Mord aus kühlem Grund. Achim Kaul. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Achim Kaul
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750231757
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zu mir, und da ging es los. Unter den Ruhebänken, die da in der Mitte der Galerie stehen, kam dichter Qualm hervor. Es dauerte nicht lang und die ganze Ladenstraße war eingenebelt und zwar genau zu dem Zeitpunkt, als eine große Besuchergruppe an den Kassen stand. Das müssen wohl zwei oder drei Reisebusse voll gewesen sein. Und als der Rauch kam und den Weg nach draußen versperrte, sind die alle Richtung Saunabereich geflüchtet. Ich hab mich dann gleich mit Roberto in dessen Küche verzogen, die hat einen Seitenausgang ins Freie.«

      »Und die Panik drinnen im Saunabereich?«

      »Davon hab ich nichts mitbekommen.«

      »Wann waren Sie heute Morgen da?«

      »Kurz nach neun, wie immer. Ich öffne um halb zehn.«

      »Irgendjemand muss diese Rauchgasgranaten unter den Sitzen versteckt haben. Können Sie sich an irgendwas erinnern, was uns weiterhelfen könnte?«, fragte er und leerte seine Tasse.

      »Da muss ich nachdenken, das heißt, warten Sie, da muss ich gar nicht groß überlegen. Möchten Sie noch einen Mokka?« Sie wartete seine Antwort gar nicht erst ab und verschwand mit beiden Tassen. »Gestern Abend, kurz bevor ich ging, hab ich was beobachtet«, rief sie ihm aus ihrer Miniküche zu, während es dort zischte und brodelte. Zweifel stand auf und ging ihr nach. »Wenn ich jetzt so drüber nachdenke, bin ich sicher …«, rief sie im Bemühen, ihre Maschine zu übertönen, laut über ihre Schulter. »Huch, hab Sie gar nicht bemerkt. Also …«, sagte sie im normalen Tonfall und füllte beide Tassen aus einer kleinen Glaskaraffe, »ich bin sicher, dass ich den gesehen hab, der die Gasbomben versteckt hat. Bitte sehr, Herr Kommissar, sehr heiß.« Zweifel nahm ihr seine Tasse ab und zog die Augenbrauen in die Höhe. »Ich hörte es klimpern.« Er schaute sie an und schlürfte dabei vorsichtig an der dunkelbraunen Flüssigkeit. »Als ich nachschauen wollte, wer da mit Geld um sich warf, sah ich einen Mann auf allen Vieren bei den vorderen Sitzbänken. Er fluchte, aber es hörte sich Französisch an. Was sagen die bei solchen Gelegenheiten? ›Mörde‹ oder so ähnlich. Er hatte einen weinroten Overall an mit irgendeiner Firmenaufschrift. Sah wie ein Techniker aus. Es könnte aber auch ein Handwerker gewesen sein. Jedenfalls sammelte er all seine Münzen, die da auf dem Boden verstreut waren, ein und das waren nicht wenige. Er war also eine ganze Weile beschäftigt.« Sie nahm einen nachdenklichen Schluck aus ihrer Mokkatasse. Zweifel schwieg und wartete. »Ich hab ihn dann nicht weiter beobachtet, sondern meine Kasse abgeschlossen. Dann nahm ich meine Tasche und drehte gerade den Schlüssel in meiner Tür um, als es ein zweites Mal klimperte. Wie schusslig kann ein Mann denn sein, frag ich Sie.«

      »Und dieses Mal lag er bei den hinteren Bänken auf dem Boden?« Sie nickte. »Hat ihm denn niemand geholfen?« Sie schüttelte den Kopf. »Da waren nur ein paar Senioren in der Nähe. Die haben das zwar mitbekommen, aber die gehen natürlich nicht für ein paar Münzen in die Knie. Diese Gasdinger hat der doch sicher in seinem Overall verstecken können, was meinen Sie?«

      »Möglich. Es wäre gut, wenn Sie mir nachher zeigen, wo genau er gelegen hat.«

      »Wissen Sie, wer es war?« Zweifel war kurzzeitig verwirrt. Er leerte seine Tasse und schaute Ilse Sontheimer nachdenklich an, dann verstand er ihre Frage. Er rieb mit der linken Hand über seinen kahlen Schädel.

      »Whirlpool ist schon mal ganz falsch«, sagte er.

      »Das dachte ich mir schon«, erwiderte sie, während sie auf einem Ananasmarzipantrüffel kaute.

      »Sagt Ihnen der Name Kronberger etwas?« Sie hustete und verschluckte sich. Zweifel traf ein vorwurfsvoller Blick.

      »Ihretwegen hab ich jetzt meine Lieblingspraline verschluckt«, schnaufte sie.

      »Was für eine Verschwendung«, sagte Zweifel ungerührt.

      »Etwa der Alte?«

      »Nein, einer seiner Söhne. Er lag ertrunken in der Stollensauna.«

      »Ertrunken? Unfassbar. Welcher?«

      »Das wissen wir noch nicht. Wir müssen warten, bis der Vater ihn identifiziert hat.«

      »Wirklich ertrunken? Aber das ist doch absurd, Herr Kommissar.«

      »Nicht, wenn er seinen letzten Atemzug an einem anderen Ort gemacht hat.«

      »Woanders? Aber wie ist er denn dann in die Sauna gekommen?«

      »Jedenfalls nicht zu Fuß. Jemand muss ihm dabei behilflich gewesen sein.«

      »Behilflich? Wie meinen Sie das? Ach so.« Sie legte einen Zeigefinger an ihre Nase und nahm Zweifel die leere Tasse aus der Hand. »Man hat ihn hineingetragen. Aber wie soll das funktioniert haben bei dem ganzen Betrieb hier? Das muss doch jemand beobachtet haben.«

      »Nicht, wenn gerade alle mit ihrer Panik beschäftigt waren.«

      »Ach, Sie glauben, das hängt mit diesem angeblichen Giftgasangriff zusammen?«

      »Ich glaube nur, dass Ihr Mokka der Beste ist, den ich in diesem Jahr getrunken habe und dass Ihre Pralinen die Besten sind, die mir in diesem Jahrzehnt begegnet sind«, sagte Zweifel.

      »Schön, dann fehlt jetzt nur noch die Badehose Ihres Lebens, Herr Kommissar, was meinen Sie?«

      »Vielleicht ein andermal, Frau Sontheimer.«

      »Dann vielleicht etwas Leichtes für Ihre Frau?« Er stockte einen Moment auf seinem Weg zur Tür, dann schüttelte er den Kopf, ohne sie anzusehen. Ihr sechster Sinn sagte ihr, dass dies ein endgültiges Nein war.

      8. Kapitel

      Vor der Ladentür stieß Zweifel mit einem Bauarbeiter zusammen.

      »Sind Sie der Oberkriminale hier?«, fragte der den Kommissar, ohne Zeit auf eine Entschuldigung zu verschwenden. Zweifel nickte und klopfte sich den Staub vom Jackett, mit dem ihn der Mann bedacht hatte. »Was isch jetz mit meim Bagger? Ham Ihre Kollegen den jetz endlich als Tatwaffe identifiziert? I hab doch glei zugebn, dass I des Loch verbrochn hab. Auf ausdrückliche Anstiftung eines diffusen Bademeisters.« Er hob beide Hände, die mit Wagenschmiere, Erde und Kalk reichlich versehen waren. »I wasch meine Hände in Unschuld, Herr Oberinschpecktor.« Zweifel, der handgreifliche Beteuerungen zu Lasten seines Jacketts fürchten musste, trat geistesgegenwärtig zwei Schritte zurück.

      »Sie heißen?«, fragte er ihn zur Abwehr so unfreundlich wie es ihm gerade möglich war. Der Mann grunzte.

      »I ben der Mucki«, sagte er dann und zog geräuschvoll die Nase hoch.

      »Steht das so auch in Ihrem Ausweis?«

      »Na, da steht was anderes. Wollnsen sehn?« Er nestelte an seinem verdreckten Blaumann herum.

      »Es genügt, wenn Sie mir Ihren vollständigen Namen laut und deutlich verraten.«

      »No langsam, langsam. Ned so förmlich. I frag ja nur wegn meim Bagger. Der braucht nämlich Bewegung, Herr Kriminalrat.« Zweifel wollte jetzt erst recht nicht nachgeben und holte Stift und Notizblock hervor.

      »Also …«, mehr sagte er nicht. Der Baggerfahrer schnaufte, dann zog er noch einmal die Nase hoch.

      »Nepomuk Steiner, staatlich geprüfter Baumaschinenführer und außerdem staatlich geprüfter Landmaschinenmechaniker und außerdem …«

      »Das reicht erst mal«, schnitt ihm Zweifel das Wort ab. Ilse Sontheimer hielt sich derweil dezent im Hintergrund. Roberto vom Bistro nebenan kam herübergeschlendert und stellte sich neben sie.

      »Geben etwas Neuigkeit?«, raunte er ihr hinter vorgehaltener Hand zu. Sie nickte kurz und legte einen Zeigefinger auf ihre Lippen.

      »Ich will es kurz machen, Herr Steiner und Sie nicht länger als nötig von Ihrem Bagger fernhalten. Bevor Sie mir jetzt antworten, überlegen Sie genau. Denken Sie an alles, was Sie heute gesehen und gehört haben.« Zweifel redete eindringlich aber jetzt etwas freundlicher mit dem Mann, der mit verschränkten Armen breitspurig vor ihm stand. »Machen Sie die Augen zu. Das hilft beim Erinnern. Also. Was kam Ihnen an diesem Vormittag komisch