Tango unterm Regenbogen. Tilo Braun-Wangrin. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tilo Braun-Wangrin
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753107073
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Lindenstraße entwickelte sich zu unserem Sonntagsritual, die wir immer wie auch diesem Tag, gemeinsam sahen. Danach bereitete ich das Abendessen zu, während Denis mit seinem niedlichen Westi{24} Tommy Gassi ging.

      Dann aßen wir, wuschen ab und sahen die neueste Ausgabe von Polizeiruf 110{25}. In der Nacht besuchte uns Tommy, der die Besucherritze unseres Bettes in Anspruch nahm.

      Am Morgen bereitete ich das Frühstück zu. Denis war wieder mit dem Hund unterwegs und musste dann zur Arbeit fahren. Ich blieb den ganzen Tag allein, arbeitete am Laptop, brachte den Haushalt in Ordnung und fuhr kurz zu mir nach Hause.

      Keine Termine. Keine Verpflichtungen. Es war schön, mal wieder richtig auszuspannen, ohne an andere denken zu müssen. Lange hatte ich keine Zeit dafür gehabt. Jetzt konnte ich Energie tanken. Die brauchte ich auch, da die Bundeswehrzeit fast vorbei war und ich bald wieder bei der Sparkasse zu arbeiten begann.

      An einem Morgen verschliefen wir über eine Stunde. Für mich kein Problem, da ich noch krank zu Hause war. Denis beeilte sich jedoch nicht, da er nun erst zum zweiten Stundenblock zur Berufsschule fuhr. So hatte ich ihn noch ein wenig für mich und wir konnten in Ruhe frühstücken.

      Mein Schatz kam an diesem Tag durch die Schule bereits am frühen Nachmittag nach Hause und wir „chillten“ erst einmal auf seiner „Spielwiese“. Dann präsentierte er mir seine Sammlung über die britische Royal Family. Allein von Lady Diana pflegte er zehn Aktenordner.

      Durch unser kurzzeitiges Zusammenleben entwickelte sich eine gewisse Routine, die zunächst recht spießig anmutete. Aber genau danach sehnte ich mich nach all den einsamen Jahren.

      Nach dem Abendbrot stylten wir uns für einen Kinoabend. Denis musste zunächst einen auffälligen Knutschfleck an meinem Hals kaschieren. Da wir noch Zeit hatten, schlenderten wir, nachdem wir die Karten für den Thriller Mord im weißen Haus gekauft hatten, in Helle Mitte herum.

      Spätabends lagen wir im Bett. Tommy suchte an der Seite nach einem kuscheligen Plätzchen bei uns. Denis verwies ihn jedoch ins Nachbarzimmer. Wir unterhielten uns über unsere Beziehung. Alles lief bisher ganz wunderbar und auch unser Zusammenleben klappte gut. Binnen von Minuten schaffte er es jedoch, mir einen herben Schlag zu versetzen. Er meinte, dass schwule Beziehungen sowieso nicht von langer Dauer wären und man ständig auf der Suche nach neuen Männern sei. Ich war entsetzt. Was hatte ich denn von dieser Beziehung zu erwarten. Ein paar Wochen? Zwei Monate? Enttäuscht drehte ich mich zur Seite und verkündete die Nachtruhe. Obwohl er meine Hand hielt, konnte ich mich schwer beruhigen.

      Tommy lag zwischen uns, als ich in der Morgensonne aufwachte. Mir ging die Unterhaltung vom Vorabend noch einmal durch den Kopf. Denis sprach ja nicht von unserer Beziehung, sondern im Allgemeinen. Deshalb sollte ich der Sache nicht allzu großer Bedeutung schenken.

      Das Telefon klingelte und ich hörte wie Denis durchs Zimmer hechtete. Es waren seine Eltern, die sich aus der Türkei meldeten. Ihnen ging es gut. Beide hatten schon mit Sonnenbrand zu kämpfen. Nach dem Telefonat tapste Denis die Treppe herunter. „Ich dachte wir schlafen heute aus! Als Du vorhin aufgestanden bist, nahm ich an, dass Du gleich wieder ins Bett kommen würdest. Nachdem das nicht der Fall war, dachte ich, Du bist irgendwo umgefallen“, konstatierte er.

      „Ach, ich konnte nicht mehr schlafen und da Du ja ausschlafen wolltest, habe ich Dich einfach in Ruhe gelassen“, antwortete ich.

      Zum Frühstück aßen wir Lachstoast und Fruchtzwerge. Um einiges Geschirr für die Spülmaschine vorzureinigen, begab ich mich zur Spüle. Denis folgte mir. Zärtlich begann er mir von hinten den Hals zu küssen. Schnell drehte ich mich um und erwiderte seine Zärtlichkeiten. „Ich hätte wohl heute Morgen doch bei Dir bleiben sollen? Komm lass uns hoch gehen!“, flüsterte ich ihm leise ins Ohr. Ohne zu zögern wechselten wir den Schauplatz.

      Viel Zeit hatten wir nicht, denn ich musste mich bei meinem Truppenarzt zur Nachuntersuchung vorstellen. Dabei schaute ich bei meinen Bundeswehrkameraden vorbei und ließ mich über die aktuellen Ereignisse informieren. Danny war etwas enttäuscht, dass ich nur auf einen Blitzbesuch vorbeigekommen war. „Nächste Woche bin ich noch einmal zum Auskleiden bei euch“ ermunterte ich ihn.

      Schell fuhr ich nach Neuenhagen zu Denis zurück, der seinen freien Tag hatte und das schöne Sonnenwetter nutzte, um sich zu bräunen. Später fuhren wir zum Supermarkt, um neue Lebensmittel zu kaufen.

      In der Zwischenzeit hatte Denis Arbeitskollegin Lena angerufen, die er bei unserer Rückkehr zurückrief. Sie würde uns am Sonnabend mit ihrem Freund besuchen kommen.

      In der Modebranche erkannten besonders die Damen schneller, ob ein Mann schwul oder hetero ist. So waren Lena und ein paar andere Kolleginnen die ersten, die Denis offen zu seiner Orientierung ansprachen. Diese Coming Outs wurden ihm leicht gemacht. Denn er brauchte nicht widersprechen, als er gefragt wurde, ob er schwul sei.

      Das Treffen sollte der erste Kontakt zu neuen Leuten sein, die von unserer Partnerschaft wussten und es akzeptierten.

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      Denis, mein Hase.

      7. Bekanntschaften

      Wir saßen bereits auf der Terrasse und hatten den Grill befeuert. Das Fleisch brutzelte in seinem Fett. Denis und ich warteten auf unsere Gäste. Es verging über eine Stunde. Langsam wurden wir unruhig. Sollten uns Lena und Nico versetzen?

      Die beiden hatten den Weg nicht gefunden und kamen zu spät. Trotzdem waren wir guter Stimmung. Den ersten Brüller landete Denis. Nico hatte seine Bierflasche umgestoßen. Sofort ergriff mein Freund die Initiative und begann mit einem Wischmopp die Schweinerei zu beseitigen. Ein urkomisches Bild. Wenig später riss Lena beinahe einen Blumenkasten von der Fensterbank. Sie konnte dies jedoch noch rechtzeitig verhindern.

      Denis führte durchs Haus. Dabei überkamen Lena und mich immer wieder neue Lachkrämpfe, die durch ganz verschiedene Situationen ausgelöst wurden. Lena konnte sich kaum noch beruhigen und steckte mich an.

      Meine Stimmung änderte sich jedoch, als Denis mich plötzlich ganz abweisend behandelte. Bei jeglichen Fragen, die ich ihm vor den Augen seiner Freunde stellte, benahm er sich total abweisend oder fuhr mir über den Mund. Warum stellte er mich so bloß? Wahrscheinlich war er sauer, weil ich über ihn gelacht hatte und mich anfangs zu albern benahm. Dabei wollte ich einfach eine lockere Atmosphäre fördern und einen fröhlichen Eindruck hinterlassen.

      Als sich Nico und Lena verabschiedet hatten, schwor ich mir in dieser Nacht kein Wort mehr mit Denis zu sprechen. Den ganzen Abend hatte er sich mir gegenüber unmöglich benommen. Wie konnte er mich in eine derart peinliche Situation bringen? Was sollte unser Besuch jetzt von mir und unserer Beziehung halten?

      Durch die angespannte Lage war für mich die Nacht recht früh beendet. Das Bild war da, der Ton war weg. Wir sprachen immer noch nicht. Es war unser letzter gemeinsamer Tag auf dem Grundstück von Denis Eltern. Während ich mit Tommy Gassi ging, bereitete ich mich auf eine Aussprache mit Denis vor. Ich wollte die Situation klären und die Erniedrigung des Vorabends nicht einfach so wegstecken.

      Ich saß bereits am gedeckten Frühstückstisch und Denis erschien. Der Kloß, der in meinem Hals saß, drohte zu explodieren: „Ich hoffe Du bist heute besser drauf als gestern Abend?“, sagte ich. „Wieso?“, fragte er. Mit bedrückter Stimme und kurz vor einem Tränenausbruch schilderte ich ihm meine Eindrücke seines Verhaltens am Vortag. Es fiel mir schwer, ein solches Gespräch zu führen, da ich noch nie in der Situation war, mit einem Partner ein Kritikgespräch zu führen.

      Denis hatte seinen Blick gesenkt. Reue war ihm anzumerken. Er hörte mir zu und sagte kein Wort. Schnell beendete ich meinen Monolog. Unseren Appetit hatten wir auch verloren.

      Draußen schien die Sonne. Unabhängig voneinander stellten wir die Liegestühle auf und begannen uns zu sonnen. Die angespannte Stimmung zwischen uns war etwas abgekühlt, doch nicht erloschen.

      Als er in das Gartenhaus ging, um sich einzucremen, folgte ich ihm. Drinnen trafen sich