Peter Simpel. Frederick Marryat Marryat. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Frederick Marryat Marryat
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754175859
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die Kutsche dahinrollte, beguckte der Matrose den Gentleman im schottischen Mantel ein paar Minuten und sagte dann: »Da ich Euch zuerst ansah, nahm ich Euch für einen Offizier in Mufti, nun da ich bemerke, daß Ihr so scharf aufs Bare sehet, denke ich, Ihr seid so ein armer Teufel von Schotte, vielleicht ein Untersteuermann auf einem Kauffahrteischiffe – hier ist eine halbe Krone für Eure Bemühung. Ich würde Euch mehr geben, wenn ich dächte, Ihr wolltet es durchbringen.« Der Gentleman lachte und nahm die halbe Krone, welche er, wie ich später beobachtete, einem grauköpfigen Bettler am Fuße von Portsdown-Hill gab. Ich fragte ihn, wann wir in Portsmouth sein würden, worauf er zur Antwort gab, daß wir eben die Linien passierten; allein ich sah keine Linien, und schämte mich, meine Unwissenheit merken zu lassen. Er erkundigte sich, für welches Schiff ich bestimmt sei; ich konnte mich aber nicht auf seinen Namen erinnern, sondern sagte ihm, er sei auf die Außenseite meines Koffers gemalt, welcher mit dem Wagen kommen werde; alles wessen ich mich noch entsinnen konnte, war, daß der Name französisch sei. »Haben Sie kein Empfehlungsschreiben an den Kapitän?« fragte er. »Ja wohl,« entgegnete ich und zog meine Brieftasche heraus, in welcher der Brief lag. »Kapitän Savage, Seiner Majestät Schiff Diomede,« fuhr ich fort, indem ich es ihm vorlas. Zu meinem Erstaunen wollte er ganz kaltblütig das Schreiben öffnen, welches mich veranlaßte, es ihm sogleich aus der Hand zu reißen, wobei ich zugleich äußerte, daß dies nicht ehrenhaft und er nach meiner Meinung kein Gentleman sei. »Wie es beliebt, junger Herr,« erwiderte er. »Vergessen Sie nicht, daß Sie gesagt haben, ich sei kein Gentleman.« Er wickelte sich in seinen Mantel und sprach nichts mehr; und ich war nicht wenig erfreut, ihn durch mein entschlossenes Benehmen zum Schweigen gebracht zu haben.

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      Man macht, daß ich im »Blauen Pfosten« sehr trübe sehe. – Ich finde wilde Geister um mich, bald nachher heiße in mir, welche mich zuletzt überwältigten. – Ich werde aufgefordert, dem Kapitän meine Ehrfurcht zu bezeugen, und finde, daß ich das Vergnügen gehabt habe, ihn schon früher zu treffen. – Aus einer Klemme in die andere.

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      Als wir anhielten, fragte ich den Kutscher nach dem besten Gasthofe. Er antwortete: »es wäre der ›Blaue Pfosten‹ wo die Seekadetten lassen ihre Kästen, Thee verlangen und Toasten Geröstete Brotschnitten., und bisweilen vergessen zu zahlen ihre Kosten.« Er lachte, als er es sagte und ich dachte, er scherze mit mir; aber er deutete auf zwei große blaue Pfosten an der Thür, nächst dem Postkutschenbüreau und sagte mir, daß alle Seekadetten dieses Hotel besuchten. Er bat dann, mich an den Kutscher zu erinnern, was, wie ich mittlerweile begriffen, bedeutete, ich solle nicht vergessen, ihm einen Schilling zu geben; ich that es und trat in den Gasthof. Das Kaffeezimmer war voll Seeleute, und weil ich wegen meines Koffers in Angst war, fragte ich einen von ihnen, ob er wisse, wann der Wagen ankomme.

      »Erwarten Sie Ihre Mutter damit?« versetzte er.

      »O nein! aber ich erwarte meine Uniformsstücke; ich trage nur diese Flaschengrünen, bis sie kommen.«

      »Um Vergebung, welchem Schiffe sind Sie zugewiesen?«

      »Der Die-a-maid, Kapitän Thomas Kirkwall Savage.«

      »Der Diomed? ei Robinson, ist dies nicht die Fregatte, auf welcher die Seekadetten vier Dutzend erhielten, weil sie ihre wöchentlichen Berichte am Samstag nicht eingeschrieben hatten?«

      »Ja freilich,« entgegnete der andere; »der Kapitän gab dieser Tage einem der jungen Leute fünf Dutzend, weil er ein scharlachrotes Uhrband trug.«

      »Er ist der größte Tartar im Dienste,« fuhr der andere fort; »er ließ bei der letzten Fahrt die ganze Steuerbordwache peitschen, weil das Schiff nur neun Knoten nach der Boleine segeln wollte.«

      »Mein Gott,« sagte ich, »dann fürchte ich mich, dahin zu gehen.«

      »Meiner Seele, Sie dauern mich, Sie werden zu Tode geprügelt werden; es sind just nur drei Seekadetten auf dem Schiffe – alle übrigen liefen davon. Nicht wahr, Robinson?«

      »Es sind nur noch zwei da; denn der arme Matthews starb vor Anstrengung. Er wurde bei Tag geschunden und mußte sechs Wochen lang alle Nacht Wache halten; an einem Morgen fand man ihn tot auf seinem Koffer.«

      »Gerechter Gott!« rief ich aus, »und am Lande sagt man, er sei so artig gegen seine Seekadetten.«

      »Ja,« erwiderte Robinson, »er sprengt überall dies Gerücht aus. Nun, merken Sie, wenn Sie ihm zuerst aufwarten und melden, daß Sie gekommen sind, um auf sein Schiff zu gehen, wird er Ihnen sagen, er sei sehr erfreut, Sie zu sehen, und hoffe, Ihre Familie befinde sich wohl; dann wird er Ihnen empfehlen, an Bord zu gehen und Ihren Dienst zu lernen. Nach diesem gehen Sie ihm aus dem Wege. Nun vergessen Sie nicht, was ich sagte, und Sie werden sehen, ob es nicht eintritt. Kommen Sie, setzen Sie sich zu uns und nehmen Sie ein Glas Grog; es wird Ihren Geist erheitern.«

      Die Seekadetten sprachen nun so viel von meinem Kapitän und den schrecklichen Grausamkeiten, die er verübte, daß ich einigermaßen zweifelte, ob es nicht besser wäre, wieder heim zu gehen. Als ich sie um ihre Meinung befragte, sagten sie, wenn ich dies thue, so werde ich als Deserteur eingefangen und gehängt; am besten sei es, ihn um die Annahme von einigen Gallonen Rum zu bitten; denn er sei sehr auf den Grog versessen, und dann möchte ich vielleicht so lange in seiner Gunst stehen, als der Rum wirke.

      Leider muß ich sagen, daß die Seekadetten mich diesen Abend ganz betrunken machten. Ich erinnere mich nicht mehr, wie ich zu Bette kam, aber ich fand mich daselbst den andern Morgen mit furchtbarem Kopfweh, und konnte mich nur ganz verwirrt an das erinnern, was vorgefallen war. Ich ärgerte mich sehr darüber, daß ich die Ermahnungen meiner Eltern so bald vergessen hatte, und gelobte, nie wieder so thöricht zu sein, als der Seekadett, welcher die Nacht vorher so artig gegen mich gewesen, hereinkam.

      »Kommen Sie, Herr Flaschengrün,« rief er, indem er vermutlich auf die Farbe meiner Kleider anspielte. »Aufgestanden und gezäumt. Des Kapitäns Beischiffsführer wartet unten auf Sie; bei Gott, Sie sind in einer schönen Klemme wegen gestern nachts.«

      »Gestern Nacht!« erwiderte ich erstaunt. »Wie, weiß der Kapitän, daß ich betrunken war?«

      »Ich denke, Sie ließen es ihn verdammt gut merken, als Sie im Theater waren.«

      »Im Theater! war ich im Theater?«

      »Gewiß! Wir thaten alles, Sie davon abzuhalten, aber Sie wollten gehen, obschon Sie so betrunken waren, wie David's Sau. Ihr Kapitän war da mit des Admirals Töchtern. Sie hießen ihn einen Tyrannen und schlugen ihm Schnippchen. Wie, erinnern Sie sich nicht? Sie sagten, Sie fragten den Teufel nach ihm?«

      »O mein Gott, was soll ich thun, was soll ich anfangen!« rief ich aus. »Meine Mutter warnte mich so vor dem Trinken und schlechter Gesellschaft!«

      »Schlechter Gesellschaft? Sie Bube, was meinen Sie damit?«

      »O, ich bezog es nicht gerade auf Sie.«

      »Hoffentlich nicht! Doch rate ich Ihnen als guter Freund, gehen Sie, so schnell Sie können, in Georges Inn und besuchen Sie Ihren Kapitän. Denn je länger Sie es anstehen lassen, desto schlimmer ist es für Sie. Auf alle Fälle wird es sich entscheiden, ob er Sie annimmt oder nicht. Es ist ein Glück für Sie, daß Sie noch nicht in den Schiffsbüchern sind. Kommen Sie, hurtig, der Beischiffsführer ist zurückgegangen.«

      »Nicht in den Schiffsbüchern?« versetzte ich ängstlich, »ich erinnere mich doch eines Briefes vom Kapitän an meinen Vater, worin es heißt, er habe mich in die Schiffsbücher eingetragen.«

      »Auf Ehre, es thut mir wirklich leid,« erwiderte der Seekadett und sah, als er das Zimmer verließ, so ernsthaft aus, als ob das Unglück ihm selbst begegnet wäre. Ich stand mit schwerem Kopfe, aber noch schwererem Herzen auf und fragte, nachdem ich angekleidet war,