Im Spiegel meiner Seele. Christina Enders. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Christina Enders
Издательство: Bookwire
Серия: New Yorker Upperclass
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753195124
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hätte ich mich auch schwer in dich getäuscht.»

      

      Bevor Sjena sich von ihrem Haus und ihre Freundin verabschieden würde, wollte sie noch einmal nach Margrit schauen. Wenn sie vielleicht auch nur die Möglichkeit hatte, den Brief einzuwerfen, wollte sie schauen, ob es ihr gut geht.

      Sie betrat den Eingang des Hauses und es herrschte eine Menge Leben.

      Margrit, die sich augenscheinlich schon ganz gut in der Gemeinschaft eingebracht hatte, blickte auf, als sie Sjena sah. Drückte der kleine Marie, die sich das Knie leicht aufgeschlagen hatte, ein Pflaster auf der Wunde, trocknete ihre Tränen und ging zu Sjena.

      «Du bist sicherlich gekommen, um dich zu verabschieden.»

      «Ja, es ist so weit, meine Freundin weiß Bescheid und hat das Haus schon bezogen. Morgen gehts los.»

      «Lass dich drücken. Ich muss mich bei dir wirklich bedanken, wenn ich nicht den Mut aufgebracht hätte, dich damals am Friedhof anzusprechen, säße ich heute noch einsam und nutzlos in meinen vier Wänden.»

      «Also hast du dich im Grunde selbst gerettet, oder?»

      «Stimmt, aber du hast mir den Mut und die Lust gegeben, etwas Neues zu wagen.»

      «Ich habe schon gesehen, dass du hier alle Hände voll zu tun hast.»

      «Ja, Maries Eltern sind dankbar für meine Hilfe, da beide in Schicht arbeiten, bin ich sowas wie die Ersatzoma geworden, aber Marie ist nicht das einzige Kind. Am Nachmittag kommen viele aus der Nachbarschaft hier her, wir spielen, basteln, kochen und halten den Garten in Schuss. So kann es funktionieren, wenn Jung und Alt sich kombinieren. Sie blickte zu einem Mann in ihrem Alter, der gerade mit einem Jungen beschäftigt war.»

      «Wie ich sehe, verstehst du dich nicht nur mit den Eltern der Kinder gut.»

      «Nein, das stimmt, das ist Theo, er hat auch vor ungefähr 4 Jahren seine Frau verloren, wir sind fast zur gleichen Zeit in dem Haus eingezogen, wohnen am gleichen Eingang und verstehen uns sehr gut.»

      «Das freut mich für dich, ich bin froh, dass es dir gefällt, ich hatte schon leichte Gewissensbisse, dich aus deinem Haus vertrieben zu haben, es ging doch auch alles recht flink von der Hand. Was haben denn deine Kinder zu deinem Umzug gesagt?»

      Sie gingen ein Stück durch den Garten, weil Margrit ihre Worte erst etwas fassen musste.

      Sie atmete leicht in sich und sagte schließlich: «Meine Kinder waren fassungslos, als sie von dem Hausverkauf erfahren haben. Sie empfinden mich als rücksichtslos, weil ich es gewagt habe, mein Leben noch einmal mit Leben zu füllen. Weißt du, sie haben kaum Zeit für mich und meine Enkelkinder kenne ich auch kaum, aber plötzlich finden sie es schade, dass ich so wenig für sie übrighabe. Jetzt plötzlich, wollte meine Große das Haus einmal übernehmen, weil sie ihre Kindheit dort verbracht hat. Ihren Vater habe ich wohl auch verraten.»

      «Steht es einer Frau wie dir, wirklich nur noch zu einsam zu sein, und auf die Enkelkinder zu warten, die nie kommen werden.»

      «Vermutlich, dass mir alles langsam auch zu beschwerlich wurde, das haben sie nicht gesehen. Wenn ich sie gebeten habe, dass die Hecke verschnitten werden musste, oder allein die vielen Fenster, die geputzt werden mussten, fanden sie tausend Ausreden oder schickten mir eine überteuerte Firma, die ich dann allein bezahlen durfte.»

      «Sie haben wohl damit gerechnet, das Haus eines Tages zu erben, um es zu einem guten Preis zu verkaufen.»

      «Ja, das wohl auch. Mein Sohn war ganz schlau, er ist zu mir gekommen und hat gleich so versucht, mir das Geld aus den Rippen zu leiern. Er hat was von einer Investition fürs Leben geredet, da ich ja jetzt das Haus verkauft habe, könnte ich doch gleich zu Lebzeiten in seine Zukunft investieren. Als ob wir das nicht schon getan hätten, indem wir ihn sein Studium finanziert haben.»

      «Wow, das nenne ich mal …»

      «Ja, so sind sie, als ich gesagt habe, dass ich das nicht machen kann, weil ich dann seine Schwester übervorteilen würde, hat er mir vorgeschlagen, dass ich sie doch ebenfalls auszahlen könnte. Es ist doch besser, zu sehen, was mit dem Geld geschieht, als wenn ich es ihnen vererbe.»

      «Das hat er so gesagt?»

      «So in etwas. Dass ich das Geld selbst brauchen könnte, auf die Idee sind beide nicht gekommen. Aber ich denke nicht im Traum daran, ihnen alles zu überlassen, sie auszahlen wofür, dass ich sie auf die Welt gebracht habe, sie keine Zeit mehr für mich haben und ihren eigenen Weg gehen. Ich meine wir haben immer alles für unsere Kinder getan, beide konnten studieren, dass sie dann weg sind und die Großstadt bevorzugten, haben wir verstanden, aber ich weiß schon, das kommt alles von meiner lieben Schwiegertochter. Sie war schon immer ein geldgeiles Stück, wenn ich das mal so sagen darf.»

      Sjena lächelte.

      «Ich kann es mir vorstellen, wie sie auf meinen Sohn eingeredet hat, bis er endlich vor meiner Tür gekratzt hat. War sicherlich nicht einfach für ihn, mit einem Nein nach Hause zu kommen.»

      «Das ist traurig, wenn die eigenen Kinder einen nur noch als Geldmaschine sehen.»

      «Ja, ist nicht, sodass ich ihnen nichts gegeben hätte, schon allein der Enkel wegen, aber so … da halte ich das Geld lieber bei mir und gebe es den Menschen, die mir geholfen haben und wichtig sind und den Rest bringe ich noch selbst unter die Leute. Als meine Tochter hier war, hat sie ganz schön die Nase gerümpft und alles irgendwie niedergemacht, aber lass uns kurz in meine Wohnung gehen, du hast sie doch noch nicht fertig gesehen oder.

       «Nein, natürlich.»

      Als Sjena in das gemütlich eingerichtete Wohnzimmer stand, nickte sie, «es ist schön geworden.»

      Margrit zeigte ihr kleines Schlafzimmer und die Küche.

      «Viel von deinen alten Möbeln hast du aber nicht mitgenommen.»

      «Nein, die hätten hier auch gar nicht reingepasst. Außerdem passen zu einem neuen Leben keine alten, vertaubten Möbel.»

      «Find ich gut.»

      «Ja mehr brauch ich nicht, tagsüber bin ich fast immer unten in den großen Gesellschaftsräumen.

      Abends ziehe ich mich dann zurück, wie alle anderen auch. Manchmal spielen wir noch eine Partie Bridge oder Theo führt mich in die Stadt aus. Er ist sehr gebildet, war mal Professor auf Yale, liebt die Kunst und die Musik.» Sie ging in ein Schränkchen und holte einen Umschlag aus dem Schubfach und reichte diese Sjena.

      «Was ist das?» Sie machte es auf und sah, mehre Dollarnoten. «Das …»

      «Sag jetzt nicht, du kannst es nicht annehmen, das würde mich enttäuschen. Ich weiß, du hast dein eigenes Geld, aber vielleicht kannst du dir damit einen ganz besonderen Wunsch erfüllen, Geld was man nicht braucht und dennoch hat, kann eine ziemliche Beruhigung sein. Du kannst damit machen, was du möchtest, nur lebe …»

      Sjena lief eine Träne von den Augen und drückte Margrit an sich. «Ich werde dich nicht vergessen, ganz bestimmt nicht. Du hast mir mehr geben, als ich es von einer Mutter erfahren konnte.»

      «Nun so ist es, die einen sind von Ihren Kindern enttäuscht, die anderen von ihren Eltern. Ich hoffe, ich werde irgendwann mal wieder, was von dir hören oder du schreibst mir mal eine Karte. Meine Adresse kennst du ja. Ich weiß, heut zutage schreibt man kaum noch Karten, aber zu meiner Zeit, war das noch die gängigste Methode der Mitteilung.»

      Sjena lächelte. «Ich denk an dich», steckte sie den Umschlag ein.

      «Lass uns wieder nach unten gehen, hast du noch etwas Zeit, dann können wir noch gemeinsam zu Abend essen. Unsere Jugend hat sich heute ans Brotbacken versucht.»

      Sjena nickte und lächelte zufrieden.

      Als sie ging, war sie froh, dass sie den Brief, den sie an Margrit geschrieben hatte,