Ankunft ohne Wiederkehr - Teil 2. Vicky Lines. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Vicky Lines
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783746796208
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uns. Bis er mir gestand, noch nie außerhalb Großbritanniens gewesen zu sein, wunderte ich mich ein wenig über seinen Erkundungsdrang. Verbundenheit bewirkte das Naturkundemuseum, denn auch in London boten wir dieses Wissen feil. Mein Begleiter begutachtete all die Objekte und Stücke.

      „Berlin bietet eben genauso viel Kultur, wie London. Jetzt kann ich diese blöden Witze über Deutsche wirklich nicht mehr ertragen. Danke für diese Reise und das Vertrauen“, flüsterte mir Matthew zu.

      Ich zwinkerte ihn an und erwiderte: „Matthew, ich wusste, dass du es zu würdigen weißt.“

      Diese Anspielung verstand er auf Anhieb und errötete leicht. Natürlich setzte sich bei mir diese Erkenntnis in den letzten Tagen durch. Dieser Detektiv glänzte mit Intelligenz, Benehmen und Fairness. Eines Tages dürfte er zu meinem engeren Freundeskreis zählen. Vielleicht würde ich einer Einladung in seine Familie sogar Folge leisten. Doch noch war es nicht so weit. Nach unserem Museumsbesuch aß Matthew noch eine Currywurst in einem netten Restaurant namens Oranium. Gleich nebenan befand sich diese fantastische und berühmte Synagoge.

      Samantha hatte ich vor dem Museumsbesuch eine Nachricht gesandt. Noch hatte ich keine Antwort. Mittlerweile verunsicherte mich dies, weil sie mir eine neue Telefonnummer mitgeteilt hatte. Samanthas deutsche Privatnummer bedeutete mir viel und ich hatte sie viermal gelesen, um mir sicher zu sein, dass sie korrekt in meiner Liste eingetragen war. Gegen vier Uhr trudelten bei mir endlich zwei Nachrichten ein.

      Samantha:

      Tut mir leid, hatte viel zu tun. Bin fertig und gehe zum Sport.

      Melde mich dann.

      Ich:

      Wann wärst du daheim? Würde dich gerne abholen.

      Natürlich drängte es mich, Samantha möglichst bald zu treffen. Matthew beriet mit mir noch, welche Aufgaben zu erledigen und Sehenswürdigkeiten infrage kämen. Keinen Happen Currywurst später, summte mein Smartphone erneut. Samanthas Antwort.

      Samantha:

      Okay. Wenn du noch weißt, wo ich wohne, triffst du mich ab 6 dort.

      Ich:

      Gut. Bis dann. Freu mich.

      Selbstverständlich hatte ich mir ihre Adresse gemerkt, notiert, gespeichert und archiviert. Vorher würde ich noch die restlichen Geschenke besorgen und sie gnädig stimmen.

      Matthew unterbrach meine Gedanken: „Wäre es recht, wenn ich mich ausklinke? Müsste auch zu Hause mal anrufen, weil meine Frau sich sonst Sorgen macht. Ich werde ihr mitteilen, dass wir nicht einem Nazi in Uniform begegnet sind.“

      Kurz lachte ich: „Hahaha. Natürlich. Wir treffen uns morgen um sechs Uhr im Hotel bei mir?“

      Dann kam mir eine wirklich verwegene Idee. Ich recherchierte sofort das Einkaufszentrum am Leipziger Platz und ließ mich dort zu einem Kauf hinreißen, der mich später wieder einholen würde. Zumal ich in einem der angesteuerten Läden noch etwas wirklich Passendes zu meinen Tüten aus London fand. Ich musste grinsen. Frech waren meine Geschenke schon. Deshalb hatte ich mir diese niedlichen Dinge ausgesucht, ihr Dessous gekauft. Glücklicherweise gab es eine größere Auswahl. Ich entschied mich für zwei seidene Sets, eines in Schwarz und eines in dunklem Rot. Kaum stolzierte ich mit den beiden Sets aus dem Laden, erblickte ich ein Negligé, bei dem mir Stielaugen wuchsen. Welch ein Glück, dass ich mit Samantha damals zusammen einkaufen gewesen war. Daher kannte ich ihre Kleidergröße. Sie dachte wohl, ich würde mir das nicht merken. Ich kniff meine Augen zusammen, um mir Samantha im ausgestellten Negligé vorzustellen. In meinem Blickfeld tauchte eine lächelnde Verkäuferin auf, die entspannt und abwartend mir zusah.

      Sie fragte mich auf Deutsch: „Guten Tag. Für ihre Freundin?“

      Ich hob eine Augenbraue und fragte auf Englisch: „Hallo. Entschuldigen Sie, wie bitte?“

      Sie wiederholte ihre Frage breit lächelnd, als habe sie ein Schätzchen gefunden, nun in meiner Sprache.

      Ich antwortete zufriedenen: „Sie ist mehr als nur eine Freundin, wissen Sie.“

      „Wow!“, hauchte sie beinahe dahin schmelzend.

      Ihre Reaktion verstand ich erst nicht, warum meine Aussage so bewundernd zu sein schien. Bis ich mitbekam, dass sie ein Faible für mich verbarg. Ihre Wangen leuchteten leicht rosa. Mich alten Papa von drei Kindern? Komische Welt. Kurz musterte ich diese perfekt aber zurückhaltend gestylte Blondine. Seit Samantha in meinem Leben tanzte und diese Probleme uns bedrängten, nahm ich mehr wahr, was um mich herum passierte.

       Jetzt aber schnell!

      Ich bezahlte mit meiner Kreditkarte. Sogar niedlich verpackt bekam ich meinen delikaten Einkauf in einer neutralen Einkaufstüte überreicht. Artig bedankte ich mich bei der Verkäuferin, die wirklich einen tollen Job erledigt hatte. Beim Verlassen versicherte ich ihr, wiederzukommen. Sie sah mir hinterher, das spürte ich im Nacken. Mit all meinen Geschenktüten schaute ich mich nach einem Taxi um und ließ mich zu Samantha fahren. Im Nachhinein fragte ich mich, ob ich nicht mit einem kleinen Flirt etwas mehr in dem Laden für Wäsche für mich herausholen hätte können. Nein, die Zeit stand mir auf den Füßen.

      Hervorragend, es war zehn vor sechs, als ich in der Straße eintraf. Ein Haus reihte sich an das nächste, ohne auch nur einen Hauch von Einerlei darzubieten. Zehn Minuten zu warten, um genau pünktlich zu sein, fand ich nur schwer zumutbar.

       Ich könnte doch gleich klingeln. Oder lieber doch nicht?

      Somit erkannte sie vielleicht, dass ich es nicht aushielt, auf sie zu warten. Bevor ich das Für und Wider austariert hatte, bemerkte ich meinen Zeigefinger in der Mulde des Klingelknopfes.

       Verdammt. Zurückhaltung bei Samantha tendierte zu einem Nichts.

      Es summte. Wie ein kleiner Junge raste ich zum Fahrstuhl. Dauernd fragte ich mich, wie wir uns begegnen würden. Vielleicht in Schürze und Pantoffeln? Blöderweise sah ich auf die Tasche mit den Dessous. Oder in einem tollen Kostüm. Nicht diese bunten englischen, sondern in einer dieser italienischen oder französischen eleganten Kombinationen. Hach, wie schön war unsere erste kleine Einkaufstour in London gewesen. Schwelgen führte sofort zu einem Lächeln meinerseits. Ungeduldig zählte ich die Etagen mit, die der Fahrstuhl emporfuhr. Das Dachgeschoss piepte mich erlösend an.

       Zu Fuß würde ich mich selbst empfangen. Himmel, beherrsche dich mal, Lord George!

      Fahrstuhltür auf. Nahezu ungestüm schritt ich direkt auf ihre Tür zu. Kaum kam ich davor zum Stehen, öffnete Samantha. Verschwand aber sogleich im Bad. Was hatte sie da an? Einen Bademantel etwa? Ihren Hintern erfasste ich, gerade noch bevor er im Bad verschwand. Ein Piepsen, gefolgt von einem schnellen Hüpfen ihrerseits brachte mich zum Kichern. Manchmal kam mein spitzbübisches Benehmen wieder durch. Aber es reizte mich viel zu sehr, sie zu necken.

      „Du ungezogener Junge“, entrüstete sie sich humoristisch.

      „Tut mir leid, aber ich konnte keine zehn Minuten vor dem Haus herumlaufen“, versuchte ich, ihr Wohlwollen zu ergattern.

      Mittlerweile entledigte ich mich meines Mantels und meiner Schuhe. Denn dort standen Füßlinge für mich bereit. Ich schaute mich um. Was ich erblickte, gefiel mir, hatte Stil. Samantha kehrte nach einer gefühlten Ewigkeit aus dem Bad zurück. Es verschlug mir die Sprache. Frisch geduscht mit leicht feuchten Haaren, schritt sie in einem bunten Bademantel lässig auf mich zu. Das erste Mal sah ich sie ungeschminkt. Diese dunklen Wimpern umrahmten diese schimmernden graublauen Augen. Ihre Haut war leicht gerötet und roch herrlich blumig. Gerade setzte ich an, um etwas zu sagen, da öffnete sich zwar mein Mund, jedoch entfuhr kein einziges Kompliment meinem Kopf. Wie lange dieser Zustand anhielt, konnte ich nicht mehr nachvollziehen, jedoch meldete


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