ABSOLUTION 1945. K. Ericson. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: K. Ericson
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754184110
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den kenne ich vom Priesterseminar. Der hilft dir weiter.«

      »Was mach ich in Argentinien?

      Ich kann ja nicht einmal argentinisch.«

      »Spanisch du Depp! Aber ich sehe ein, das ist eher nichts für dich.

      Aber du könntest endlich einmal ein gottesfürchtiges Leben führen! Als Busse erlege ich dir ein »Gegrüßet seist du Maria«. Das genügt in diesem Fall.

      Du bekommst von mir eine alte Soutane, ein Fahrrad und radelst Richtung Felsheim zum Kloster.

      Die Amerikaner brauchen sicher noch zwei Tage.

      Ich rufe den Abt, den Otto Strohmaier an und werde dich empfehlen. Die Erkennungsmarke vom Steiner Hansi lässt du hier, ich werde mich zur rechten Zeit um neue Papiere für dich kümmern. Ich kenne natürlich auch da wieder jemanden. Deine neuen Papiere schicke ich dir mit der Post.

      Dich kenne ich nicht! Du bist dann der Steiner Hans!

      Vor dem Pfarrhaus stehen zwei Fahrräder ein Schwarzes und ein Rotes. Du nimmst das Schwarze! Das Rote ist ein Geschenk vom Kardinal. So und jetzt verschwinde!«

      »Aha.«

       5

      Es regnet. Ich stapfe durch die letzten Schneereste zum Pfarrhaus. Spärliches Licht fällt durch die angelaufenen Fenster.

      »Was hat er gesagt, welches Rad gehört ihm?«

      Egal, ich nehme das Rote.

      Ich trete ordentlich in die Pedale, damit mir warm wird. Ich fahre die ganze Nacht durch, im Morgengrauen denke ich, ich sehe nicht richtig.

      Schemenhaft erkenne ich die Umrisse des Klosters.

      Ich habe noch nie ein Kloster gesehen, ich dachte eigentlich an ein großes Haus, aber was ich erblicke sprengt alle Dimensionen.

      Ich kann es nicht glauben, wie groß das Kloster ist.

      Als ich vor dem riesigen Eingangstor stehe, merke ich das erste mal, wie klein der Mensch ist.

      Etwas eingeschüchtert gehe ich unter dem Torbogen durch, es ist kein Mensch zu sehen. Na, ja es ist ja noch früher Morgen. Vielleicht schlafen die Mönche noch.

      Eigentlich bin ich noch gar nicht im Kloster. Der Teil, den

      ich jetzt ehrfürchtig betrachte ist öffentlich zugänglich. Unter dem Torbogen befindet sich die Klosterapotheke, ein gepflegter, weißer Kiesweg führt links zu einer Treppe, die zu einer kleinen alten Kirche führt, vermutlich aus der Gründungszeit des Klosters.Der andere Kiesweg endet vor dem Eingang der heutigen Klosterkirche. Ich beschließe mich in die Kirche zu setzen und auf den Abt zu warten.

      Ich nehme auf der harten Bank Platz und simuliere ein Gebet, als hinter mir die Kirchentüre geöffnet wird.

      Es erscheint ein altes, dürres Männlein.

      »Deutschland hat bedingungslos kapituliert! Der Krieg ist aus!«

      Ich springe auf:

      »Wehrkraftzersetzung! Ähh, na endlich.«

      Der Alte setzt sich neben mich.

      »Na, junger Mann, freuen sie sich nicht?«

      »Oh ja, sicher. Der scheiß Hitler. Wissen sie vielleicht wo ich den Herrn Abt finde?«

      »Der war auf einer Hochzeit. Dürfte etwas länger gedauert haben. Na sicher haben sie gleich auf den Endsieg, Blödsinn, auf den neunten Mai getrunken.

      Das wird ein historisches Datum! Sie werden sehen.«

      Grußlos verlässt mich der Alte und mir wird klar, dass ich die ganze Zeit nichts gegessen und getrunken habe.

      Hunger lässt sich aushalten, aber Durst nicht.

      Ich inspiziere das Weihwasserbecken. Mir egal, im Krieg habe ich ganz andere Sachen erlebt.

      Als ich das Becken fast zur Gänze ausgesoffen habe, höre ich eine etwas nasale Stimme hinter mir:

      » Es tut mir leid Herr Steiner, auf sie habe ich ganz vergessen!

      Und den Krieg haben wir auch verloren. Helfen sie mir die Weinflaschen tragen.«

      Verdammt. Der Abt!

      Ich wische mit meinem dreckigen Ärmel, schnell über die Mundwinkel und drehe mich betont langsam um. Vor mir steht ein mittelgroßer, älterer Mann mit bereits ergrautem Haar und einem kurzen, weißen Bart.

      Ich schlage die Hacken zusammen:

      »Herr Abt, ich melde mich...«

      »Ja, ja, ist schon gut, jetzt nehmen sie mir endlich die Taschen mit dem Messwein ab! Ist übrigens nicht nur Messwein. Die eine oder andere Flasche kann man auch so trinken.«

      Er schließt die dunkle Eingangstüre auf, die in den inneren Bereich des Klosters führt. Ich schleppe die schweren Taschen bis auf die gegenüberliegende Seite des Kreuzganges. Er sucht einen weiteren Schlüssel auf seinem riesigen Schlüsselbund. Nach fünf Minuten öffnet er die Türe einer kleinen, muffigen Abstellkammer.

      Ich schätze dieser Raum ist seit einhundert Jahren nicht gelüftet worden. Der Abt bietet mir einen völlig verstaubten Sessel an, auf dem vermutlich der erste Chef des Klosters gesessen ist.

      »Also, sie möchten ein Mann Gottes werden?«

       6

      »Herr Abt ich will ehrlich sein. Ich glaube an Gott, aber alle von Menschen geschaffen, von Menschen überlieferten Regeln, lehne ich ab. Ich bin ein Gnostiker, ich bin ein Suchender.

      Aber ich weiß nicht einmal was ich suche. Aber hier, in der spirituellen Welt dieses wunderschönen Klosters, könnte ich es finden.«

      Der Abt sieht mich lange mit gerunzelter Stirn an:

      »Ich muss zugegeben ich habe dich falsch eingeschätzt, Steiner.

      Du bist wenigstens ehrlich.

      Die ganzen Drückeberger, die schwulen Großbauernsöhne, die sich hier verkrochen haben, die ihre Fahne nach dem Wind richten, sind nicht Gottes Kinder! Wenn du eine feste Überzeugung hast, auch wenn du Mohammedaner bist, kannst du bei uns bleiben.«

      Jetzt runzle ich die Stirn: »Meint er das ernst? Mohammedaner? Sind das nicht die Muslime? Wir hatten bei der Waffen – SS einige muslimische Kompanien. Richtige Selbstmordkommandos!

      Ohne Rücksicht.

      Eigentlich waren die ganz schön weich in der Birne!«

      »Steiner, bist eh noch da? Du wirkst etwas abwesend. Also, du kannst bei uns bleiben, du wirst Novize. Das ist so eine Art Lehrling.«

      Wir verlassen die historische Kammer. Ich lasse etwas Abstand, der Abt könnte auch ein Bad vertragen. An der Sakristei vorbei führt der Kreuzgang zu einem grau gestrichenen Tor. Der Abt findet dieses mal mit beeindruckender Geschwindigkeit den richtigen Schlüssel.

      Ich denke, ein Drittel seines Lebens verbringt ein Mönch mit Tür auf und Tür zu sperren. Ich wanke mit den Weinflaschen dem Abt hinterher, mit letzter Kraft schaffe ich die, von den Mönchen, in Jahrhunderten blank polierten Stiegen empor.

      Gott sei dank muss er vor einem schwerem, schmiedeeisernen Zaun seinen nächsten Schlüssel suchen. Auf dem schwarzem Eisenzaun steht mit vergoldeter, altertümlicher Schrift:

      »Klausur«.

      Jetzt wird es interessant!

      Endlich darf ich die Weinflaschen vor der Zelle des Abtes abstellen.

      »Danke für´s tragen! Einen jungen, kräftigen Mann, der zupacken kann, ist sicher ein Gewinn für das Kloster. Warten sie eine Moment, ich zeige ihnen