1211 lud König Andreas II. (1205-1235) den Deutschen Ritterorden zur Verteidigung seiner Grenzen ein und siedelte ihn im südöstlichen Teil Transsilvaniens an. Dieser errichtete innerhalb kurzer Zeit ein mächtiges System aus Burgen und Festungen. Daneben lockte der König weitere deutsche Siedler an und ließ neue Siedlungen deutscher Kolonisten auf dem Territorium des Ordens im Gebiet Burzenland (Barcaság) gründen. Allerdings musste der Deutsche Ritterorden infolge seines Versuchs, die Region von Ungarn abzuspalten und einen eigenständigen Ordensstaat unter dem Schutz der Kirche auszurufen, das Land verlassen.
1224 garantierte Andreas II. in seinem Andreanischen Freibrief den deutschen Übersiedlern Rechte und Freiheiten, die später im 14. und 15. Jahrhundert auch auf weitere deutsche Siedlungen in Transsilvanien und 1486 auf die gesamte Bevölkerung der Transsilvaner Sachsen ausgeweitet wurden. Diese schlossen ein Dreinationenbündnis mit den Magyaren und den Szeklern und erhielten einen autonomen Status im Königreich Ungarn, den sie bis zum Ende des 18. Jahrhunderts wahren konnten. Sie wurden als eigenständige Nation anerkannt, erhielten über mehrere Jahrhunderte ihren eigenen Gesetzeskanon, das Recht, eigene Richter und Priester auszuwählen, und verfügten über ein eigenes oberstes Verwaltungs- und Rechtsprechungsorgan, welches die Bezeichnung „Sächsische Nationsuniversität“ erhielt. Dabei handelte es sich nach allgemeinem Verständnis um eine besondere und beispiellose Form der Selbstverwaltung, und die Rechte und Garantien der Bewohner Transsilvaniens befanden sich auf einem Niveau, welches von keiner anderen Bevölkerungsgruppe Osteuropas erreicht wurde.
Die darauffolgenden Jahrhunderte (14. und 15. Jahrhundert) waren durch eine rasante ökonomische Entwicklung der Städte und ländlichen Siedlungen der Sachsen in Transsilvanien gekennzeichnet. In diesem Zeitraum kam es zur wechselseitigen Bereicherung und Blüte der deutschen und ungarischen Kultur und Sprache und zu einer aktiven Entwicklung der Handelsbeziehungen mit den süddeutschen Städten. Im 16. Jahrhundert nahm die überwältigende Mehrheit der Deutschen den evangelisch-lutherischen Glauben an. Von da an wird Transsilvanien zu einem Hort des evangelischen Glaubens in Südosteuropa, was ebenfalls zu seiner politischen Eigenständigkeit beitrug. Ab dem 14. Jahrhundert entstanden die ersten Grundschulen in Transsilvanien, und im 16. Jahrhundert gab es bereits in jeder Dorfgemeinschaft eine Schule. 1541 wurde das erste Gymnasium in Südosteuropa gegründet, und 1722 wurde die allgemeine Schulpflicht für alle Bevölkerungsschichten eingeführt.1
Die noch vor dem Ende des 14. Jahrhunderts beginnenden Angriffe der Türken auf ungarische Städte gingen mit der Schlacht bei Mohatsch am 29. August 1526 zu Ende. Dabei erlitten die Truppen der
europäischen Koalition, in der sich Ungarn, Kroaten und Tschechen vereinigt hatten, eine vernichtende Niederlage gegen die Truppen des Osmanischen Reiches. Der daraufhin folgende Fall der Stadt Buda (Ofen) führte zum endgültigen Zerfall des Königreiches Ungarn. Es kam zur Gründung Türkisch-Ungarns, welches bis 1699 Bestand hatte. In dieser Zeit konnte Transsilvanien, obwohl es sich unter türkischer Schutzherrschaft befand und infolge der Kriege Zerstörungen, Epidemien und Hungersnöte erlitten hatte, über zwei Jahrhunderte hinweg seine Städte und Siedlungen erhalten und vor einer Besiedlung durch Menschen nicht-siebenbürgischer Abstammung bewahren.
Den mittelalterlichen deutschen Siedlungen in Zentralungarn wurde ein ganz anderes Schicksal zuteil. Sie verschwanden bereits im 16. Jahrhundert infolge ständiger Angriff e und Verwüstungen und auch aufgrund der zerstörerischen Agrarpolitik des Osmanischen Reiches von der Landkarte.
2.2. Donauschwaben
1683 erlitten die Türken eine vernichtende Niederlage gegen die vereinigten Truppen der Deutschen und Polen, die dem belagerten Wien zu Hilfe kamen. Nachdem sie den Großteil ihrer Streitkräfte, Artillerie und Nachschubkolonnen verloren hatten, zogen sich die Türken eilig zurück. Die im darauffolgenden Jahr auf Betreiben des Papstes gegründete „Heilige Liga“, zu der das Heilige Römische Reich Deutscher Nation, Polen und Venedig gehörten, ergriff die militärische Initiative und fügte dem Osmanischen Reich in vielen weiteren Schlachten eine Niederlage nach der anderen zu und befreite das gesamte Gebiet der Zentraldonau von den Türken. Im September 1686 wurde Buda befreit, im September 1688 Belgrad und 1691 Transsilvanien. Der daraufhin am 26. Januar 1699 geschlossene Frieden von Karlowitz besiegelte den endgültigen türkischen Verlust Ungarns, Transsilvaniens und Slawoniens und stellte den Beginn einer neuen Etappe der massenweisen Übersiedlung deutscher Kolonisten in verwüstete, öde und entvölkerte Landstriche dar, die sich über 160 Jahre (1552-1716) unter der Herrschaft des Osmanischen Reiches befunden hatten.
Auf Einladung der österreichischen Monarchen siedelten im Laufe des 18. Jahrhunderts etwa 200.000 deutsche Kolonisten in diese Regionen über und ließen sich in folgenden Regionen nieder: Banat (85.000), Batschka (35.000), Satmar (7.000), Syrmien-Slawonien (15.000), Schwäbische Türkei (30.000) und Mittelgebirge (35.000). Eine solche massenweise Übersiedlung deutscher Kolonisten führte zu einem sprunghaften Anstieg der ungarischen Bevölkerung und einer grundlegenden Änderung seiner nationalen Struktur. So stieg die Bevölkerung des Königreiches Ungarn vom Ende des 17. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts von 3,5 auf 9,2 Millionen an, während der Anteil der deutschsprachigen Bevölkerung 1,3 Millionen erreichte. Darüber hinaus sprachen noch 200.000 Juden Deutsch, die aus Galizien und den Karpaten hierher umgezogen waren.2
Zu Beginn des 18. Jahrhunderts beschränkte sich das österreichische Königshaus der Habsburger im Wesentlichen auf die Umsiedlung deutscher Kolonisten auf das Privatgelände von Großgrundbesitzern. Erst später, ab dem Jahr 1718, wurden sie auch auf staatliche Ländereien umgesiedelt. Das hauptsächliche Siedlungsgebiet war das Banat, welches am Fuße der Karpaten zwischen den Flussläufen der Donau, der Theiß und der Maros liegt. Für die Banatdeutschen hat sich die Bezeichnung „Schwaben“ durchgesetzt – dies entspricht wie auch im Falle der Transsilvaner Sachsen nicht ihrem früheren Herkunftsgebiet, welches am linksseitigen Ufer der Pfalz, Hessens und Lothringens, aber auch in Schwaben, Bayern und Österreich liegt. So nahmen die in der Geschichte weit verbreiteten „Schwabenzüge“ ihren Anfang. Darunter versteht man drei große Übersiedlungsperioden deutscher Kolonisten, die jeweils nach dem zu dieser Zeit regierenden österreichischen König benannt wurden.
Der erste große Schwabenzug (der karolinische Schwabenzug) ist mit dem Namen des Königs Karl VI. (1685-1740) verknüpft. Er dauerte von 1722 bis 1726 und fand unter der Leitung von Claudius Florismund Graf von Mercy (1685-1740) statt. In seiner Funktion als erster Gouverneur der Stadt Temeschburg gründete er 50 Siedlungen deutscher Kolonisten im Banat, wobei zu jener Zeit nur katholischen Übersiedlern eine solche Möglichkeit eingeräumt wurde. Unter seiner unablässigen Führung und Aufsicht wurden die Planung und Umsetzung umfangreicher Meliorationsmaßnahmen zur Trockenlegung wilder Sumpfgebiete durchgeführt. So stellt der Bau des die Sumpfgebiete durchquerenden Entwässerungskanals der Bega eine der größten Errungenschaften der damaligen Zeit dar und ermöglichte die Entstehung neuer, fruchtbarer und für die Besiedlung geeigneter Ländereien auf den vormaligen Sümpfen. Graf von Mercy betrachtete die Maßnahmen im Zusammenhang mit der Trockenlegung der Sümpfe nicht nur vom ökonomischen Standpunkt der strategisch-wirtschaftlichen Entwicklung des Banates aus, sondern auch als notwendige Maßnahmen zur sanitären Gesundung der Kolonisten, die auf über Jahrtausende mit Sümpfen übersäten, über Jahrhunderte unbestellten und mit dichtem Gestrüpp überwuchertem Gelände angesiedelt wurden, welches gerade erst trockengelegt worden war.
Allerdings hielt das friedliche Leben der deutschen Kolonisten nicht lange an, denn schon zwei Jahrzehnte später brach der nächste Krieg (1736-1739) zwischen dem Osmanischen Reich und Russland aus, dessen Bündnispartner der österreichisch-habsburgische König des Heiligen Römischen Reiches war. Anfang 1738 waren die Truppen des österreichischen Königs nicht