Der Strohmann. Dietmar Füssel. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dietmar Füssel
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754177150
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ganz besonders wichtig. Zum Beispiel gute Lehrer, man unterrichtet ein Kind das Lesen, und er oder es werden dann einen Sprachentest schaffen.

      Frei heraus gesagt, Lehrer sind die einzige Berufsgruppe, die unsere Kinder ausbildet.

      Schon als Gouverneur habe ich einen hohen Standard für die öffentlichen Schulen erwirkt, und ich habe diesen erfüllt.

      Das tue ich auch als Präsident. Und deshalb werden wir schon bald die am besten ausgebildeten Amerikaner auf der Welt haben.

      Was nun die Außenpolitik angeht, so möchte ich sagen, dass die Welt unter meiner Führung freier und friedvoller geworden ist und Amerika sicherer.

      Wissen Sie, als ich aufwuchs, da war die Welt gefährlich. Man wusste genau, wer sie waren: Es waren wir gegen sie, und es war klar, wer sie waren. Heute wissen wir nicht so genau, wer sie sind, aber wir wissen, dass sie da sind.

      Unsere Gegner zeigen Initiative und sind einfallsreich, und das sind wir auch. Sie hören nie damit auf, sich neue Wege zu überlegen, wie sie unserem Land und unserem Volk schaden können, und wir auch nicht.

      Ein Land, das angegriffen wird, kann antworten, indem es seinen Nachbarn liebt, wie es selbst geliebt werden möchte.

      Aber das ist nicht unser Weg. Und auch nicht mein Weg.

      Ich bin nämlich ein Kriegspräsident, wenn ich Entscheidungen treffe, dann denke ich immer an den Krieg.

      Und, glauben Sie mir: Wir sind bereit für jedes unvorhergesehene Ereignis, das auftritt oder auch nicht.

      Und deshalb lassen Sie mich eines noch abschließend sagen, weil es meine zutiefste Überzeugung ist:

      Ich habe in der Vergangenheit gute Entscheidungen getroffen, und ich habe in der Zukunft gute Entscheidungen getroffen.

      Weil ich nämlich nicht Teil des Problems bin, sondern Republikaner.

      Und deshalb wird die Zukunft morgen besser sein.

      Gott schütze Amerika.“

      „Um Gottes willen. Um Gottes willen!“, stöhnte Mike, der während der kurzen Rede um Jahre gealtert war. „Das war furchtbar! Furchtbar! Einfach furchtbar! Eine Katastrophe!“

      „Stimmt, Mike. Das war es“, bestätigte Karl, der persönliche Berater des Präsidenten. „Ich fürchte, jetzt kann uns nur noch einer helfen.“

      „Zumindest hätten wir dann noch eine gewisse Chance“, sagte Mike. „Aber was ist, wenn er nicht will?“

      „Dann wäre jetzt schon alles verloren. Aber daran will ich nicht einmal denken. Er muss uns einfach helfen, verstehst du? Er muss! Unbedingt! Er muss! Weil wenn er uns nicht hilft, dann hat das alles keinen Sinn mehr. Dann können wir uns genauso gut gleich morgen einen anderen Job suchen.“

      ***

      1. Kapitel

      Durch die Straßen Chikagos schlich ein Mann. Der Mann hatte einen Auftrag. Einen Geheimauftrag. Einen streng geheimen Geheimauftrag der Geheimhaltungsstufe AAA, die nur dann vergeben wird, wenn es sich um Angelegenheiten von höchstem nationalen Interesse handelt.

      Er schwitzte wie ein alter Ziegenbock, denn trotz hochsommerlicher Temperaturen trug er in strikter Befolgung der CIA-internen Verkleidungsvorschrift 42 B einen bodenlangen beigen Mantel und eine regengraue Wollhaube auf dem Kopf.

      Wie nicht anders zu erwarten, bewirkte seine um diese Jahreszeit höchst ungewöhnliche Kleidung das Gegenteil von dem, was sie eigentlich hätte bewirken sollen.

      Alle Leute drehten sich nach ihm um.

      ‚Derartige Kleidung bei dieser Hitze? Das kann nur ein Psychopath oder ein Geheimagent sein. Mal sehen, was er macht.'

      So dachte sich so mancher und folgte dem Agenten in angemessener Entfernung.

      Der Geheimagent selbst merkte freilich nichts von alledem, weil er sich eine Zeitung vor sein Gesicht hielt.

      Im Zuge seiner Ausbildung hatte er selbstverständlich gelernt, sich trotz dieser erheblichen Einschränkung seines Gesichtsfeldes zügig und sicher fortzubewegen.

      Unglücklicherweise hatte er aber ausgerechnet den Sportteil aufgeschlagen.

      ‚BRAVO, CHICAGO BEARS! ‘ stand dort in riesigen Lettern.

      Der Agent war ein großer Fan der Chicago Bears. Daher wollte er gerne mehr über den glorreichen Sieg erfahren, den seine Idole am Vorabend gegen die inferioren Denver Broncos gefeiert hatten.

      Ohne sich dessen bewusst zu sein, begann er zu lesen, und das hätte er lieber nicht tun sollen, denn nur wenige Sekunden später spürte er einen heftigen Stoß und stellte fest, dass er eine alte, gehbehinderte Frau umgerempelt hatte, die sich nun, böse Verwünschungen murmelnd, mit Hilfe ihres Stockes darum bemühte, wieder auf die Beine zu kommen.

      Um nicht durch übertriebene Hilfsbereitschaft aufzufallen, verzichtete der Agent darauf, der Alten zu helfen, sondern ging seelenruhig weiter, als hätte er mit dieser Sache nicht das Geringste zu tun.

      Plötzlich verstellten zwei gorillaähnliche Männer ihm den Weg, die so aussahen, als hätten sie im Moment nicht einmal ein Neutrino von einer Sonne im Herzen.

      „Stehen bleiben, Freundchen“, knurrte der eine böse. „Das sollst du uns büßen, unsere arme Mutter niederzutrampeln! Dir werden wir schon noch Manieren beibringen, du dreckiger Agent!“

      Der Geheimagent erfasste blitzschnell die Situation:

      Woher wussten die beiden, dass er bei der CIA war, obwohl er sich strikt an die Verkleidungsvorschriften seiner Behörde gehalten hatte?

      Sie konnten es nicht wissen. Nicht, wenn sie wirklich nichts weiter als harmlose Passanten gewesen wären. Und das bedeutete, dass die beiden Mitglieder der Al Kaida waren, die – wahrscheinlich sogar von Osama bin Laden persönlich - den Auftrag erhalten hatten, ihn kaltzumachen, um ihn an der Durchführung seiner Mission zu hindern.

      Blitzschnell zog er seinen als Feuerzeug getarnten Taschen-Flammenwerfer und betätigte ihn, worauf seine Gegner sich innerhalb weniger Sekunden in zwei Häufchen Asche verwandelten.

      Es bereitete ihm keine Skrupel, dass er soeben zwei Menschen getötet hatte, denn erstens waren die beiden gefährliche Terroristen gewesen, zweitens fing seine Ausweisnummer mit zwei Nullen an, was ihn dazu berechtigte, jeden zu töten, den er für tötenswert hielt, und drittens hatte er es ja nicht zu seinem Privatvergnügen getan, sondern fürs Vaterland.

      Soeben wollte er seinen Weg fortsetzen, als ihn ein Schlag traf. Er drehte sich um.

      Hinter ihm stand mit erhobenem Stock die alte Frau, die ihm vorhin den Weg verstellt hatte, um ihren Komplizen einen Vorwand zu verschaffen, gegen ihn vorzugehen.

      „Du hast meine Söhne getötet! Das sollst du mir büßen, du gemeiner Agent!“, zeterte sie.

      ‚In ihrem Alter, noch dazu nur mit einem Stock bewaffnet, einen CIA-Agenten anzugreifen, ist glatter Selbstmord. Also habe ich es hier mit einer gefährlichen Selbstmord-Attentäterin zu tun’ überlegte der Agent und beförderte auch sie mit seinem Flammenwerfer ins Jenseits, wo sie wenigstens wieder mit ihren geliebten Söhnen vereint war.

      Aus sicherer Entfernung hatte ein Polizist den Tötungen mit wachsender Befremdung zugesehen, und als der Agent seinen Weg fortsetzen wollte, trat er an diesen heran und hielt ihn auf:

      „Entschuldigen Sie, aber darf ich fragen, ob Sie zufällig eine Lizenz zum Töten haben?“, erkundigte er sich.

      „Selbstverständlich habe ich eine“, erwiderte der Agent. „Oder glauben Sie etwa, ich töte hier zu meinem Privatvergnügen?“

      „Nein, natürlich nicht. Aber ich fürchte, es gibt da ein kleines Problem...“

      „Ach so? Was