Eisenglanz. Florian Kalenda. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Florian Kalenda
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754109977
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Uto verscherzt.

      Einer nannte den neuen Bischof von Frigisinga namens Joseppus als möglichen Bräutigam. Ein anderer behauptete, dass Bischöfe nicht heiraten dürften.

      „Wie soll das denn gehen“, fragte Olko ungläubig. „Alle Tage ohne Weib zu schlafen.“

      „Na, Weiber haben die Bischöfe schon“, bekam er zu hören, „nur Hochzeit dürfen sie nicht halten.“

      Alle nahmen an, dass Hulda etwas wusste. Wenn Waltrut Hilfe brauchte, rief sie stets nach Hulda. Die Magd saß still neben Isanpert und flickte einen Riss in einer Wolldecke. Das Gerede schien sie kaum zu hören. Wenn jemand sie nach ihrer Vermutung fragte, wer wohl Waltrut Bräutigam sei, stammelte sie, das werde sich gewiss bald zeigen.

      Nach Isanperts Meinung erkundigte sich niemand. Er höhlte mit dem Schnitzmesser einen Suppenlöffel aus und ging immer wieder durch, was er gehört hatte. Auf seiner Stirn zeichneten sich Sorgenfalten ab.

      Anderntags rief Uto ihn zu sich. „Ich habe eine gute Nachricht. Ich habe mich mit den Mohingara geeinigt. Ich werde ihnen ein Wergeld zahlen für ihren toten Bruder. Damit wird die Sache abgegolten sein. In einer Woche oder zwei kannst du nach Gramlinga zurückkehren. Sag Gudo, dass er keine Sorge mehr haben muss.“

      Er wartete auf Isanperts Antwort, doch der blieb stumm. „Eine Schwierigkeit bleibt“, fuhr Uto schließlich fort. „Die Mohingara kommen in den nächsten Tagen nach Utinga. Ich werde ihnen ein Fest geben zum Zeichen unserer Freundschaft. Hucwalt ist bisweilen unberechenbar. Es wäre klug, dich für diese Zeit auf einen anderen meiner Höfe zu bringen.“

      Isanpert biss sich auf die Lippen.

      „Du schweigst?“

      „Es wäre gegen unser Abkommen, wenn du mich wegschickst.“

      „Nicht weg, nur in Sicherheit“, sagte Uto nachdenklich. „Nun gut. Ich will dir genauso wenig Unrecht tun wie ihnen. Unser Abkommen gilt. Du bleibst hier, bis die Sache geklärt ist. Halte dich nur von Hucwalt fern.“

      Wenn man Isanperts Haare schnitt, befand Uto, würden Cotapert und seine Söhne ihn unmöglich wiedererkennen. So konnte er an der unteren Tafel mitfeiern, bei Olko und Utos anderen Leuten.

      Freie Männer trugen lange Haare, die die Schulter berührten. Die Haare würden nachwachsen. Isanpert war einverstanden, um wenigstens einmal bei den Kriegern zu sitzen, mit ihnen zu feiern, bevor er nach Gramlinga zurückkehren musste.

      Tietgart schnitt ihm die Haare. Sie tat es ungern. Vielleicht hatte es damit zu tun, dass Rihho die Haare bereits ausfielen. Ihr Mann war so viel älter als sie.

      Anschließend bestand sie darauf, Isanpert den Bart zu schaben. Er wachse in flaumigen Büscheln, sagte sie, und müsse wirklich einmal herunter. Dann werde er gleichmäßiger nachwachsen. Es war das erste Mal, dass ihm der Bart geschabt wurde.

      Zwei Tage lang geschah nichts. Isanpert hoffte, die Mohingara hätten es sich anders überlegt.

      Am dritten Tag fochten sie auf der festgetretenen Erde neben dem Waffenhaus. Olko griff Isanpert mit schnellen Hieben an. Er setzte Schlag auf Schlag, ohne auszuholen. Isanpert musste unter der Wucht jedes Mal einen Schritt zurück tun. Er schnaufte, seine Arme wurden schwer. Aber das war nicht der Grund, warum er mitten im Schwertkampf innehielt.

      „Pass auf, du Rindvieh“, rief Olko. „Beinahe hätte ich dich übel getroffen.“

      Isanpert zeigte zum Hoftor. Niemand anderes als die Brüder Hucwalt und Martilo ritt hindurch. Sechs Männer begleiteten sie. Vier trugen Waffen, die anderen mochten Knechte sein, die sich um Tiere und Ausrüstung zu kümmern hatten. Mit diesem Gefolge stellten die Brüder ihre Bedeutung und ihr Vermögen zur Schau. Dagoprant schloss den Zug ab.

      Olko stieß einen Pfiff aus. „Wer hätte es gedacht. Ich jedenfalls nicht. Das gibt eine ganz besondere Hochzeit.“

      Isanpert wich hinter das Grubenhaus zurück, in dem die Waffen lagerten.

      „Wo läufst du hin? Wir sind mitten im Kampf. In der Schlacht kannst du auch nicht davonlaufen!“

      Isanpert blieb, wo er war. „Du hast neulich gesagt, Cotaperts Familie sei von hoher Abkunft und mit den Franken befreundet. Warum sollte Waltrut nicht seinen Sohn heiraten?“

      „Freilich. Reich und angesehen sind sie. Aber schau selbst“, sagte Olko. „Er reicht ihr nicht einmal bis zum Kinn.“

      Isanpert wagte einen Blick um die Ecke. Die Mohingara waren von ihren Pferden gestiegen. Uto, Clementia und Waltrut begrüßten sie. „Du meinst, der Zwerg will Waltrut heiraten? Nicht Hucwalt?“

      Olko setzte die Spitze seines Sax auf den Boden und lehnte sich darauf. Es war eine stumpfe Übungswaffe. „Hucwalt ist längst verheiratet. Wie ich gehört habe, bringt sein Weib jedes Jahr eine Tochter zur Welt. Fünf Mädchen haben sie … Warum im Namen Christi versteckst du dich vor ihnen?“

      „Ich habe ihren Bruder erschlagen“, sagte Isanpert.

      Olko sah ihn ungläubig an. „Wann?“

      Isanpert erzählte.

      „In einer Lücke im Boden aufgesetzt! Nicht dumm. Wenn du gesagt hättest, du hast ihn erstochen, hätte ich dir kein Wort geglaubt. Es gehört Kraft dazu, einen zu erstechen.“ Olko kratzte sich am Bart. „Bleib bloß weg von ihnen. Hucwalt ist ein jähzorniger Mann. Er lässt sich so leicht von keinem Gedanken aufhalten. Und er ist ein besserer Kämpfer, als sein Bruder es war. Einer der besten.“

      Isanpert nahm wieder Verteidigungshaltung ein, hob Schild und Schwert. Er versuchte, trotz des Gewichts an den Armen auf den Zehenspitzen zu stehen, zu tänzeln, um schnell mit der Antwort zu sein.

      Olko teilte aus. Schläge gingen auf Isanperts schweren Holzschild nieder, der sich stetig senkte. Überraschend riss Olko den Arm herum, schlug seinen Sax gegen Isanperts, der etliche Schritt weit flog.

      „Ich ergebe mich“, sagte Isanpert.

      „Ein so ungestümer Kämpfer wie Hucwalt wirst du nie. Aber vielleicht bist du klüger als er.“

      Wenig später rief Uto alle Männer und Weiber, alle Knechte und Mägde des Hofes vor dem Wohnhaus zusammen. Zu seiner Rechten stand seine Tochter Waltrut, zur Linken Martilo, der klein gewachsene Sohn des Grafen Cotapert. An Waltruts anderer Seite strahlte Clementia mehr als ihre Tochter. Hucwalt grinste zufrieden neben Martilo.

      Es war nicht Utos Art, lange zu reden. „Packt die Vorräte aus, holt Bier und Wein. Schlachtet Schweine und Ochsen, backt Brot und Pasteten. Wir werden feiern, wie wir seit dem Christtag nicht mehr gefeiert haben. Und im Frühjahr könnt ihr euch auf ein noch größeres Fest freuen, denn Martilo aus der Sippe der Mohingara wird meine Tochter Waltrut zum Weib nehmen.“

      Uto trat beiseite. Martilo versuchte, Waltrut zu küssen. Die Braut gab sich Mühe, würdevoll auszusehen. Im falschen Augenblick richtete sie den Kopf auf. Der Kuss landete auf ihrem Kinn. Es ging zum Glück im Trubel unter. Nur wenige sahen es und lachten.

      Beifällig wurde mit dem Fuß gestampft und gejauchzt. Ein Fest! Wer sollte sich da nicht freuen. Ein Tag, an dem man sich vollfraß und volllaufen ließ. Ein Abend ohne den nagenden Hunger, mit dem sie an jedem anderen Abend zu Bett gingen.

      Das Fleisch musste gebraten werden. Sie machten sich an die Arbeit. Gebraut, gebacken und geschlachtet hatten sie auf Utos Anweisung seit Tagen. Jetzt wussten sie endlich, für wen.

      Uto brachte die Gäste zu ihren Plätzen. Isanpert betrat den Raum mit den Letzten. An der oberen Tafel sah er Hucwalt auf einem Ehrenplatz, an der Seite von Clementia, die ihm die besten Stücke reichen würde. Martilo saß neben Waltrut. Er sprach in einem fort zu ihr. Sie lächelte mit weit geöffneten Augen.

      Isanpert setzte sich zu Olko. Beruhigt stellte er fest, dass ihn keiner der Mohingara sehen konnte, ohne sich zu verrenken.

      Uto stand auf. „Das heutige Mahl ist nur ein Vorgeschmack. Wenn Martilo im Frühjahr meine Tochter Waltrut heiratet, werden wir mehr Bier, süßeren Wein, weißeres