Die Projektile zerfetzen sein Genick. Der Pilot hat uns nicht einmal bemerkt.
Mein Freund hat keinen Kopf mehr, die Erkennungsmarke liegt zwischen seinen Schulterblättern. Mir zittern dermaßen die Knie, dass ich nicht aufstehen kann.
Auf allen Vieren krieche ich zu ihm, nehme die »Hundemarke« und stecke sie in meinen Stiefel.
Der Krieg ist aus, für Hans und für mich auch.
Die Erkennungsmarke und sein Soldbuch werde ich seinen Verwandten persönlich übergeben.
Das bin ich ihm schuldig.
Ich marschiere nach Offing. Vor dem ersten Haus steht ein Fahrrad, angelehnt am Gartenzaun. Ein altes, schweres Waffenrad. Ich blicke mich kurz um und schnappe mir das Fahrrad.
In diesem Moment biegt eine alte Großmutter, nach den Gesichtsfalten Urgroßmutter um die Ecke:
»Was machen` s denn da?«
»Das Fahrzeug ist requiriert! Das kann Kriegs entscheidend sein!«
»Red` keinen Stuss, Junge! Jetzt haben`s grad gsagt, im Radio, der Führer ist im Kampf gefallen.«
»Ach so? Egal, das Fahrrad wird für den Endsieg benötigt!«
Um jede weiter Diskussion zu unterbinden, radle ich schleunigst davon:
»Heil Hitler!« Was die Alte mir nach schreit kann ich Gott sei Dank nicht verstehen. Ja, so ist das Leben, eben.
2
Ich radle Richtung Süden, den Amerikanern entgegen. Das ist zwar gefährlich, aber der Führer ist schließlich bereits im Endkampf gefallen. Das hat sich aber noch nicht herum gesprochen:
»Halt!«
Ein vierzehnjähriges, blondes Bürschchen richtet seinen alten Karabiner auf mich.
»Junge, siehst du die Totenköpfe auf meinen Kragenspiegel, wenn du das Gewehr nicht sofort in den Graben schmeißt, schaust du auch so aus. «
»Ich habe den Befehl…«
Weiter kommt er nicht, ich trete ihm auf den Fuß, nehme seinen K98 und zerschmettere ihn an einem Baum. Der Kolben ist zersplittert, der Lauf verbogen.
»Geh` nach Hause, du Idiot. Heil Hitler.«
Ich setze mich auf mein Fahrrad, fahre maximal hundert Meter, als es mir meine schöne SS - Kappe vom Kopf reißt.
Ich kann es nicht glauben. Der kleine Idiot hat mir ein Loch in den oberen Rand meiner Mütze geschossen, der schöne Totenkopf ist etwas malträtiert.
Mit verbogenem Lauf, ist das eine stolze Leistung.
Was soll` s, die Geschichte glaubt ihm sowieso niemand.
Ein Loch in der Kappe, spricht für »Feindberührung», ich muss mir nur noch die passende Geschichte dazu einfallen lassen.
Ich radle Richtung Heimatdorf von Hans, doch aus mehreren Kilometern Entfernung sehe ich, die Ortschaft brennt lichterloh.
Ich steige von meinem Fahrrad ab, und setzte mich in den Straßengraben.
Die Erkennungsmarke abgeben kann ich später auch noch, außerdem, wem soll ich sie geben.
Er ist ein Waisenkind. Hat er überhaupt noch jemand? Eigentlich bin ich schon in der Nähe meiner Heimatgemeinde.
Ich habe Sehnsucht nach meiner Frau und meinen kleinen Sohn habe ich überhaupt noch nie gesehen.
Allerdings, wenn mich die Militärpolizei erwischt, hängen sie mich ohne Prozess auf. Munition sparen, sagt unser Gauleiter.
Was soll`s, schlimmer als dem Hans kann es mir nicht ergehen. Ich habe Heimweh.
Die letzten Kilometer trete ich kräftig in die Pedale, es dämmert schon, die richtige Zeit um mich unauffällig in unsere kleine Stadt zu schleichen.
Ich stelle mir das liebevolle Gesicht meiner Frau vor, das Herz klopft mir bis zum Hals.
Ich poche leise an die Türe, sofort wird die Türe aufgerissen:
»Welches Arschloch stört um diese Zeit?«
Die kräftige Stimme gehört dem Fabrikantensohn Gerhart Cekits, Dosennahrung aller Art, unabkömmlich für den Kriegsdienst.
»Bist du nicht der »Alte« von der Hilde? Hilde komm` einmal.
Was machst du eigentlich hier? Solltest du nicht an der Front sein, du feige Sau!«
Ich bin noch immer etwas konsterniert, als meine Frau in der Türe auftaucht. Sie wischt sich sorgfältig die Hände in einem neuem Geschirrtuch ab.
»Was machst den du hier? Der Gerhart ist mein »Neuer«! Etwas geschockt meine ich:
»Dein Gerhart ist ein Hinterlands-Drückeberger.«
Der Fabrikantensohn hat stahlblaue Augen, dichtes blondes Haar und ist zwei Köpfe größer als ich.
Ein Prachtexemplar von Herrenmensch. Er packt mich am Hals und drückt mich mit voller Kraft gegen den Türstock.
»Verschwinde, sonst melde ich dich, oder ich bring dich gleich hier um! Einen Deserteur zu erschießen ist Dienst am Vaterland!«
Er greift in seinen Hosenbund und zieht eine alte Ceska Pistole heraus.
Ich blicke an seiner Schulter vorbei und schreie:
»Nicht, Hilde!«
Der Idiot dreht sich um und ich trete ihm mit meinen kampferprobten Wehrmachtstiefeln mit voller Kraft gegen das Schienbein.
Sein Gesicht fällt leicht nach vor, ich trete ihm ein zweites Mal gegen das Schienbein. Jetzt ist seine Visage in meiner Reichweite. Ich knalle ihm die flache Hand auf die Nase, dass Tränen und Blut an die Wand spritzen.
»Ja, Ja, es ist ein Unterschied ob man in Russland kämpft, oder hier die Weiber fickt.«
Er liegt am Boden und winselt etwas undefinierbares und ich denke er hat kapiert.
Doch meine Frau bedauert den Angeber noch.
»Lass den Gerhart sofort in Ruhe, außerdem fickt er viel besser als du!«
Ich betrachte meine Frau, ich kann es nicht glauben.
Ein Fehler.
Der Fabrikantensohn hat die Ceska aufgehoben, zielt auf mich und eine kurze Sekunde trennt mich vom Tod.
Ich probiere es noch einmal:
»Hilde nicht!«
Der Idiot dreht sich noch einmal um. Es ist nicht zu glauben. Wehrmachtstiefel sind hart.
Ich trete ihm die Waffe aus der Hand, hebe sie auf und setzte sie ihm an die Schläfe.
Wie ihm Chor schreien beide:
»Wir melden dich du Schwein!«
Was bleibt mir übrig.
Ich drücke ab.
Der Schuss geht glatt durch den Schädel und schlägt in der Vorzimmerwand ein.
Meine, mir für ewig Angetraute, bekommt Augen, groß wie Teller.
»Du Versager, dafür wirst du an die Wand gestellt!«
»Falsch, ich bin die SS!«
Ich nehme Gerhart seinen Markenware Hosengürtel ab, schlinge ihn um den Hals von Hilde. Sie spukt mir ins Gesicht.
Ich ziehe den Gürtel zu. Sie hat einen, ebenfalls neuen Arbeitsmantel an, aber keine Unterhose. Seltsam das hat sie bei mir nie gemacht. Ich spreize ihre Beine und ficke sie maximal drei Minuten. Voller Verachtung schreit sie mich an:
»Du bis eine Null, nicht