Peter Simpel. Frederick Marryat Marryat. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Frederick Marryat Marryat
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754175859
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hatte kaum zwei oder drei Stunden geschlafen, als ich durch ein großes Geräusch und Gezänke aufgeweckt wurde; ich entdeckte, daß Herr Trotter betrunken war und sein Weib prügelte. Sehr ungehalten darüber, daß eine so reizende Frau geschlagen und übel behandelt werden sollte, kletterte ich aus meiner Hängematte heraus, um zu sehen, ob ich keinen Beistand leisten könne, allein es war stockfinster und sie pufften einander so stark als vorher. Hierauf forderte ich den Matrosen, welcher oben an der Geschützkammerthür Wache stand, auf, seine Laterne zu bringen, und ärgerte mich sehr über seine Antwort, ich würde am besten thun, ins Bette zu gehen, und sie den Streit ausfechten zu lassen. Kurz nachher kam Madame Trotter, welche ihre Kleider noch nicht ausgezogen hatte, hinter dem Vorhang hervor. Ich bemerkte sogleich, daß die arme Frau kaum stehen konnte; sie wankte auf mein Kissen zu, setzte sich nieder und weinte. Ich zog meine Kleider so schnell als möglich an, und ging auf sie zu, um sie zu trösten, aber sie konnte nicht vollständig sprechen. Ich suchte vergebens, sie zu beruhigen; sie antwortete nicht, sondern wackelte auf meine Hängematte zu, und nach mannigfachen Versuchen gelang es ihr hineinzukommen. Ich kann nicht sagen, daß es mir sehr angenehm war, aber was konnte ich thun? Ich zog mich daher vollends an und ging auf das Hinterdeck. Der Seekadett auf Wache war derselbe, der mich vor den Trotters gewarnt hatte. Er war sehr freundlich gegen mich und sagte: »Nun, Simpel, was bringt sie auf das Deck?« Ich erzählte ihm, wie schlimm Herr Trotter mit seinem Weibe umgegangen sei, und daß dieselbe sich in meine Hängematte gelegt habe.

      »Die alte besoffene Vettel,« rief er aus, »ich will hinuntergehen und sie kopfüber herauswerfen;« allein ich bat ihn, es nicht zu thun, weil es eine Dame sei.

      »Eine Dame?« versetzte er, »Damen dieser Sorte giebt's eine Masse,« und dann erzählte er mir, daß sie viele Jahre die Mätresse eines vermöglichen Mannes gewesen, der ihr eine Equipage gehalten habe; allein er sei ihrer überdrüssig geworden und habe Trotter zweihundert Pfund gegeben, daß er sie heirate; nun thäten sie nichts als trinken und einander herumprügeln.

      Ich war sehr verdrießlich, all dies zu vernehmen, aber da ich bemerkte, daß Madame Trotter nicht nüchtern war, so begann ich, das, was der Seekadett sagte, für wahr zu halten.

      »Hoffentlich«, setzte er hinzu, »hat sie noch nicht Zeit gehabt, Ihnen eins oder das andere von ihren Kleidern abzuschwatzen?«

      Ich erzählte ihm, ich hätte ihr ein Dutzend Strümpfe gegeben und Herrn Trotter für meine Kost drei Guineen bezahlt.

      »Da muß nachgesehen werden«, entgegnete er; »ich werde morgen mit dem ersten Leutnant reden. Zugleich will ich Ihnen Ihre Hängematte wieder verschaffen. Quartiermeister, geben Sie wohl acht!«

      Nun stieg er hinab und ich folgte ihm, um zu sehen, was er anfangen würde. Er ging zu meiner Hängematte und ließ sie an einem Ende herunter, so daß Madame Trotter in einer sehr unbehaglichen Stellung mit ihrem Kopfe auf dem Decke lag. Zu meinem Erstaunen schimpfte sie ihn auf eine schauerliche Weise und weigerte sich, herauszugehen. Er blieb ihr nichts schuldig und rüttelte sie eben in der Hängematte hin und her, als Herr Trotter, welcher bei dem Lärmen aufgestanden war, hinter dem Vorhang hervorstürzte.

      »Du Schurke, was hast Du mit meinem Weibe zu schaffen?« schrie er, indem er, so gut er konnte, auf ihn losschlug, denn er war so betrunken, daß er kaum zu stehen vermochte.

      Ich dachte, der Seekadett könne sich wohl selbst verteidigen, und wollte mich nicht darein mischen; daher blieb ich oben und schaute zu. Die Schildwache stand neben mir mit ihrer Laterne, welche sie über die Luken des Ganges hielt, um dem Kadett zu leuchten und Zeuge von der Balgerei zu sein. Herr Trotter war bald niedergeschlagen, als auf einmal Madame Trotter aus der Hängematte heraussprang, den Kadetten beim Haare ergriff und auf ihn lospuffte. Nun hielt es die Schildwache an der Zeit, sich darein zu legen; sie rief nach dem Profoß und ging selbst hinab, um dem Kadetten zu helfen, dem es zwischen den beiden schlimm erging. Aber Madame Trotter riß ihm die Laterne aus der Hand und schlug sie in Stücke. Nun befanden wir uns alle in tiefer Finsternis, und ich konnte nicht sehen, was vorging, obschon die Rauferei fortdauerte. So war die Lage der Sachen, als der Profoß mit seinem Lichte heraufkam. Der Seekadett und die Schildwache stiegen die Leiter hinauf und Herr und Frau Trotter setzten ihre Prügelei fort. Davon nahm niemand die geringste Notiz; sie sagten, wie vorher die Wache: »Laßt sie den Streit ausfechten.« Nachdem sie sich eine Zeitlang gebalgt hatten, zogen sie sich hinter den Vorhang zurück; ich folgte dem Rate des Kadetten, und ging in meine Hängematte, welche der Profoß wieder für mich aufgehängt hatte. Ich hörte Herrn und Frau Trotter mit einander weinen und einander küssen.

      »Grausamer Trotter«, sagte sie schluchzend.

      »Mein Leben, meine Liebe, ich war so eifersüchtig«, versetzte er.

      »Der Teufel soll Deine Eifersucht holen«, erwiderte die Lady. »Ich habe morgen zwei hübsch blau unterlaufene Augen in der Küche.«

      Nach ungefähr einer Stunde, die unter Küssen und Schelten verstrich, schliefen beide wieder fest ein.

      Den anderen Morgen vor dem Frühstück meldete der Seekadett dem ersten Leutnant das Betragen Herrn Trotters und seiner Frau. Man schickte nach mir, und ich mußte bekennen, daß alles wahr sei. Es wurde auch nach Herrn Trotter geschickt, welcher sagen ließ, er sei nicht wohl und könne nicht auf Deck kommen. Hierauf befahl der erste Leutnant dem Marinesergeanten, ihn auf der Stelle herzubringen. Herr Trotter erschien mit einem verbundenen Auge, und sein Gesicht war sehr zerkratzt.

      »Befahl ich Ihnen nicht, Sir«, sprach der erste Leutnant, »diesen jungen Gentleman in die Kajütte der Seekadetten zu führen? Dagegen haben Sie ihn zu Ihrem schändlichen Weibe geführt und ihn um sein Eigentum betrogen. Ich befehle Ihnen, auf der Stelle die drei Guineen zurückzugeben, welche Sie als Kostgeld empfangen haben, und ebenso soll Ihre Frau die Strümpfe zurückstellen, die sie ihm abgeschmeichelt hat.« Allein da schlug ich mich ins Mittel, und sagte dem ersten Leutnant, daß die Strümpfe von meiner Seite eine freiwillige Gabe seien, und obschon ich sehr einfältig gehandelt habe, so glaube ich doch, daß man sie mit Ehren nicht mehr zurückfordern könne.

      »Gut, junger Herr«, versetzte der erste Leutnant, »vielleicht ist Ihre Ansicht richtig, und wenn Sie es wünschen, so will ich auf diesem Teile meines Befehles nicht bestehen, aber«, fuhr er, zu Herrn Trotter gewendet, fort, »ich fordere, Sir, daß Ihre Frau das Schiff sogleich verläßt, und bin überzeugt, daß der Kapitän mit Ihnen ebenso verfahren wird, wenn ich ihm Ihre Aufführung gemeldet habe. Unterdessen können Sie sich als Arrestanten betrachten wegen Trunkenheit.«

. .

      Ein scandalum magnatum klar erwiesen. – Ich zeige dem Kapitän, daß ich ihn als Gentleman betrachte, obschon ich ihm das Gegenteil gesagt hatte, und beweise den Seekadetten, daß ich selbst ein Gentleman bin. Sie bezeugen ihre Dankbarkeit, indem sie ihren Witz an mir üben; denn Übung macht den Meister.

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      Der Kapitän kam ungefähr um zwölf Uhr an Bord und befahl, sobald der erste Leutnant den Vorfall gemeldet hatte, daß die Entlassung des Herrn Trotter sogleich ausgefertigt werden solle. Sodann ließ er alle Seekadetten auf das Hinterdeck kommen.

      »Gentlemen«, sprach er mit ernster Miene zu ihnen, »ich fühle mich einigen von Ihnen sehr verbunden, wegen der Charakterschilderung, welche Sie dem Herrn Simpel von mir entworfen haben. Ich muß Sie nun bitten, mir einige Fragen zu beantworten, welche ich in seiner Gegenwart stellen werde. Ließ ich jemals die ganze Steuerbordwache peitschen, weil das Schiff nur neun Knoten auf der Boleine segeln wollte?«

      »Nein, Sir, nie!« erwiderten alle in großer Angst.

      »Ließ ich jemals einem Seekadetten ein Dutzend geben, weil er seine sechswöchentlichen Berichte nicht niedergeschrieben hatte, oder einem anderen fünf Dutzend, weil er ein scharlachrotes Uhrband trug?«

      »Nein,