Max Hächler stand nun hinter dem Stuhl seiner Frau.
„Warum sind sie nicht draußen und suchen meine Tochter?“, zischte er gerade, als Röllin den Raum betrat. Wut konnte der Ermittler verstehen und auch akzeptieren. Die Lethargie der Mutter war schwerer zu ertragen. Doch er sagte nichts, sondern legte das Heft auf den Tisch.
„Ihre Tochter hat eine Geschichte über ein vernachlässigtes Kind geschrieben, könnte sie sich so gefühlt haben?“ Er gab sich Mühe, seiner Stimme einen neutralen Klang zu geben.
„Seit Selina die Schule gewechselt hat, hat meine Frau mehr Stunden gearbeitet. Vielleicht hat sie sich manchmal allein gefühlt. Aber trotzdem würde sie nicht einfach weglaufen.“
„Wir werden jetzt Selinas üblichen Schulweg abgehen und dann mit ihren Freundinnen sprechen. Können Sie uns bitte die Adressen aufschreiben?“
„Ich hole Ihnen die Klassenliste.“ Viktoria Hächler sprang auf.
„Meine Frau macht sich Vorwürfe. Sie litt nach Selinas Geburt unter starken Depressionen und ging wieder Arbeiten, weil sie die Bestätigung braucht.“ Max Hächler hatte seine Stimme zu einem Flüstern gedämpft. Röllin nickte. Nun machte das seltsame Verhalten der Frau Sinn für ihn. Sie riss sich zusammen, um nicht zu zerbrechen.
„Sollen wir Ihnen psychologische Hilfe schicken?“
„Das ist sehr freundlich, aber ich kontaktiere meine Psychologin. Das ist mir lieber.“ Anscheinend hatte die wieder eingetretene Frau Hächler mitbekommen, dass die Beamten eingeweiht wurden.
„Ganz wie Sie meinen.“
„Ich habe Ihnen die Freunde meiner Tochter markiert. Aber ich hatte in letzter Zeit das Gefühl, dass sie sich von ihren Freundinnen distanziert hat. Zumindest kamen sie seltener hierher zu Besuch, als früher. Aber vielleicht war Selina öfter bei ihnen.“ Jetzt brach die Frau wirklich in Tränen aus.
„Wenn Selina weggelaufen ist, ist es meine Schuld. Sie musste doch gedacht haben, ich hätte sie nicht mehr so lieb, weil ich noch mehr arbeiten wollte.“ Ihr Mann nahm sie in den Arm und streichelte tröstend über ihren Rücken.
„Welchen Weg ist Selina denn immer zur Schule gegangen?“
„Die Abkürzung durch das Wäldchen. Obwohl wir es ihr verboten hatten, jetzt im Dunklen dahin zu gehen.“
„Danke für Ihre Mitarbeit. Ich werde mein Bestes tun, Ihre Tochter zu finden.“
Sie verließen mit mehreren aktuellen Fotos die Wohnung.
„Solche Versprechen solltest du lassen. Irgendwann wirst du eines nicht halten können.“ Franziska zündete sich eine Zigarette an, während sie die Straße entlang in Richtung des Waldweges gingen.
„Ich weiß. Aber was hätte ich sagen sollen?“
„Die Wahrheit! Es kann sein, dass das Mädchen weggelaufen ist, aber ebenso wahrscheinlich ist es, dass sie entführt wurde.“
„Das ist mir egal, wir müssen sie finden.“
„Das denke ich doch auch, aber du weißt, dass man Eltern nichts verspricht.“
„Verpetz mich doch, Franziska!“ Wütend stampfte Röllin weiter. Seine Kollegin seufzte und folgte ihm. Der Weg war schlammig und zig verschiedene Spuren vermischten sich im Taschenlampenschein. Röllin erinnerte sich an den Regen vom Mittag. Er schüttelte den Kopf. Hier eine Spur von Selina zu finden, würde ihren Technikern nicht gelingen. Er zückte sein Handy und wählte die erste Nummer auf der Klassenliste, während Franziska Talmann mit einer Taschenlampe bewaffnet den Weg bis zu seinem Ende abging. Doch sie konnte wirklich nichts entdecken, was überhaupt darauf hindeutete, dass Selina Hächler hier entlang gekommen war.
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