Knapp Wertvoll Sparsam. Friedrich Wegenstein. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Friedrich Wegenstein
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Сделай Сам
Год издания: 0
isbn: 9783748507352
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den sparsamen Umgang mit den Ressourcen sicher und führt zu einem reichen Beziehungsleben. Jede Wertschätzung, auch den einfachen Dingen gegenüber, stellt eine neue Beziehung dar, die vielleicht nur für kurze Momente, aber dennoch beglücken kann.

      Die Beziehung zu Dingen mag gegenüber den Beziehungen zu Menschen unwichtig erscheinen. Aber die Beziehung zu unserem Umfeld und seinen einzelnen Dingen ist Voraussetzung zu einem universellen Lebensverständnis. Jede Beziehung und sei sie noch so klein und scheinbar unbedeutend, ist Teil eines sinnstiftenden Lebensverständnisses.

      Das Märchen vom Fortschritt durch die Wirtschaft führt nicht zu einer Optimierung der Verwendung von Überschüssen zur Minimierung der Knappheit. Das Fortschrittsmärchen ist nur dazu da, immer neue Produkte, immer neue Umsätze und damit neue Gewinne zu tätigen. Der dauernde Überschuss auf der einen Seite und die Unterversorgung auf der anderen Seite und deren Folgen, sind dabei in Kauf genommene Kollateralschäden.

      Dem gegenüber gibt es jedoch auch sinnvollen und durchaus wesentlichen Fortschritt: Ob es sich um den medizinischen Fortschritt handelt, der sich in der Verringerung der Säuglingssterblichkeit oder der Verlängerung der Lebenszeit ausdrückt, die Verbesserung elektronischer Kommunikation, der Transportmöglichkeiten, der Erforschung unseres Planeten und des Weltalls – alles das sind Beispiele für eine Art von Fortschritt, die dem Leben dienen kann und der menschlichen Spezies tatsächlich hilft.

      Offenbar hat das Wirtschaftssystem bisher beide Entwicklungs­stränge hervorgebracht.

      Unternehmen fühlen sich nicht der Gesellschaft, sondern den Unternehmenseignern und dem eigenen Ergebnis gegenüber verantwortlich. Die Verantwortung gegenüber der Gesellschaft wird nicht als dem Wohl der Gemeinschaft, deren Kultur und deren Entwicklung verstanden, sondern beschränkt sich oft auf die Einhaltung von Gesetzen. Die derart generierten Wirtschaftsgüter dienen daher in erster Linie nicht dem Fortschritt, nicht der Gesellschaft, sondern dem Unternehmen und deren Umsatz- und Gewinnzielen.

      Diese Entwicklung hat durch die Globalisierung eine unbeherrschbare Dimension angenommen. Über alle nationalen, kulturellen und ethischen Vorstellungen hinweg ist der wirtschaftliche Vorteil die einzige, global gültige Wertvorstellung. Die philosophisch-ethische Entwicklung der Menschen wird zu einer Parallelentwicklung zurückgedrängt. Die gesellschaftliche Organisationsform der Demokratie ist für die Wirtschaft eher hinderlich als hilfreich. Lobbying, wirtschaftlicher Druck und Handelsverträge helfen der Wirtschaft, die Willensbildung in den Staaten auszuhöhlen. Dieser Gedanke wird im Abschnitt „2. Die Wirtschaft hat sich der Ethik zu beugen“. ausgeführt.

      Das sinnlose Streben nach dauerndem Zuwachs und Überschuss führt zu unverantwortlicher Ressourcenverschwendung. Nicht nur, dass der ökologische Fußabdruck des Menschen vor allem in den Ländern der Nordhalbkugel laufend wächst, es werden Ressourcen teilweise unwiederbringlich aufgebraucht und/oder zerstört. Immer mehr Produkte, die mehr schaden als nützen werden produziert. Allerdings sitzen in der Regel die Menschen, welche einen Nutzen aus dieser Entwicklung ziehen können in den reichen, und die Menschen, die die Nachteile tragen müssen, in den armen Ländern.

      Dazu kommt, dass die wertvollste Ressource, die Freiheit des Menschen, einer Datenabsaug- und Überwachungsmentalität geopfert wird. Das Internet wird zur Vollendung des Gedankens, den Menschen zum Gewinnlieferanten der Wirtschaft, auf eine Ware zu reduzieren. Es ist eine neue Form des Sklavenhandels: Die Natur und der Mensch werden versklavt, wobei es der menschliche Sklave möglichst nicht bemerken soll. Dazu mehr im Abschnitt„3. Der Verbrauch von Ressourcen zerstört unseren Lebensraum“.

      Der endlose Fortschrittsbegriff führt zu der Vorstellung eines endlos möglichen Wirtschaftswachstums. Wachstum jedoch resultiert aus zusätzlichem Umsatz, den irgendjemand als Abnehmer bezahlen muss. Endloses Wachstum führt somit zu endlosem Umsatz und dieser wieder zu endlosen Geldmitteln. Da es diese nicht gibt, besteht der Lösung darin, die Geldmengen zu steigern und endlos Kredite zu gewähren. Der Schritt zur Überschuldung ist die logische Konsequenz. Nachdem aber Endlosigkeit bestenfalls als Vorstellung und nicht in der Realität existiert – jede überschießende Entwicklung führt zum Kollaps – gibt es weder endloses Wachstum noch endlose Geldmittel. Dazu Daten und Entwicklungen im Abschnitt „4. Das Schuldenwachstum für das Wirtschaftswachstum“.

      Jene Menschen, die in der Wirtschaft erfolgreich sind, können tatsächlich ein höheres Einkommen und einen Zuwachs an materiellen Gütern erzielen. Was passiert aber, wenn ihre Arbeitskosten zu teuer werden und die Produkte in Billiglohnländern oder durch Roboter hergestellt werden? Der Kreislauf zwischen dem Arbeitsverdienst und den Ausgaben der bisher arbeitenden Menschen bricht mit den Folgen der Verarmung auseinander. Die sogenannte Dienstleistungswirtschaft kann dieses Problem nicht lösen. Eine Wirtschaft, welche den Kreislauf zwischen Käufer und Verkäufer, zwischen Einkommen und Umsatz, nicht berücksichtigt, kann niemals nachhaltig funktionieren. Der Abschnitt: „5. Wirtschaft ist ein Kreislauf“ zeigt diese katastrophale Logik des Wirtschaftssystems auf.

      Die unbegrenzte Gewinnmaximierung als Ziel der Wirtschaft führt zwangsläufig dazu, dass jene von dieser Gewinnmaximierung profitieren, die mehr an Geld und Vermögenswerten besitzen. Allen anderen geht es dementsprechend schlechter. Es ist die alte Auseinandersetzung zwischen dem Kapital einerseits und der menschlichen Arbeit anderseits: Je weniger menschliche Arbeit kosten darf, je mehr diese durch Maschinen ersetzt wird, desto mehr steigt die Rendite auf das eingesetzte Kapital. Jene, die über Einkommen aus Kapital verfügen, sind daher in einer besseren Lage, als jene, die nur Einkünfte aus menschlicher Arbeit erzielen. Auch wenn in Billiglohnländern neues Einkommen für die dortige Bevölkerung geschaffen wird, so ist das lediglich ein temporärer Nebeneffekt auf dem Weg, die Kapitalrendite zu steigern. Die Ungleichheiten, wie sie früher vor allem durch die Konzentration des Grundbesitzes und heute durch Konzentration des Kapitals verursacht wird, wachsen und destabilisieren die Gesellschaft. Lesen sie mehr dazu im Abschnitt „6. Die Ungleichheit“.

      Fortschritt im Sinne der Wirtschaft degeneriert das menschliche Leben zum Produktionsfaktor. Dies stellt eine ungeheuerliche Abwertung des Lebens dar. Das Verständnis menschlicher Arbeit wird so durch autoritäre Erfahrung, Unterdrückung und Ausbeutung bestimmt. Arbeit als Produktionsfaktor zu betrachten ist bis heute ein unkritisch übernommener Teil der Volkswirtschaftslehre. Sie ist Ausdruck einer lediglich auf die Ökonomie der Kaufleute begrenzte Betrachtung. Wie der Bauer sein Vieh einschätzt, so wird von der Wirtschaft der Mensch als Arbeitstier (bis auf wenige Ausnahmen) gesehen.

      Vermutlich liegt der Fehler im ursprünglichen Ansatz, die Wirtschaft von der Gesellschaft getrennt zu betrachten.

      Diese Ausbeutung wird von Wirtschaft und Gesellschaft geschönt und maskiert. Scheinbar sehen auch die Gewerkschaften das Grundproblem nicht und versuchen lediglich die Bedingungen dieser Ausbeutung zu verbessern.

      Die Qualität der Arbeit als Element einer sinnstiftenden und befriedigenden Lebensführung geht dabei verloren.

      Quantitative Leistungsvorstellungen, die immer mehr aufgesplitterte Arbeitsteiligkeit, der häufige Orts- und Arbeitgeberwechsel, die Degradierungserfahrungen einer Kündigung, der Arbeitslosigkeit, verhindern jene Befriedigung, die aus der Arbeit selbst, aus der Identifikation mit den eigenen Fähigkeiten und der eigenen Leistung, aus der Freude an der Zugehörigkeit zu einer Gruppe von Menschen, erwachsen könnte.

      Wie soll aber ein Mensch Selbstverantwortung übernehmen, wenn er sich mit dem, womit er die meiste Zeit seines Lebens verbringt, nicht identifizieren kann? Durch eine derartige Domestizierung von Menschen beginnen Demokratie und Wirtschaft einander auszuschließen.

      Ebenso wird Bildung verfälscht und auf die Vorbereitung für die Tätigkeit in der Wirtschaft reduziert.