Einen Glitzerblick sendet er Usas Augen, nähert sich. Ihre Rechte zum Kuss an den Mund hebend, liebkost er den Handrücken.
„Mit etwas Glück hält unsere Anziehung jahrelang alles aus. Verzeihst du mir, was ich dir mit meiner Ungeduld antat?“
Der Wasserkocher brodelt seinen Applaus, knackst dann laut ins Aus. Usas Hand legt Anton hin, und tritt zum Gerät. Hinter sich kann er unmöglich bemerkten, wie bleischwer Usa ihre Hand empfindet, auch keine Bewegung gegen das Mahnmal ihres Zweifels wagt. Nur mühsam, während Anton die Kanne vor sie stellt, weckt sie sich eine von Langmut erfüllte Antwort, wobei ihre Augen im Ausdruck an Tiefe gewinnen und ihre Tonlage diese Nuance trägt.
„Du sprichst Fremdenergie an, aber küsst meine Hand wie ein Lechzender! Nicht diese Art belebt unser Glück! Ein beständiges Vergeben bedenke, du weiß doch, nur dahinter finden ich oder du in etwas Freiwerden von schädigenden Reaktionen. Immerzu erlebe ich Abschiede, wie heute den des Toten, in dem ich den bislang unbeachteten Nachbarn vermute. Nichts daran ist zu ändern. Doch sollst du auch nach diesem Tag wissen, ich schätze und mag dich als besonderen Freund. Aber vergiss nicht, wie eigenständig ich leben und wirken will. Ist dir das genug?“
Auf seinen Stuhl sackt Anton. Usa aber beobachtet genau die beispielhaft saugenden Teeblätter in der Glaskanne, nichts ist daran falsch. Bald trommeln wie von selbst ihre Fingerkuppen zusammen, die inneren Zimbeln läuten warnend ein: ‚Finger weg'. Ins Abseits unter den Tisch führt Usa sie, da Anton kläglich seufzt. Danach schenkt er in beide Becher Tee aus, und schwenkt anschließend den seinen in einer Hand.
„Maik kam zur selben Schlussfolgerung für den Toten wie du und wird die polizeiliche Ermittlung abwarten, nichts Kurioses dürfen wir verbreiten.“
An seinem linken Ohr reibend, schaut er eigens amüsiert an Usas Brust, bedeckt von der Schwärze des Tshirts, und stichelt:
„Nimmst du meine Einladung zum Glücklichsein an? Dich nehme ich als in dir rund wahr. Und ganz und gar voll Esprit!“
Behände beklopft Usa mit hohlen Schlägen ihre Hüften. Brüsk dann kommentiert sie seine Kehre in sein Anliegen.
„Na, mein Klangkörper ist innen und außen gehaltvoll, auch wenn sich meine Formen von einst umdrapieren.“
„Na und? Deine Figur erahne ich als äußerst gemütlich! Vor fülligen Depots scheue ich nicht zurück, trage ja selber eines. Mergelige Hungerhaken machen blaue Flecke am Bauch.“
Anton grinst froh. Es droht ihm abzustürzen. Ihm raunt zum Glück etwas in seinem linken Ohr eine Verstärkung zu.
„Usa, sage deiner Schleuse am intellektuellen Nadelöhr: In meinem Begehren liegt Zuneigung! Also, bitte, nun weißt du es.“
Er ruckelt sich am Stuhl zurecht, und dabei denkt er, sich begünstigend, Usa sollten diese machtvollen Worte dienen. Rasch trinkt er einen Schluck Tee, und atmet beherzt aus.
Dies zarte Wölkchen aromatisiert die Sphäre zwischen ihnen.
Sogleich driften Usas Gedanken in die Lichtbahn der späten Sonne, in den feinen Staub im satten Licht und der wirbelt mehr in sie. Den Wechselbädern im Tag fehlt ein Schlusspunkt, Feilen an der Amplitude kräftiger Worte. So denkend, trinkt Usa etwas Tee. Sein Geschmack schenkt die Aufrichtigkeit für ihren Ton.
„Ja, ich habe verstanden, auch deine mitschwingende Frage, und sehe dein Fragezeichen im Gesicht. Etwas Abstand nehme ich von deiner Einladung, mag nicht wie ein Staubflusen den Abend über mit der Luft im Licht ringen. Weißt du, ich mühe mich noch rigoros um Distanz, teils von Carels abnormer Schwäche, und dem Todesgestank. Also, ich schweige mal kurz.“
Seufzend schließt Usa ihre Lider, und wendet sie zur Sonne. Farben kristallisieren sich entbündelt heraus. Nur, welche mag ihre Seelenordnung, welche würde sie sowohl von der Leiche als auch von Antons Liebesbekenntnis erleichtern können?
Beides mag Usa sich aus ihrem Gemüt entfernen. Trage sie an den Lasten weiter, raube es ihr den Atmen. Bemüht sucht sie in den Farben hinter ihren Lidern eine, die den Klang eines hohen C zu hören ermöglicht, den Ton, der ihr alle Schwingungsweiten öffnet. Allein er, weiß Usa seit langem, weckt ihr den Willen von Tagesdramen erlöst zu sein. Schon kurz danach überrascht sie ein hohes Piano-C. Und es sagt: Die Falle der Existenzangst dient nur als Rechtfertigung. Hinein getappt, streife sie ab!
Dem stimmt Usas Intellekt gerne zu. Ihr inneres Ohr erfasst auch schon das hohe C ihrer Zimbeln. Wohlig verstärkt es Usa in sich als ein metallenes Vibrieren und öffnet halb die Lider dem Sonnenlichtstrahl in der Küche. Der wirft, aus einer Brechung am Fensterglas, einen Klecks Magenta an einen weißen Krug am Regal. - Ah! Magenta eliminiert den Griff nach Antons Schlüssel zum Glück! - Donner und Paukenschlag gegen Anton! Meinen Esprit sollen stets meine Energieerhaltungsgesetze abrunden! Nicht er! Nur sie geben mir nach diesem Tag mein Einssein mit mir zurück. Seit langem wächst unter ihren meine Kreativität. Dies Höchste meiner Wesensordnung soll in unsere Küchenwelt fließen.
Klirrend wie Glas wetzt sich an ihren erbosten Gedanken der Zimbelhall, Raum schaffend. Hervor mogelt sich aus dem Magenta ein orangefarbener Klecks. Und ein Pfiff, zart in zwei Oktaven, damit Usa sie beide gebrauche für ihr Vergessen. Der Pfiff geht einher mit einem Schemen, einen Weg bewandernd. Buddha plaudert nicht vom Windrad auf der Serra. Er geht voran, ohne daran zu denken, ob er Zeit vertue oder wo er ankomme.
Noch an den Sog ihrer akustischen Flut gebunden, aber einen rauen Hall neu hörend, der sie aus der Anderswelt zurückpfeift, weitet Usa ihre Augen. Sie sieht Anton unsicher gestikulieren.
Doch befangen zu ihr äugend, verpasst er, wohin seine Linke zielt. Die prallt an seinen Becher, fängt nur knapp das Kollern über die Tischkante ab. Tee schwappt auf seine Hose. Erschreckt seufzt er hinunter und anschließend über dem geretteten Becher, den er in der Hand wiegt, erhoben wie zum Wurf.
„Beinahe zerbrochen! Weil mich ein Kopfnebel übermannt hat. Usa, weil du zu lange geschwiegen hast! Es irritiert mich Opfer zwanghafter Umstände als Junge, das war kein Honigschlecken. Und schweigst du, komme ich mir vor wie eine Quetschkommode, an der sich der Luftbalg weiten muss, bevor der nächste Ton heraus darf. Sowas geht mir um und um, schweigst du dich aus. Wie soll ich da lernfähig werden und an das Beste zwischen uns glauben!“
Usa nimmt ihm den Becher fort, stellt den am Tisch ab.
„Anton, Schweigen will aneinander gelernt sein, jammere mir kein Ohr ab“, kommentiert Usa lapidar. Schon scheppert in ihrem inneren Ohr neuerlich der Pfiff. Nun als rostige Schelle, die, wimmernd in den Oktaven, Unruhe stiftet. Plötzlich hinterlässt dies Usa den Spruch: Liebling, hast du gepfiffen?
Eine perplexe Weile lang saugt Usa ihren Mund ein, verhält mit abgewandtem Kopf ein Giggern ob der legendären Aufforderung zu einem Bettgeflüster. Alsdann leert sie hastig ihren Becher.
Anton schenkt sich nichts nach von dem dunkelgrünen Gebräu, aber murrt schroff, in einem Seitenblick an Usa:
„Du verdrückst dich, beendest den Tag. Aber ich widme mich, unterdessen meine Hose trocknet, den frischen Kräutern.“
Ohne Usas Bauchbeben zu beachten, ebenso wenig ihren Blick, der am sinkenden Sonnenschein haftet, trägt Anton beide Körbe herbei. Die Kräuter versteht er besser als Usas Mundfaulheit, der er nicht entnimmt, wie sehr Usa mit ihrem Giggern ringt, ob ihrer Liebe, die keine Eile vorsieht, doch ein feines Gemüt und sanfte Hände, die, sorgsam im Bündeln, Zartes nicht quetschen. Dem Gegenteiligen mag sie nicht zusehen, oder es hören wollen; schon jetzt grunzt Anton ab und an in seinem kopflosen Dilemma.
Ihn quält sein Nadelöhr: Ob er sich ungebunden halten und seinen armen Bub reifen lassen könne an der Urquelle des Guten. Mehr dann grunzt Anton, als er die zu trocknenden Sträuße unter die Balustrade bindet und dort in dem Luftzug den Hall