Skiria - Am Berg der Drachen. Fran Rubin. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Fran Rubin
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847633556
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sind erst drei Tage unterwegs und der macht jetzt schon schlapp“, lästerte der Vierte im Bunde, ein kräftiger, dunkelhaariger Mann.

      „Du wolltest ihn ja unbedingt mitnehmen“, erwiderte die Frau und ließ ihr Fußgelenk dabei knackend kreisen.

      „Streitet euch nicht!“, mahnte wiederum der Blonde, „wir brauchen für unser Unterfangen jeden Mann.“ Mit einem Seitenblick auf die wild mit den Augen rollende Agata beeilte er sich schnell hinzuzufügen: „Und natürlich auch jede Frau.“

      Janus überlegte. Welche Absichten diese merkwürdig anmutende Gruppe wohl hegte? Ob es sich um Jäger handelte? Oder waren es Wegelagerer, die nur darauf warteten, dass ein Opfer ihren Weg kreuzte? Allesamt führten sie Waffen mit sich. Gäbe sich Janus zu erkennen, wäre er ihnen ausgeliefert. Mit Unbehagen beobachtete er den schwarzhaarigen Mann, der nun, während sich die anderen ausruhten, sein Schwert durch die Luft sausen ließ und dabei ungestüme Kampfesrufe ausstieß.

      „Hör’ schon auf damit!“, raunzte Agata. „Das sieht albern aus.“

      Er fuhr zu ihr herum und funkelte sie zornig an. „Wie redest du mit mir, Weib?“

      „Verzeih’, ich bin beeindruckt von deiner Vorführung“, flötete seine Begleiterin mit verstellter Stimme, die so gar nicht zu ihrer kräftigen Gestalt passen wollte. „Lass’ mich dich in dein Gemach begleiten, großer Held!“, säuselte sie grinsend weiter. Wütend schmetterte der Hüne sein Schwert zu Boden und entfernte sich von seinen Kameraden, die gellend lachten.

      Im Gebüsch raschelte es, als Janus hervortrat. Irian sprang auf. Während sich der dicke Karol an seiner Wurst verschluckte, streckten sich im nächsten Moment drei Schwerter kampfbereit der vermeintlichen Gefahr entgegen. Doch hinter den Sträuchern verbarg sich wieder kein Drache, sondern ein junger Mann mit strohblondem Haar und aufgewecktem Blick, der nun beschwichtigend beide Hände in die Luft hob, um zu zeigen, dass er nicht beabsichtigte, die Gruppe zu überfallen. Dennoch beäugte ihn Rabanus feindselig. Auch Agata ließ ihre Waffe nicht sinken.

      Irian fragte: „Wer bist du, Fremder, und was willst du von uns?“

      „Ich heiße Janus und suche meine Schwester. Hat sich wohl im Wald verlaufen. Habt ihr sie vielleicht gesehen?“

      „Wir haben schon lange niemand mehr gesehen“, brachte Karol kauend hervor.

      „Wie lange suchst du denn schon nach ihr?“, wollte Agata wissen.

      „Ein paar Tage.“

      Rabanus zuckte herablassend mit den Schultern.

      „Ein Mädchen, allein im Wald? Bestimmt hat sie ein Troll erwischt. Aber vielleicht finden sich ja irgendwo ihre Überreste.“

      Agata kicherte, als hätte Rabanus einen besonders lustigen Scherz gemacht. Irian wirkte, als schäme er sich für die beiden.

      „Ignorier’ sie einfach!“, riet er. „Das ist nicht ernst gemeint.“ Er reichte ihm seine Hand und stellte sich vor.

      „Ihr seid Jäger?“, fragte Janus.

      „Wir jagen Drachen“, bestätigte Irian ernst. Das war Rabanus’ Stichwort, der wie immer keine Gelegenheit ausließ, um von seiner Heldentat zu berichten. Prahlerisch gab er die bekannte Geschichte zum Besten, holte dabei weit aus und sparte nicht mit Selbstlob.

      Als Rabanus seinen Vortrag beendet hatte, wirkte Janus, als hätte er dem Hünen überhaupt nicht zugehört. Stattdessen wandte er sich an Irian: „Kann ich mit euch kommen?“

      Irian zögerte nur einen kurzen Moment, bevor er erfreut nickte. „Wir könnten Verstärkung gut gebrauchen.“

      Karol ließ sich schmatzend vernehmen: „Je mehr wir sind, umso besser.“

      „Darauf trinken wir!“, rief Agata schrill, nahm einen tiefen Zug aus einer kleinen Flasche und reichte diese an Janus weiter. Rabanus’ riesige Pranke schlug grob auf die Schulter des neuen Kameraden, sodass dieser glaubte, sie hinterließe dort einen bleibenden Abdruck.

      „Willkommen bei den Drachentötern!“

      V.

      Skiria entdeckte ihn erst, als er bereits in voller Größe vor ihr stand. Über ihr ragte ein langer Hals zwischen den Bäumen hindurch. Langsam beugte er sich zu Skiria hinunter, sodass sie die grünlich schillernden Schuppen, an denen das Regenwasser abperlte, deutlich erkennen konnte. Ein monströser Koloss, in dessen Magen wohl zwei Skirias Platz gefunden hätten. Trotzdem wirkte er klein für einen Drachen.

      Es war sinnlos, sich vor ihm zu verbergen. Dennoch suchte Skiria Zuflucht hinter einem Baumstamm, als bewöge dies das Ungeheuer dazu, das Interesse an ihr zu verlieren. Nichts geschah. Skiria zählte die Tropfen, die sich kitzelnd den Weg durch ihr Haar suchten, um schließlich ihr Gesicht wie Tränen zu benetzen. Endlich wagte sie, aus ihrem Versteck hervor zu spähen. Sie bereute es sofort. Hatte sich der Drache bis jetzt ruhig verhalten, so hob er nun eine seiner Klauen und stampfte kraftvoll damit auf. Skiria glaubte, den Boden zittern zu spüren. Genauso verfuhr er mit der anderen Pranke und bewegte sich sodann einen Schritt auf sein potentielles Opfer zu. Erwartungsvoll ruhte sein Blick auf ihr.

      Skiria nahm all ihren Mut zusammen.

      „Glaube nur nicht, ich hätte Angst vor dir!“ Es klang nicht besonders überzeugend. Das Untier beäugte sie noch intensiver.

      „Warum erwiderst du dann meine Begrüßung nicht?“

      Ein zweifelnder Ausdruck legte sich auf Skirias Gesicht. Es musste sich um einen Fiebertraum oder dergleichen handeln. Der Drache sprach zu ihr! Aber von was redete er da überhaupt? Skiria beschloss, sich der Situation zu stellen.

      „Du hast mich doch gar nicht begrüßt“, wandte sie ein und erhob sich.

      „Habe ich wohl!“

      „Hast du nicht!“

      „Also gut, dann noch einmal.“ Das Untier begann erneut, seine Pranken anzuheben und damit zu stampfen. Skiria begriff. Es war eine etwas andere Art der Begrüßung. Nur kurz überlegte sie wegzulaufen, doch dann wurde ihr bewusst, dass der Drache sie mit einem gezielten Feuerstrahl grillen könnte, bevor sie auch nur den nächsten Baum erreicht hätte. Skiria wagte kaum zu atmen, als die Wucht seiner Füße den Waldboden vibrieren ließ. Bedacht darauf, ihn nicht zu verärgern, kopierte sie sein Verhalten und trampelte kräftig das Moos unter sich platt.

      Nie hätte Skiria gedacht, dass die letzten Momente ihres Lebens derart merkwürdig verlaufen würden.

      Krachend brach das Unterholz unter dem kraftvollen Tritt des schuppigen Untier. Ein unachtsamer Schritt, und der Drache hätte Skiria zu Mus gestampft.

      Verzweifelt suchten ihre Augen das Dickicht nach einer Fluchtmöglichkeit ab, als das Ungetüm unvermittelt inne hielt, sein Maul aufklappte und dabei eine Reihe unglaublich gelber und gefährlich spitzer Zähne zeigte. Vor Skiria tauchten Bilder eines Drachens auf, der auf grausame Weise einen Menschen in Stücke riss. Erbarmungslos mahlte er mit seinem Gebiss die Knochen seines Opfers zu Staub, während dessen Qualen ihm grausame Genugtuung verschafften. Zu Füßen der Bestie bildete sich ein See aus Blut.

      „Bist du immer so schweigsam?“, unterbrach der Drache munter ihre destruktiven Gedanken.

      Zornig biss sich Skiria auf die Lippen und hielt tapfer dem Blick des Ungeheuers stand. Sollte ihn doch der Teufel holen! Was dachte sich dieses Monster eigentlich? Sollte sie etwa vergnügt mit ihm plaudern, mit einem Drachen? Einem Wesen, dessen Artgenosse ihren Vater tötete? Eine seiner Pranken hob sich. Skiria schluckte, gewahrte dann jedoch erleichtert, dass er das krallenbewehrte Mordwerkzeug lediglich dazu benutzte, um den Juckreiz an seinem vermutlich parasitenbesetzten Hals zu stillen. Skiria zögerte nicht lange. Dieser Moment der Unaufmerksamkeit bot ihr eine einmalige Gelegenheit zur Flucht. Blitzschnell drehte sie sich um und verschwand im Gehölz, wo sie sich vor den Blicken des Drachen sicher fühlte.

      Dass dort dichtes Dornengestrüpp