Abgelenkt. Adam Wutkowski. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Adam Wutkowski
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738020281
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du, wer uns die Miete bezahlt?»

      «Nimmst du vielleicht Drogen?» wirft mein Vater die Frage dazwischen.

      «Nein. Nein!» antworte ich. «Das habe ich auch schon Mama gesagt.» erwidere ich genervt.

      In diesem Moment kam unerwartet Schützenhilfe aus der Richtung von Frau Thal. «Nun, ich denke nicht, dass Drogen das Problem hier sind. Sven treibt sich nicht mit den Rauchern in der Schule herum. Ihr Sohn ist nicht der Typ dafür. Außerdem gibt es keine Drogen auf unserer Schule! Davon ist mir jedenfalls nichts bekannt.»

      Wenn du nur wüsstest, wie einfach es ist, an Drogen an unserer Schule zu kommen. Aber Ihr merkt einfach nichts.

      «Irgendetwas muss aber der Auslöser für dein Verhalten sein! Wenn es keine Drogen sind, was ist es denn?» fragt mein Vater in die Runde hinein, ohne mich dabei zu beachten.

      Plötzlich schien die Unterhaltung länger zu werden als erwartet.

      «Vielleicht ist er nur faul!» wirft meine Mutter in die Runde hinein.

      Nach dieser Aussage schauen sich meine Eltern und Frau Thal an. Nach einem Moment der Stille beginnen meine Eltern zustimmend zu nicken, während Frau Thal nur da sitzt und die Szene beobachtet.

      Im selben Moment merke ich, wie die Diskussion an einen Punkt ankommt, an dem ich mich zu fragen beginne, was ich hier eigentlich soll. Ich bin weder faul noch dumm. Die Wahrheit ist, dass mich die Schule nicht interessiert. Ich habe einfach andere Dinge im Kopf als die Schule. Aber das verstehen sie einfach nicht. Oder sie wollen es nicht verstehen. Aber was sie am wenigsten verstehen, ist die Tatsache, dass ich in Ruhe gelassen werden will. Weil ich im Grunde, so wie ich lebe glücklich bin. Aber das gefällt ihnen nicht und nun versuchen sie mein Glück kaputt zumachen.

      Während der nächsten halben Stunde reden meine Eltern und Frau Thal über meine angebliche Faulheit und ihre Ursachen. Dabei entwerfen sie die wildesten Szenarien. Immer wieder taucht dabei der Satz auf: „Es muss etwas geschehen!“. Nur was, das wissen sie nicht.

      Während das Gespräch weiter seinen Lauf nimmt, verspüre ich ein Gefühl in mir aufsteigen. Um was für eine Art von Gefühl es sich handelt, weiß ich nicht. Woher es auch kommt, kann ich auch nicht sagen. Aber nach einer halben Stunde steht für mich folgendes fest: So geht es nicht weiter. Also gut, sage ich zu mir selbst. Wenn ihr drauf besteht und es euch glücklich macht, dann werde ich mich ein wenig ändern. Aber erst im nächsten Halbjahr. Nächste Woche beginnen die Weihnachtsferien und diese Zeit möchte ich genießen!

      «Vielleicht habt ihr Recht und ich bin tatsächlich etwas faul in der letzten Zeit gewesen.» beginne ich zögernd. «Vielleicht hat es auch mit der Pubertät zu tun! Ich weiß es nicht. Aber was ich sagen möchte, ist, dass ich mich in der nächsten Zeit bemühen werde, mehr am Unterricht teilzunehmen.»

      Mit meiner plötzlich einkehrenden Einsicht ändert sich schlagartig die Stimmung in der Runde. Augenblicklich ist zu sehen, wie die Anspannung von meinen Eltern abfällt.

      «In Wahrheit ist Sven ein guter Junge. Er macht nur wie alle anderen Jungs in seinem Alter Fehler.» höre ich meine Mutter sagen.

      Nach etwa einer weiteren halben Stunde macht sich schließlich Frau Thal, zufrieden über den Verlauf des Gespräches, auf den Heimweg. Als sich schließlich die Tür hinter ihr schließt, wendet sich mein Vater an mich und beginnt zu sprechen. «Also dann. Du weißt, was zu tun ist. Übernimm also endlich Verantwortung für dein Leben.»

      Als er grade noch einmal das Wort an mich richten will, wird er durch ein knallendes Geräusch aus dem Wohnzimmer unterbrochen.

      «Was ist passiert?» fragt mein Vater, sobald er mit mir im Schlepptau das Wohnzimmer betritt.

      «Nichts.» sagt meine Mutter verärgert und fährt einen Augenblick später fort. «Mir ist nur die Tasse aus der Hand gerutscht und auf dem Wohnzimmertisch zerbrochen. Dabei ist der Kaffee über die Fernbedingung gelaufen.»

      «Gib mir die Fernbedienung!» sagt mein Vater und reißt ohne weiteres meiner Mutter diese aus der Hand. Anschließend wischt er sie trocken, drückt mehrmals auf die Tasten, schlägt zwei-, dreimal mit ihr gegen seinen Handballen und grunzt verärgert.

      «Na typisch. Mit euch gibt es nur Ärger. Immer macht ihr was kaputt oder ihr könnt euch nicht um eure eigenen Probleme kümmern. Immer muss ich mich darum kümmern. Nicht einmal in Ruhe kann man sich abends vor den Fernseher hinsetzen.»

      «Es tut mir leid. Ich habe es ja nicht mit Absicht getan.» höre ich meine Mutter sagen, aber dafür ist es zu spät. Er ist schon wütend und in Rage.

      Ohne mich weiter für den Vorfall zu interessieren, verschwinde ich in meinem Zimmer. Der Tag war heute sowieso stressig genug. Nun ist es wieder an der Zeit, sich etwas zu entspannen.

      «Sven. Abendbrot ist fertig. Kommst du bitte.» ruft meine Mutter eine halbe Stunde später aus der Küche.

      «Nicht einmal in Ruhe spielen kann man hier!» sage ich an den Computer gerichtet, drücke auf Pause und gehe in die Küche.

      Am Tisch herrscht entspannte Atmosphäre zwischen meinen Eltern. Es wird kein Wort über Frau Thal oder über die Fernbedienung verloren.

      «Morgen gegen Mittag muss ich das Auto reparieren. Wir haben nämlich ein Loch im Auspuff. Ich möchte, dass du mir dabei hilfst.» wendet sich mein Vater kurz vor dem Ende des Abendessens an mich.

      Oh nein. Wie viel Pech kann ein einzelner Mensch haben. Erst nervt Frau Thal und nun das! Dabei ist die zweite Angelegenheit, jene vor der es mir am meisten graut. Jedes Mal wenn ich meinem Vater bei irgendetwas helfen soll, artet es am Ende immer in einem Streit aus. Und das bereits bei Kleinigkeiten oder bei Dingen, für die man nichts kann.

      «Ich wollte morgen zum Fußball.» beginne ich am Küchentisch sitzend, mit meinem Vater zu reden.

      «Das ist wichtiger. Außerdem ist das eine Sache, die deine Familie betrifft. Also hat sie Vorrang. Und soviel ich mich erinnere, wolltest du morgen dein Fahrrad putzen und nicht Fußball spielen. Was ist denn jetzt nun?» fragt mein Vater.

      «Johannes und ich, wir haben uns in die Haare gekriegt, so dass nun das Putzen erst einmal ausfällt.»

      Verdammt! Die Sache mit dem Fahrrad putzen. Ich wollte Johannes darauf ansprechen. Hab es aber wegen dem Stress in der Schule vergessen. Zum Glück haben wir uns gestritten, so dass ich jetzt nicht lügen muss.

      «Kein Respekt, vor nichts und niemanden. Weißt du? Ich hatte keinen Vater im Gegensatz zu dir, der mir ein Fahrrad kaufen konnte. Ich musste mir selbst vom Schrottplatz ein Fahrrad holen und zusammenbauen. Anschließend habe ich es geputzt wie ein Verrückter, bis es glänzte. Mensch! In welcher Zeit leben wir eigentlich. Kein Respekt vor nichts und niemanden und immer eine Ausrede parat.» sagt er und schüttelt ungläubig mit dem Kopf.

      «Ich mach es gleich Morgen früh.» antworte ich, ein schlechtes Gewissen in mir spürend.

      «Ach komm.» erwidert mein Vater, winkt mit seiner Hand, so wie er das immer tut, wenn er von etwas oder jemanden nichts hält. Steht auf, geht ins Wohnzimmer und setzt sich auf sein Sofa. Nimmt die Fernbedienung in die Hand und macht den Fernseher an.

      «Sei einfach morgen um 13 Uhr bereit.» ruft er, ohne sich von dem Fernseher wegzudrehen.

      «Können wir das nicht etwas später machen? Sagen wir so um 15 Uhr!» frage ich mit der Hoffnung, den Film doch noch sehen zu können.

      «Nein, das geht nicht.» antwortet er. «Ich habe nachher noch was vor. 13 Uhr ist schon die richtige Zeit.»

      Nach dem Abendbrot gehe ich in mein Zimmer und setzte das Computerspiel fort, bis ich schließlich gegen Mitternacht vor Erschöpfung ins Bett falle.

      Der nächste Morgen bringt neue Herausforderungen, denen man sich mit voller Hingabe stellen muss. Sofort nach dem Frühstück ist es wieder an der Zeit, sich vor den Computer zu setzten.

      «Nur noch ein Level und dann habe ich „Die Helden des Krieges“ durchgespielt!» gebe ich selbstzufrieden von mir, den