ABSOLUTION 1945. K. Ericson. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: K. Ericson
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754184110
Скачать книгу
sie mir die Papiere. Wie gefällt ihnen meine neue Arbeitskleidung?«

      »Ja, Ja.«

      Und fort ist er.

      Na wenigstens ist er mit meiner Kleidung einverstanden.

      Ich muss sowieso runter in die Küche, auf halben Weg sehe ich mir die Aktien nochmals an.

      Josef kommt mir entgegen.

      »Servus Josef, was meinst du zu den Aktien? Die Rückseite der Zettel sind schön weiß, eigentlich könnte ich sie aufheben, für meinen Sohn. Wenn er auch so ein Zeichentalent ist wie ich, braucht er später Papier für seine Kunstwerke.«

      Ich mache kehrt, gehe in mein Zimmer und werfe das Kuvert auf meinen Kleiderkasten. Da stört es niemand.

      Ich habe noch etwas Zeit, bis zur Vesper. Der Friedhof des

      Klosters, interessiert mich. Es ist schon etwas dunkel und auf dem Friedhof brennen mehrere rote Grablichter, in ihren schwarzen, gusseisernen Laternen. Eine mystische Stimmung.

      Die Altäbte liegen in einem eigenen Hain. In einer ovalen Mauer hat jeder seine eigene letzte Ruhestätte, vermutlich für die Gebeine. Eine schwarze Steintafel zur Erinnerung.

      Gegenüber ist die Türe des Gebeinhauses weit offen.

      Als ich den eiskalten Raum betrete ist mir nicht ganz Wohl in meiner Haut. Im flackernden, roten Kerzenlicht lächeln mich hunderte Totenschädel an. Ich bekreuzige mich seltsamerweise.

      In der hintersten Ecke des Friedhofes, versteckt unter alten Obstbäumen, liegt das halbverfallene Haus des Gärtners.

      Josef hat mir erzählt, der Mann kommt aus Island.

      Warum und wieso?

      Angeblich ist er schon stumm geboren worden. Im Haus ist es dunkel, ich nehme eine alte Obstkiste, steige darauf und blicke durch das Fenster.

      Wie aus dem Nichts taucht plötzlich ein fahles, Augenbrauen loses

      Gesicht hinter dem Fenster auf.

      Vor Schreck haut es mich von der Obstkiste.

      Die Türe geht auf, ein großer Mann mit einer Halbglatze, schmalen Lippen und einer dicken Hornbrille winkt mir zu.

      Sein Kiefer mahlt im Leergang und sein großer Zeigefinger, krümmt sich nach Innen.

      Das bedeutet wohl, ich soll ins Haus kommen. Ich blicke mich um, keiner zu sehen, falls ich Hilfe benötige. Was soll´s.

      Mir einer weit ausladenden Geste zeigt er auf sein Refugium.

      Ein Kasten, ein Bett, ein Tisch und ein Sessel.

      Ein Bild und ein abgedeckter Vogelkäfig.

      Ich strecke den Daumen in die Höhe wie ein Centurio:

      »Toll, sehr schön, haben sie es hier!«

      Ich vermeine, dass sich seine Mundwinkel bewegt haben:

      »Ich muss zur Vesper, jetzt kommt der Frühling, wenn die Obstbäume blühen wird es noch schöner hier.«

      Und ganz schnell:

      »Auf Wiedersehen!«

      In Rekordtempo bin ich in meinen sicheren Zimmer und lege mich auf mein Bett.

      Wo bin ich hier eigentlich? Zu weiteren Überlegungen komme ich nicht, es klopft an der Türe.

      Ich öffne, im dämmrigen Gang steht Josef und sieht mich fragend an. Ich sehe ihn mit dem gleichen Gesichtsausdruck an, er bückt sich und überreicht mir einen Vogelkäfig, mit einem kleinen weißen Zwergpapagei.

      Was soll ich mit dem Vieh? Will es der Gärtner loswerden?

      Josef sieht mich etwas seltsam an:

      »Jetzt hast du einen Gesprächspartner.«

      Ich nehme ihm den Käfig ab und schließe die Tür. Im Käfig liegt ein kleiner Zettel. »Name: Sneilda«

      Ich bin sprachlos:

      »Na los, sag was!«

      Doch der Vogel ist auch sprachlos, vermutlich vor Glück.

      Ich stelle den Vogelkäfig auf meinen Kleiderkasten, die Cola-Aktien sind eine gute Unterlage, damit der Käfig gerade steht und wasche mir die Hände, es ist Zeit zur Vesper zu gehen.

      Der Abt spricht mit uns ein kurzes Gebet, wir erklären dem Neuen, was er zu tun hat. Seine Blumenkohlohren sind rot vor Ärger.

      Ja, ja, Lehrjahre sind keine Herrenjahre.

       9

      Josef schlägt mir eine Wanderung auf die nächstgelegene Alm vor. Sein Cousin würde sich über unseren Besuch sehr freuen.

      Der Abt selbst ist ein passionierter Bergwanderer, er ermuntert uns zu dieser Tour:

      »Auf dem Berg oben, ist man Gott näher.«

      Ich entgegne: »Ja, das denke ich auch. Gott wohnt sicher nicht im Vatikan!«

      Sicherheitshalber ergänze ich:

      »Vielleicht wohnt Gott in einem Kloster.«

      Josef legt den Zeigefinger auf den Mund, vermutlich meint er,

      «Halt´s Maul!«

      Eigentlich bin ich kein Wandersmann, ich bin im Krieg genug marschiert, doch mein neuer Freund hat mir die Hütte auf der Alm schmackhaft gemacht:

      »Mein Cousin macht den Käse selbst und dazu gibt es selbstgemachten Apfelmost, der allerdings recht stark ist.

      Das hat mich überzeugt.

      Vor der Abort Anlage des Klosters steht ein alter, weißer Kasten, mit Dingen, die verstorbene Brüder dem Kloster vermacht haben.

      Alte Rucksäcke, schwere Loden Jacken, alles was man für eine Tour braucht. Alte Wehrmachtstiefel hat unser Kloster mehr als genug.

      Nächsten Tag treffen wir uns in aller Herrgottsfrühe in der kleinen Kapelle links neben der Kirche. Wir haben unsere ältesten Hosen in die Stiefel gestreckt.

      Wir haben dem Abt versprochen ein kurzes Gebet in dieser alten Kapelle zu sprechen.

      Wir fassen uns kurz und sind schon auf dem Weg. Ich muss zugeben, ohne Zwang zu marschieren ist eine ganz neue Erfahrung, es macht echt Spaß. Ich sehe die Natur auf einmal mit ganz anderen Augen und freue mich, auf dieser wunderschönen Welt zu sein. Wir müssen über zwei Berge und deren Täler, was soll´s.

      Nach vier Stunden taucht die Alm aus dem Frühnebel auf. Eine seltsame, dürre Gestalt schlittert uns auf Holzpantoffeln entgegen.

      Josef winkt ihm freundlich zu:

      »Das ist mein Cousin, er ist etwas zurückgeblieben, seine Brüder haben ihn übervorteilt, als das Erbe der Eltern aufgeteilt wurde. Das Haus, die Äcker haben sie unter sich aufgeteilt, ihn haben

      sie das alte Holzhaus auf der Alm gegeben, ihn praktisch abgeschoben.

      Aber er ist ein toller Mensch und hier hat er seine Ruhe.«

      Ein sehr seltsamer Mensch schüttelt uns die Hand.

      Blonde, strähnige Haare, ein Rübezahl Bart, aber listige Augen.

      Mit Gesten und aufgeregten Sätzen versucht er uns etwas zu erklären, ich verstehe kein Wort.

      Durch die Einsamkeit hat er das Sprechen verlernt.

      Mit beiden Händen schiebt er uns in die kleine Blockhütte, sofort stehen zwei, nicht gerade sehr saubere Gläser am Tisch.

      Aus einer Korbflasche schenkt er Apfelmost ein, stellt zwei Holzbretter mit Speck, Käse und Brot auf den Tisch und deutet uns zuzugreifen.

      Das lassen wir uns nicht zweimal sagen.