Der Strohmann. Dietmar Füssel. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dietmar Füssel
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754177150
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Rennen machen.

      Und nun komme ich zu dem Teil, der Sie interessieren wird:

      Charlton Davis hat seine Karriere als Bodybuilder beim ‚Chikago Athletic Club’ beschlossen, der, wie Sie vielleicht wissen, Jeff Bucher gehört, der rechten Hand Chinchillas.

      Nur wenige Wochen nach seiner Wahl zum Mister Universum wechselte Davis damals zum Athletic Club...“

      „Das allein beweist noch gar nichts. Wahrscheinlich haben die ihm eine Menge Kohle dafür angeboten. Und ehrlich gesagt würde ich als Sportler mich auch nicht dafür interessieren, wem der Verein gehört, für den ich antrete, solange die Kasse stimmt.“

      „Ich auch nicht“, erwiderte der Agent. „Aber finden Sie es nicht, vorsichtig ausgedrückt, etwas merkwürdig, dass Davis sich auch während seiner gesamten Filmkarriere im Dunstkreis der Organisation bewegt hat?

      Und damit meine ich nicht bloß, dass sein Lieblingsregisseur Player höchstwahrscheinlich zur Organisation gehört, sondern vor allem, dass ausnahmslos alle Filme, an denen Davis bisher mitgewirkt hat, von GMG produziert worden sind.

      Und GMG gehört, wie Sie vermutlich wissen, einem gewissen Claudio Verona alias Chinchilla, offiziell zwar nur zu einundfünfzig, de facto aber zu hundert Prozent.

      Natürlich ist das immer noch kein Beweis...“

      „Natürlich nicht“, sagte Winston nachdenklich. „Aber ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es ein Zufall ist. Jeder, der Chinchilla kennt, weiß, dass dieser Mann nichts dem Zufall überlässt. Und wenn er einem Bodybuilder aus einem seiner Clubs zu einer großartigen Filmkarriere verhilft, dann erwartet er sich von ihm eine entsprechende Gegenleistung.“

      „Eben“, sagte der Agent. „Und das bedeutet, dass der nächsten Präsident der Vereinigten Staaten aller Voraussicht nach ein Strohmann Chinchillas sein wird.“

      „Sofern dieser Charlton Davis tatsächlich die Wahlen gewinnt.“

      „Ganz recht. Und jetzt frage ich Sie, Mr. Winston, auf Ehre und Gewissen: Wollen Sie uns dabei helfen, dieses furchtbare Unheil von unserem Land abzuwenden, oder wollen Sie auch unter diesen Umständen bei Ihrem Nein bleiben?“

      „Nein.“

      „Wie darf ich das verstehen? Was meinen Sie mit Ihrem Nein? Nein oder Ja?“

      „Wenn ich Nein sage, so heißt das immer Nein.“

      „Das heißt, Sie wollen uns nicht helfen.“

      „Nein.“

      „Also schön, dann...“

      „Nein, halt, warten Sie! Ich will Ihnen ja helfen! Ich verneinte nur Ihre Frage, ob ich bei Nein bleiben will. Unter diesen Umständen bleibt mir ja gar nichts anderes übrig, als diesen Fall zu übernehmen. Davis darf nicht Präsident werden und ich bin bereit, alles zu tun, um das zu verhindern.“

      „Das freut mich“, erwiderte der Agent. „Großartig. Ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen danken soll.“

      „Ich auch nicht“, sagte Winston und schenkte sich noch einen Whisky ein.

      Seinem Gast bot er wieder nichts an, weil er die knapp zwanzig Liter Whisky, die er zurzeit im Haus hatte, nur ungern mit jemandem geteilt hätte.

      So wie viele große Männer neigte auch er zu einem gewissen gesunden Egoismus.

      ***

      4. Kapitel

      „Zunächst interessiert mich, was die CIA bisher in dieser Angelegenheit unternommen hat“, sagte Winston. „Wenn die CIA auch viel von ihrem einstigen Glanz verloren hat – euer Chef hat offenbar zu viele James-Bond-Filme gesehen – so kann man doch nicht leugnen, dass ihr euch immer sehr viel Mühe gebt.“

      „Ihre Kritik an unserer Organisation ist unberechtigt, Ihr Lob hingegen angebracht“, stellte der Agent fest. „Als wir von Davis’ Kandidatur erfuhren, setzten wir vier unserer besten Agenten auf den Fall an. Sie hatten den Auftrag, sich in Chinchillas Organisation einzuschleichen, um Beweise dafür zu beschaffen, dass Davis immer noch in Chinchillas Diensten steht.“

      „Und?“

      „Sie alle starben bei mysteriösen Unfällen. Den ersten fand man gebacken im Ofen eines Hostienbäckers, den zweiten erfroren in seiner eigenen Tiefkühltruhe, den dritten gegrillt auf seinem eigenen Gartengrill und den vierten...“

      „Frittiert in seiner eigenen Friteuse?“

      „Mit so etwas macht man keine Scherze, Mr. Winston. Schließlich geht es hier nicht um Äpfel oder Birnen, sondern um Menschen.“

      „Natürlich. Ich würde auch nie auf die Idee kommen, Äpfel oder Birnen in einer Friteuse zuzubereiten. Also, was war mit dem vierten?“

      „Man fand ihn als Inhalt von hundertfünfzig Dosen Hundefutter.

      Das war für uns der endgültige Beweis, dass es sich in allen vier Fällen um Mord handeln musste, denn erstens hielt sich der Agent gar keinen Hund, und zweitens hätte er die Dosen ja wohl kaum selbst verschließen können, oder?

      Somit haben wir innerhalb kürzester Zeit vier unserer besten Agenten verloren. Sie starben für das Vaterland...“

      „Sie starben für einen Scheißdreck“, erwiderte Winston. „Wie konntet ihr bloß auf die hirnrissige Idee kommen, dass es möglich ist, sich in die Organisation Chinchillas einzuschleichen, ohne entlarvt zu werden?“

      „Entschuldigen Sie, Mr. Winston, aber meine Idee war das nicht.“

      „Nein, natürlich nicht. Aber wie, bitte schön, wolltet ihr das denn anstellen? Vielleicht unter einem anderen Namen, mit gefälschten Papieren?“

      „Nein, eigentlich...“

      „Euer Chef sieht offenbar wirklich zu viele James-Bond-Filme.

      Aber ich will Ihnen mal eines sagen, 003:

      Chinchilla wäre nie so mächtig geworden, wenn er nicht dafür gesorgt hätte, dass jeder Neuzugang gründlich überprüft wird.

      Mit einer falschen Identität könnt ihr ihn nicht hinters Licht führen, so was kriegt er schon bei den ersten Nachforschungen raus.

      Bei erfundenen Namen: Ein Blick ins Geburtenregister, und schon ist der Mann entlarvt.

      Nimmt der Agent den Namen eines Verstorbenen an, so genügt ein Blick ins Sterberegister, und wenn der wahre Namensträger noch lebt...“

      „Entschuldigen Sie, dass ich Sie unterbreche, Mr. Winston, aber wir haben nichts dergleichen getan.“

      „Ach so? Sondern?“

      „Jeder CIA-Agent hat doch ohnehin einen Tarnberuf. Beispielsweise bin ich offiziell ein biederer Versicherungsvertreter. Sehen Sie, und deshalb war es in diesem Fall auch gar nicht nötig, irgendwelche falschen Identitäten zu erfinden...“

      „Moment. Soll das etwa heißen, dass eure Agenten unter ihren richtigen Namen versucht haben, der Organisation beizutreten?“

      „Ja. Doch. Eigentlich schon...“

      „Ja, Kind Gottes, seid ihr denn von allen guten Geistern verlassen?

      Habt ihr euch denn noch nie überlegt, dass die Organisation mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch einige ihrer Leute bei euch in der CIA sitzen hat?

      Genauso gut hättet ihr eure Leute gleich an die Wand stellen können. Oder meinetwegen auch frittieren.“

      „Wie schon gesagt, meine Idee war’s nicht.“

      „Das will ich auch schwer hoffen. Aber euer Chef sollte sich was schämen, Wer vier seiner Leute so leichtfertig in den sicheren Tod schickt, der ist eigentlich rücktrittsreif.

      Außerdem habt ihr offensichtlich nicht bedacht, dass