Unheimliche Tage II. Martin J. Ost. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Martin J. Ost
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847698319
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dazu. Sie verschwand wieder in der Küche und kam mit zwei Tellern für uns beide zurück. Noch einmal ging sie in die Küche und brachte jetzt eine Flasche Wein und zwei Gläser mit. Sie sah Christine an. „Möchten Sie Wein?“ - „Danke. Ich glaube ein Schluck ist im Moment nicht verkehrt.“ Angelika stellte ein Glas vor ihr ab und füllte es. Das zweite Glas reichte sie mir. „Trinken Sie keinen Wein?“ fragte Christine sie. „Ich würde gerne, aber ich stille noch.“ Danach herrschte für eine Weile Schweigen. Angelikas Essen war wie immer gut. Im Geiste verglich ich die Kochkünste der beiden Frauen. Beide waren gute Köchinnen, Angelika war vielleicht noch etwas besser. ‚Hör auf damit, was soll das? Willst Du jetzt eine Checkliste aufstellen und dann die Frau nehmen, die die meisten Punkte hat?’ ging ich mit mir selbst ins Gericht. ‚Aber Du hast jetzt ein großes Problem, wie willst Du das denn lösen?’ fragte eine andere Stimme. „Ich weiß es nicht“, sagte ich auf einmal laut. Die drei Frauen sahen mich fragend an. „Entschuldigung, ich habe laut gedacht. Das war wohl eine Stressreaktion.“ Es schellte. „Vielleicht ist das Kando“, meinte Freya. Ich sah aus dem Fenster. „Nein. Es ist unsere liebe Nachbarin, Frau Amann.“ - „Die will nur die Pflanze abholen, gibst Du sie ihr bitte?“ rief Angelika aus der Küche, in die sie gerade hinüber gegangen war. Ich ging auf den Flur, schnappte mir den Topf mit dem Flieder und öffnete die Tür. „Guten Abend, Herr Caldenberg“, sagte Frau Amann und trat an mir vorbei ins Haus. Ich hielt den Topf hoch. „Hallo, ich habe Ihren Flieder schon hier.“ Sie reagierte nicht und steuerte unbeirrt auf das Wohnzimmer zu. Auch das noch! Ärgerlich lief ich hinter ihr her. „Entschuldigen Sie, aber wir haben Besuch.“ Mit einem seltsamen Lächeln sah sie mich an. „Genau deswegen bin ich hier. Sie gestatten?“ Mit diesen Worten setzte sie sich. Gleichzeitig lösten sich ihre Umrisse lautlos auf. Vor uns saß Kando. „Nun, wie hat Ihnen meine Verkleidung gefallen?“ fragte er uns im Plauderton, als sei dies das Selbstverständlichste auf der Welt. Angelika, die in der Tür zur Küche stand, löste sich als Erste aus der Erstarrung. Sie funkelte Kando an. „Was haben Sie mit Frau Amann gemacht?“ - „Ganz ruhig, Frau Caldenberg. Ihr ist nichts geschehen. Sie liegt im Keller ihres Hauses auf einem Sofa und schläft bis übermorgen. Wenn sie dann wach wird, wird sie einen ordentlichen Kater haben und ein paar leere Weinflaschen vor sich finden,“ er brachte so etwas wie ein Grinsen zustande, soweit das einem Bakarer überhaupt möglich war. „Sie sind pervers“, Angelika war stinksauer, während ich mir eine gewisse Schadenfreude nicht verkneifen konnte. Auch Christine, die vorher noch nie einen Bakarer gesehen und einen mächtigen Schrecken bei der Verwandlung von Kando bekommen hatte, grinste jetzt ein wenig. Sie hatte sich immer ein wenig vor der klatsch-und tortensüchtigen Nachbarin gefürchtet. „Es ist nur eine kleine Revanche“, sagte Kando. „Eigentlich sollte sie nur ein wenig schlafen, während ich in ihrer Gestalt einmal an einem dieser so genannten Kaffeekränzchen teilnehmen wollte. Schließlich bin ich ja gehalten, meine kulturellen Kenntnisse über die Erdbewohner und insbesondere die Deutschen zu erweitern. Also habe ich mir die Daten ihres nächsten Termins beschafft und bin an ihrer Stelle dort hingegangen. Es war schrecklich. Nicht nur, dass in dem Haus der Gastgeberin die Türen sehr niedrig waren, ich musste mich bei meiner Größe ständig bücken; denn auch wenn ich durch eine Projektion als Frau Amann kleiner erscheine, bleibe ich so groß wie ich bin. Es gab daher auch schon einige verblüffte Gesichter beim Händeschütteln, da auch hier die Proportionen nicht ganz stimmten. Das isst sowieso eine blödsinnige Angewohnheit von Euch Erdenbewohnern, die ihr abschaffen solltet. Die einzigen Lebewesen, die dadurch Problem bekämen, wären Eure Viren und Bakterien, die nicht mehr so schnell übertragen würden. Am schlimmsten war jedoch der Kuchen. Ich habe ja schon das eine oder andere irdische Nahrungsmittel probiert, die schmecken alle nicht besonders für mich, aber Kuchen ist wirklich schlimm. Nachdem ich mit Mühe und Not ein Stück davon vernichtet hatte, wurde mir immer mehr davon aufgedrängt. Den Gesprächen konnte ich entnehmen, dass diese Amann immer vier bis fünf Stücke von diesem Teufelszeug in sich hineinsteckt. Um nicht allzu sehr aufzufallen musste ich wohl oder übel drei Stück Kuchen essen und mehrere Tassen nicht minder scheußlichen Kaffee trinken. Dann redete ich von Übelkeit um keine weitere Kuchenstücke mehr in mich hineinstopfen zu müssen. In der Tat war mir auch irgendwie unbehaglich zumute. Dafür habe ich der Amann jetzt einen Alkoholkater besorgt.“ - „Sie mussten da doch nicht hingehen. Jetzt bestrafen Sie andere Leute für Ihre eigene Dummheit“, sagte Angelika kopfschüttelnd, „und wieso können Sie da überhaupt mitreden? Haben Sie auch noch ihre Gedanken ausspioniert?“ - „Das ging eben nicht anders. Sie regen sich übrigens viel zu viel über Kleinigkeiten auf.“ - „Das sind keine Kleinigkeiten!“ - Nein? Gut, sprechen wir eben von Mentalitätsunterschieden zwischen zwei völlig verschiedenen Rassen. Erwarten Sie nicht, dass Ihre Standards für mich verbindlich sind. Die USA, die ja angeblich Freunde der Deutschen sind, kümmern sich ja auch nicht um moralische Standards wie sie Ihnen und Ihren Landsleuten vorschweben“ - „Entschuldigen Sie, großer Meister, wie konnte ich das nur vergessen? Aber Sie haben hier ein verdammtes Chaos angerichtet. Wofür? Was wollen Sie?“ Ich war überrascht. Angelika war immer sehr beherrscht und normalerweise brachte sie nichts aus der Ruhe. Aber Christines plötzliches Erscheinen und ihre Forderung, das Haus zu räumen musste doch an ihren Nerven gekratzt haben. Kando fiel das offensichtlich auch auf. „Bei unserem letzten Zusammentreffen waren Sie wesentlich umgänglicher. Gehe ich Recht in der Annahme, dass Ihre momentane gereizte Verfassung etwas mit Ilse Erhardt alias Christine Caldenberg zu tun hat?“ Ohne eine Antwort abzuwarten fuhr er fort. „Damit kommen wir gleich zum Thema. Wenn ich diese Dame nicht vermutlich für eine wichtige Aufgabe brauchen würde, hätte ich ihre Gedächtnisblockade, die sie ihr vorheriges Leben vergessen lies, nicht gelöst.“ Christine sah Kando an. „Ich kann mich an die letzten zweiundzwanzig Monate nicht erinnern. Können Sie mir mehr dazu sagen?“ - „Ja, Sie haben als Ilse Erhardt in Marburg gelebt und waren dort auch verheiratet, übrigens mit dem ehemaligen Mann Ihrer Nachfolgerin“, er wies auf Angelika, „den wir in derselben Art aus dem Verkehr gezogen haben wie Sie.“ – „Diese Frau ist nicht meine Nachfolgerin, sie wird gehen müssen.“ Angelika ignorierte diese Bemerkung. Sie wandte sich an Kando. „Und was haben Sie nun mit meinem Ex-Mann gemacht? Ihm einen dritten Lebenslauf verpasst?“ - „Genau das. Es ist das mildeste Mittel gewesen, und nach Möglichkeit greifen wir zu diesen. Aber ich möchte jetzt zur Sache kommen. Bitte hören Sie mir alle zu: Wir Bakarer stehen vor einem Problem, das wir so noch nicht hatten. Wir haben vermutlich zum ersten Mal in unserer Geschichte einen Konflikt mit einer anderen raumfahrenden Rasse.“ - „Wieso sagen Sie „vermutlich“? Wissen Sie nicht, ob Sie Krach mit Angehörigen eines fremdem Volkes haben, wenn die Ihnen die halbe Raumstation über Zwielicht demoliert haben?“ - „Freya hat Ihnen also schon davon erzählt. Die Schäden an der Raumstation sind tatsächlich durch erhebliche Gewalteinwirkung entstanden und wir vermuten, dass die Urheber intelligente Wesen nicht bakarischer Herkunft sind. Es ist sogar möglich, dass diese uns technisch weit überlegen sind.“ ‚Wie schön’, dachte ich, ‚Dann kommst Du arrogantes Arschloch endlich mal zurück auf den Teppich.’ „Ich kann mir schon vorstellen, was Sie denken“, fuhr Kando fort und sah mich an. „Denken Sie immer daran, die Erde befindet sich seit tausenden von Jahren in unsrem Einflussbereich und wir lassen Sie bis auf wirklich geringfügige Ausnahmen völlig in Ruhe. Die Menschen allein entscheiden, ob sie diesen Planeten in die Luft jagen oder in ein Paradies verwandeln. Wir akzeptieren Ihre Souveränität, obwohl es einfach für uns wäre, sie alle zu unterwerfen. Wir schützen und versorgen die menschliche Kolonie auf Zwielicht. Dann ist es doch wohl nicht vermessen, wenn wir drei Menschen mit für uns wertvollen Fähigkeiten um Hilfe bitten?“ – „Ganz so selbstlos wie sie sich jetzt darstellen, sind sie sicher nicht, “ sagte Angelika, „bei den Menschen auf Zwielicht haben Sie ganz offensichtlich egoistische Hintergedanken. Aber lassen wir das. Wofür brauchen Sie uns und unsere besonderen Fähigkeiten? Und welche Fähigkeiten hat sie?“ Ihre rechte Hand deutete auf Christine. „Das sollen Sie jetzt erfahren. Ich versuche dabei, mich auf das Wesentliche zu beschränken.“ Kando blickte bedeutungsvoll über die Anwesenden. Trotz seines fremdartigen Aussehens wirkte diese Geste durchaus menschlich. Er fuhr fort. „Vor gut drei Wochen Ihrer Zeitrechnung materialisierte sich plötzlich neben einem unserer größten Raumschiffe ein riesiges unbekanntes Objekt. Es war von unserem Raumschiff lediglich zweitausend Kilometer entfernt. Normalerweise erfassen unsere Ortungsinstrumente Gegenstände in dieser Größenordnung bereits in Entfernungen von Zig-Millionen Kilometern, aber bei diesem Objekt war das nicht