Peter Simpel. Frederick Marryat Marryat. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Frederick Marryat Marryat
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754175859
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nicht mehr davon, meine Liebe; häusliches Glück geht über alles und kann selbst die Düsterheit eines Cockpit erhellen.«

      »Und doch,« fuhr Madame Trotter fort, »wenn ich an die Zeit denke, wo wir in London zu leben pflegten. Waren Sie schon in London, Herr Simpel?«

      Ich antwortete »ja.«

      »Dann werden Sie gewiß mit den Smiths bekannt geworden sein oder von ihnen gehört haben.«

      Ich erwiderte, daß die einzigen Leute, die ich daselbst kenne, Herr und Frau Handycock seien.

      »Wenn ich gewußt hätte, daß Sie in London waren, so hätte ich Ihnen mit vielem Vergnügen ein Empfehlungsschreiben an die Smiths gegeben. Diese Leute geben den Ton an.«

      »Aber mein Schatz«, unterbrach sie Herr Trotter, »ist es nicht Zeit, nach unserem Essen zu sehen?«

      »Ja, ich will nun danach gehen. Wir haben heute Speilerstücke. Herr Simpel, wollen Sie mich entschuldigen?« und dann stieg Madame Trotter unter vielem Kokettieren und Lachen über ihre Knöchel die Leiter hinauf, wobei sie mich um die Gunst bat, mein Gesicht abzuwenden. Da der Leser vielleicht gerne wissen möchte, wie diese Person aussah, so will ich diese Gelegenheit benutzen und sie beschreiben. Sie war sehr gut gebaut und zu einer Zeit ihres Lebens mußte ihr Gesicht sehr hübsch gewesen sein; damals, als ich ihr vorgestellt wurde, zeigte es die Verheerungen, welche Zeit oder Not darauf angerichtet hatten, sehr deutlich – kurz, man konnte sie eine verwelkte Schönheit nennen, prunkend in ihrem Anzuge und nicht sehr reinlich von Person.

      »Ein scharmantes Weib, die Madame Trotter, nicht wahr, Herr Simpel?« sagte des Schiffsmeisters Gehilfe, welchem ich natürlich sogleich beistimmte. »Nun, Herr Simpel«, fuhr er fort, »es sind einige Arrangements zu treffen, welche ich besser erwähne, so lange Madame Trotter fort ist; sie würde unser Gespräch über dergleichen Dinge übel aufnehmen. Natürlich ist die Lebensart, welche wir führen, etwas kostspielig. Madame Trotter kann ihren Thee und ihre sonstigen kleinen Bequemlichkeiten nicht missen; zugleich darf ich Ihnen keine besonderen Kosten verursachen, denn lieber wollte ich sie aus meiner Tasche bestreiten. Ich mache Ihnen den Vorschlag, Sie sollen, so lange Sie mit uns speisen, wöchentlich nur eine Guinee bezahlen; zum Eintrittsgeld darf ich Ihnen, glaube ich, nicht mehr als ein paar Guineen auferlegen. Haben Sie Geld?«

      »Ja«, erwiderte ich, »ich habe drei Guineen und eine halbe übrig.«

      »Nun, dann geben Sie mir die drei Guineen, und die halbe können Sie als Taschengeld behalten. Sie müssen Ihren Freunden sogleich um weitere Unterstützung schreiben.«

      Ich händigte ihm das Geld ein und er steckte es in seine Tasche.

      »Lassen Sie«, fuhr er fort, »Ihre Kiste herbeibringen, denn Madame Trotter wird sie, wenn ich es verlange, nicht nur in Ordnung bringen, sondern auch dafür sorgen, daß Ihre Kleider ordentlich ausgebessert werden. Madame Trotter ist eine reizende Frau und sieht junge Gentlemen sehr gerne. Wie alt sind Sie?«

      »Fünfzehn«, erwiderte ich.

      »Nicht mehr? nun das freut mich; denn Madame Trotter ist bei einem gewissen Alter etwas eigen. Ich empfehle es Ihnen, sich auf keine Weise mit den anderen Seekadetten einzulassen. Sie sind sehr ungehalten auf mich, weil ich Madame Trotter nicht gestatte, ihren Tisch zu teilen; auch sind es böse Schwätzer.«

      »Das sind sie in der That«, versetzte ich. Doch hier wurden wir von Madame Trotter unterbrochen, welche mit einem Stecken in der Hand herabkam, auf dem ungefähr ein Dutzend dünne Stückchen Rind- und Schweinefleisch steckten; diese legte sie zuerst auf eine Platte, dann begann sie das Tischtuch auszubreiten und aufzudecken.

      »Herr Simpel ist erst fünfzehn, meine Liebe«, bemerkte Herr Trotter.

      »Gerechter Himmel«, versetzte Madame Trotter, »wie groß er ist! Er ist gerade so groß als der junge Lord Foutretown, welchen Du beim Ausfahren mitzunehmen pflegtest. Kennen Sie Lord Foutretown, Herr Simpel?«

      »Nein, Ma'am«, antwortete ich; weil ich aber sie gern wissen lassen mochte, daß ich in guter Verwandtschaft stehe, so fuhr ich fort, »aber ich darf behaupten, mein Großvater, Lord Privilege, kennt ihn.«

      »Gott im Himmel! ist Lord Privilege Ihr Großvater? Nun, ich dachte gleich, ich sehe eine Ähnlichkeit. Erinnerst Du Dich nicht an Lord Privilege, lieber Trotter, welchen wir bei Lady Scamp trafen? – eine ältliche Person. Es ist sehr undankbar von Dir, Dich seiner nicht zu erinnern, denn er schickte Dir einen sehr schönen Rehschlegel.«

      »Privilege, Gott straf' mich, ja. Ein alter Gentleman, nicht wahr?« sagte Herr Trotter, indem er sich an mich wandte.

      »Ja, Sir«, entgegnete ich, voll Freuden, mich unter Leuten zu befinden, welche mit meiner Familie bekannt waren.

      »Nun, denn, Herr Simpel«, begann Madame Trotter, »da wir das Vergnügen haben, mit Ihrer Familie bekannt zu sein, so will ich Sie unter meine Aufsicht nehmen, und so für Sie besorgt sein, daß Trotter ganz eifersüchtig werden soll«, fügte sie lächelnd hinzu. »Wir werden nur heute ein ärmliches Mittagsessen haben, denn die Frau im Marktschiffe hat mich getäuscht. Ich trug ihr nämlich besonders auf, mir eine Hammelskeule zu bringen, aber sie sagt, es wäre noch etwas früh dazu, aber Trotter ist sehr lecker im Essen. Nun wollen wir uns zu Tische setzen.«

      Ich fühlte mich sehr unwohl und konnte nichts essen. Unsere Mahlzeit bestand in Stückchen Rind- und Schweinefleisch, Kartoffeln und gebackenem Pudding in einer zinnernen Schüssel. Herr Trotter ging hierauf, um der Schiffsmannschaft das Getränk auszuteilen, und kehrte mit einer Flasche Rum zurück.

      »Hast Du Herrn Simpels Portion bekommen, mein Lieber?« fragte Madame Trotter.

      »Ja, er hat für heute seinen Teil, weil er vor Mittag an Bord kam. Trinken Sie Rum, Herr Simpel?«

      »Nein, ich danke Ihnen«, versetzte ich, denn mir fiel des Kapitäns Warnung ein.

      »Da ich ein solches Interesse an Ihrer Wohlfahrt nehme, so muß ich Ihnen ernstlich empfehlen, sich desselben zu enthalten«, sagte Herr Trotter. »Es ist eine üble Gewohnheit, und hat man sie einmal, so kann man sie nicht mehr leicht lassen. Ich muß ihn trinken, um nach der Arbeit im Schiffsraume die Ausdünstung nicht zu hemmen. Zwar habe ich einen natürlichen Abscheu davor; aber meine Champagner- und Claret-Tage sind vorbei, und ich muß mich in die Umstände schicken.«

      »Mein armer Trotter«, sagte die Lady.

      »Ja«, fuhr er fort, »es ist mein armes Herz, das nie sich freuet.«

      Er goß einen halben Becher voll Rum ein und füllte das Glas mit Wasser auf.

      »Mein Schatz, willst Du versuchen?«

      »Nun, Trotter, Du weißt ja, daß ich ihn nie anrühre, außer wenn das Wasser so schlecht ist, daß man ihm den Geschmack nehmen muß. Wie ist das Wasser heute?«

      »Wie gewöhnlich, mein Schatz, nicht trinkbar.«

      Nach vielem Zureden ließ sich Madame Trotter herbei, ein wenig aus dem Glase zu nippen. In Betracht, daß sie das Getränk nicht liebte, dünkte es mich, sie lange ziemlich oft danach, allein ich fühlte mich so unwohl, daß ich auf das Deck gehen mußte. Hier traf ich einen Seekadetten, welchen ich vorher noch nie gesehen hatte. Er blickte mir sehr ernsthaft ins Gesicht und fragte dann nach meinem Namen.

      »Simpel«, sagte er, »wie, sind Sie der Sohn der alten Simpel?«

      »Ja, Sir«, erwiderte ich erstaunt, daß so viele Leute meine Familie kennen sollten.

      »Nun, ich dachte mir's gleich wegen der Ähnlichkeit. Und wie befindet sich Ihr Vater?«

      »Sehr wohl, danke Ihnen, Sir.«

      »Wenn Sie ihm schreiben, richten Sie ihm mein Kompliment aus, und sagen Sie ihm, ich wünsche besonders in seinem Gedächtnis zu bleiben.«

      Damit ging er fort, aber da er vergaß, seinen Namen anzugeben, konnte ich es nicht thun. Ich ging sehr ermüdet zu Bette. Herr Trotter hatte in dem Cockpit meine Hängematte aufgehängt, welche