzungskraft für ihren Job.

      Sie gingen in einen Raum mit bunt zusammengewürfelten Sitzgelegenheiten. Die Couch schien der beliebteste Platz zu sein. Drei Mitarbeiter des Jugendklubs gesellten sich zu ihnen.

      »Wir sind schon neugierig auf die Ideen, die du uns mitbringst«, eröffnete Nina das Gespräch, nachdem sich alle gesetzt hatten.

      »Ich freue mich hier zu sein und finde es toll, dass ihr euch an dem Projekt beteiligt«, wandte Eric sich an die Jugendlichen.

      »Ist doch logisch, Mann«, entgegnete ein Junge mit lockigen braunen Haaren, der auf der Couch lümmelte.

      »Ich habe ein paar Vorschläge mitgebracht, wie euer Jugendklub energieeffizient saniert werden kann. Die wichtigste Maßnahme ist die Dämmung des Gebäudes. Dazu werden an den Fassaden Dämmplatten angebracht, die Wärmeverluste reduzieren sollen. Auch das Dach muss gedämmt werden, denn dieses Gebäude ist schon ziemlich alt. Ihr habt hier ein Flachdach, das verschiedene Möglichkeiten bietet. Eine Variante ist, das Dach weiterhin für die Stromerzeugung mit Solarzellen zu nutzen. Eine andere Idee ist jedoch, nur auf einem Teil des Daches Solarzellen zu installieren und auf dem Rest einen Dachgarten anzulegen.«

      Eric konnte das Interesse der Teenager spüren.

      »Wenn ihr euch für den Dachgarten entscheidet, könnt ihr darauf Obst und Gemüse anbauen und verkaufen«, fuhr er fort.

      »Cool, dann haben wir endlich Geld«, stellte der schwarzhaarige Junge fest.

      »Ist das Dach stabil genug für einen Garten?«, erkundigte sich ein Mädchen mit langen Haaren und aufwändigem Make-up.

      »Ein Architekt hat das Dach begutachtet. Er hat mir versichert, dass sich das Dach für einen Garten eignet«, sagte Eric.

      »Das war der Typ von letzter Woche«, warf ein Junge ein.

      »Der Dachgarten hat den Vorteil, dass es im Sommer im Gebäude nicht zu heiß wird. Ich denke, das ist hier ein Problem?« Fragend sah Eric in die Runde.

      Die Teenager nickten zustimmend.

      »Ich kenne einen Landschaftsgärtner, der sich auf das Anlegen von Dachgärten spezialisiert hat. Er hat für euch einen Vorschlag erarbeitet.«

      Eric öffnete seinen Laptop und zeigte einen Entwurf.

      »Die Solarzellen auf eurem Dach nehmen derzeit sehr viel Raum ein. Das möchte ich ändern. Wenn man sie wie auf dieser Grafik gruppiert, bleibt viel mehr Platz übrig. Dann ist es möglich Grünflächen anzulegen. Außerdem gibt es Platz für eine Chillout-Ecke. Statt einen Sonnenschirm aufzustellen, können wir einen kleinen Pavillon bauen, auf dem Solarzellen installiert werden. An den Seitenwänden können Kletterpflanzen wachsen.« Eric deutete auf einen anderen Bereich des Gartens. »Hier sollten größere Büsche stehen, um den anderen Pflanzen etwas Schatten zu bieten. Bei der Auswahl der Pflanzen kann euch der Landschaftsgärtner beraten.«

      »Wieso sind auf der Grafik weniger Solarmodule als wir auf unserem Dach haben?«, fragte die Basketballspielerin skeptisch.

      »Eure Solarmodule sind schon über zehn Jahre alt. Inzwischen gibt es wesentlich effizientere. Wenn wir die austauschen, bleibt mehr Platz für Grünflächen«, antwortete Eric. »Im Gebäudeinneren werden wir auch noch ein paar Veränderungen vornehmen. Wassersparsysteme habt ihr bereits. Aber ich möchte zusätzlich ein Brauchwassersystem installieren, das zur Bewässerung eures Dachgartens genutzt werden kann. Außerdem ist die Beleuchtung noch nicht vollständig auf LED Lampen umgestellt. Das muss geändert werden.«

      »Also, ich finde die Ideen super«, schaltete sich die Leiterin ein.

      »Ich wollte schon immer einen Garten haben«, sagte ein Mädchen mit strohblonden Haaren und schaute sehnsüchtig auf den Entwurf.

      In diesem Teil der Stadt lebten die Menschen in Wohnungen. Einfamilienhäuser mit Gärten waren eine Rarität.

      »Das klingt teuer. Konntest du so viel Kohle bei der Stadt lockermachen?«, wandte sich ein Junge an die Leiterin des Jugendzentrums.

      »Eric hat mir einen Kostenvoranschlag gemacht. Wenn ihr beim Anlegen des Dachgartens helft, reicht unser Budget aus«, antwortete diese.

      »Also, wer ist dafür?«, fragte der Schwarzhaarige und hob seine Hand. Auffordernd sah er in die Runde.

      Nach und nach hoben alle ihre Hand. Der Vorschlag war angenommen.

      »Ich freue mich, dass es euch gefällt. Wenn ihr mit dem Landschaftsgärtner arbeitet, wird er euch erklären, wie ihr die Pflanzen pflegen müsst, damit ihr lange etwas davon habt«, sagte Eric. Er lächelte zufrieden. Es freute ihn, dass seine Idee so gut angekommen war.

      Er verabschiedete sich und fuhr mit seinem Fahrrad nach Hause. Der Auftrag brachte ihm nicht viel ein, doch die Begeisterung dieser Teenager zu erleben, war viel mehr wert. Dieses Projekt war wesentlich befriedigender als das, was ihm vor ein paar Wochen angeboten worden war. Ein Supermarktbesitzer wollte von Eric beraten werden. Zunächst war Eric angetan von der Herausforderung, die sich ihm bot. Nach ein wenig Recherche war ihm klar geworden, dass dieser Mann einen sehr schlechten Ruf hatte. Er versuchte seinen Kunden minderwertige Ware zu verkaufen, behandelte seine Angestellten schlecht und nutzte sie nach Strich und Faden aus. Einige kündigten daraufhin und suchten sich neue Jobs. Doch es gab auch Leute, die keine Wahl hatten. Sie waren nicht in der Lage sich zu wehren. Alfred Edelmann hatte an der Idee Gefallen gefunden, dass er durch eine Umweltberatung sein Image aufpolieren könnte. Er wollte Eric engagieren. Eric hatte lange darüber nachgedacht, ob er den Auftrag annehmen sollte. Er kam finanziell inzwischen halbwegs über die Runden und entschied sich abzulehnen. Mit diesem Halsabschneider wollte er nichts zu tun haben.

      Er stellte sein Fahrrad ab und stieg die Treppen zu seiner Wohnung in den dritten Stock hinauf. Einige Stufen knarrten unter seinem Gewicht. Dieser Altbau war etwas völlig anderes