Lover gesucht. Desirée Marten. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Desirée Marten
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742769237
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Ich war hin und her gerissen von meinen Gedanken und Gefühlen und das Schlimmste war, dass ich mit keinem Menschen darüber sprechen wollte, da ich niemandem traute und mich schämte. Ich nahm mir fest vor, nichts zu erzwingen und Geduld zu haben — aber nach so langer Enthaltsamkeit besaß ich nicht mehr viel davon.

      Stehaufweibchen

       Eineinhalb Jahre zuvor

      Mein Hobby gab mir Selbstbewusstsein und innere Ruhe, die ich so dringend brauchte. Von Kindheit an begeisterte ich mich für das Westernreiten und zeichnete zurzeit an einem lustigen Comic über Teenys und Ponys. Peter zeigte nicht viel Interesse an meinem Tun, denn alles, was mit Pferden und Reiten zu tun hatte, interessierte ihn nicht.

      In einer Fachzeitschrift las ich den Bericht eines Pferdetrainers und den Kursen, die er gab. Lagerfeuer, mit Pferden im Fluss schwimmen, treiben einer Kuhherde, Rangordnungsspiele, hörten sich sehr abenteuerlich an und der Typ sah auch noch richtig gut aus ...

      Spontan entschloss ich mich, eine Woche hinzufahren. Peter hatte nichts dagegen, denn meine Mutter passte auf die Mädchen auf. Johanna beneidete mich von ganzem Herzen, da auch sie Pferde liebte, aber gab mir großzügig ihren Segen, da ich auch mal Urlaub von ihnen verdient hätte.

      Also organisierte ich das Notwendige und fuhr voll Vorfreude los.

      Ich verbrachte dort eine unglaublich schöne und interessante Woche und kam glücklich und voll neuer Ideen zurück.

      Sogleich stellte ich einen kleinen Kurs zusammen, um mein erworbenes Wissen weiterzugeben. Endlich hatte ich etwas, das mir hundertprozentigen Spaß bereitete und zu schnellen Erfolgserlebnissen führte. Meine Kreislaufprobleme verringerten sich.

      Ich nahm mir fest vor, dass im neuen Jahr alles besser werden würde. Ich wollte mir ein eigenes Pferd kaufen und arbeiten gehen. Mittlerweile hasste ich es, nur Hausfrau zu sein, dabei bekam ich nur Depressionen. Beschäftigung, die Spaß brachte, hieß das Heilmittel für mich.

      Ein halbes Jahr lang studierte ich diverse Pferdezeitungen und Internetseiten nach Verkaufspferden, bis ich endlich fündig wurde. Peter hielt nicht viel von der Idee, verbot es mir aber nicht, da ich zwischenzeitlich über einen Minijob verfügte. Eine Bekannte hatte mir den Job in einer Rechtsanwaltskanzlei, fünf Kilometer von uns entfernt, vermittelt.

      Johanna flippte fast aus. „Ein eigenes Pferd, wie geil“, jubelte sie und umarmte mich fest. Rebekka hielt sich wie immer mit ihren Äußerungen zurück und Mira freute sich für mich, ihre dunklen Augen glitzerten. Also fuhr ich mit Johanna die knapp hundert Kilometer, um das Pferd anzusehen. Wir verliebten uns spontan in den kleinen Pintowallach Sam und kauften ihn, nachdem der Tierarzt sein Okay gegeben hatte und wir eine vierwöchige Probezeit eingeräumt bekamen.

      Sam stellte sich als unerschöpfliche Energiequelle für mich heraus. Ihm vertraute ich alle meine Sorgen an, ich durfte ihn streicheln, küssen und verwöhnen, er genoss es mit geschlossenen Augen und manchmal brummte er vor Wonne. Die stundenlangen Ausritte in der Natur, die Stille und das harmonische Verbundensein mit Sam, waren Balsam für meine Seele und meine Nerven. Ich schöpfte und schöpfte, bis ich mich zunehmend besser fühlte.

      Peter begutachtete Sam erst nach Monaten. Er gefiel ihm nicht besonders. Er hätte ein stattlicheres Pferd genommen. Die Mädchen verstanden ihren Vater nicht, sie liebten Sam bedingungslos. Der Wallach, sensibel, aufmerksam und nicht schreckhaft, enttäuschte uns in keiner Weise.

      Rund um die Uhr hieß es nun nicht nur Alltagsarbeit, sondern auch noch Stallarbeit und mein Pferd gründlich auszubilden. Somit blieb mir wenig Zeit, darüber nachzudenken, warum Peter sich unverändert abweisend verhielt.

      Gestärkt durch die Tätigkeiten, die mir absolut Spaß bereiteten und die viele frische Luft, startete ich einen erneuten Versuch, mit Peter zu reden.

      „Bist du zufrieden mit unserer Ehe?“, fragte ich ihn ohne Umschweife. Er zog die Augenbrauen zusammen. „Das liegt nicht nur an mir, dass es nicht mehr klappt.“

      Er beklagte abermals mangelnde Sauberkeit im Haus und im Garten und kein Interesse an seiner Arbeit.

      Alles alte Kamellen, die wieder aufgetischt wurden, ohne den eigentlichen Grund zu verraten, warum er sich so abweisend verhielt.

      „Weißt du Peter, ich kann so echt nicht mehr weiterleben, ohne Zärtlichkeit und Anerkennung. Immerhin bin ich noch keine alte Frau. Ich habe Bedürfnisse, die gestillt werden wollen. Ich werde sonst krank — richtig krank!“ Ich verstand die Leute nicht, die behaupteten, es seien immer nur die Männer, die Sex wollten. Ich fühlte mich nach so langer Enthaltsamkeit nur noch als halbe Frau. Meine Gedanken kreisten ständig um das Thema Sex. Ich glaubte davon besessen zu sein, so heftig äußerte sich das Verlangen danach.

      „Ich kann das nicht mehr“, sagte er und blickte auf seine Schuhe.

      „Dann erkläre mir bitte, warum!“

      Peter sah mich niedergeschlagen an, stand auf und verließ das Wohnzimmer. Verzweifelt flogen meine Gedanken in eine andere Richtung: Wie sollte ich als verheiratete Frau einen Mann finden, der mir so gefiel, dass ich mit ihm Sex haben konnte und er keine Besitzansprüche stellte?

      Viele Paare in unserem Bekanntenkreis trennten sich gerade, lebten getrennt oder geschieden. Ich führte Diskussionen mit ihnen, über die Ehe, die wohl nur funktionierte, wenn beide Partner ihre Rollen perfekt spielten. Die Erwartungshaltung der Partner zeigte sich als extrem hoch. Das Miteinander verkümmerte und das Nebeneinander blühte auf. Sich um das Wissen zu bemühen, was den Partner glücklich machte und Opfer zu bringen, war anscheinend out. Keiner zeigte Bereitschaft auf etwas zu verzichten, wollte sich selbst verwirklichen und alles was störte wurde beseitigt. Oft störten die Partner und Ehen zerbrachen. Ich erkannte, dass viele Paare die gleichen Probleme quälten wie uns. Männer fühlten sich vernachlässigt, ihre Arbeit nicht genug anerkannt, obwohl sie für die Familie bis zum Umfallen schufteten. Frauen fühlten sich benutzt, sie erhielten keine Anerkennung und Unterstützung im Haushalt und bei der Kindererziehung. Jeder fühlte sich unverstanden und flüchtete.

      Ich strengte mich ein weiteres Mal an, Peters Wünsche zu erfüllen und verstärkt zu putzen und Ordnung zu halten, aber meine kleinen Hexen machten es mir nicht leicht. Wenn ich morgens alles schön sauber hatte, sah es bis abends wieder schmutzig und unordentlich aus.

      Ich wünschte mir innig einen Verlag zu finden, in der Hoffnung, wenigstens Anerkennung von Peter dafür zu erhalten. Falls ich keinen finden würde, wollte ich meinen Comic im Eigenverlag drucken lassen, das stellte heutzutage ja kein Problem mehr dar.

      Als ich Peter darauf ansprach, reagierte er geschockt, was das kosten würde. Ich sagte ihm, dass ich es auf jeden Fall tun würde und wenn ich dafür einen Kredit aufnehmen musste.

      Er meinte nur, dass ich einen Knall hätte und dass es genug Autoren gab, die sich komplett verschuldet hatten und nie mehr ihre Ausgaben rein bekommen hatten.

      Warum war alles was ich tat unwichtig und seine Angelegenheiten so schwerwiegend?

      Ich sprach mit anderen Leuten über meine Comic-Idee und lernte so einen Grafiker und einen Fotografen kennen, die mir beide helfen wollten. Jeder andere hatte mehr Interesse an mir, als mein eigener Mann — das schmerzte.

      Trotz all des Kummers konnte ich mich noch nicht mit dem Gedanken anfreunden, mich von ihm zu trennen. Die finanzielle Abhängigkeit hielt mich davon ab. Ich liebte das Haus und den Garten. Die Hobbys der Mädchen, mein jährlicher Urlaub und das Pferd kosteten viel Geld.

      Birgit, Ende dreißig, rotblond, fetzige Kurzhaarfrisur, schlank, knallrote Lippen, trug immer schicke, figurbetonende Kleidung. Sie achtete sehr auf ihr Äußeres und drängte mich zu einigen Veränderungen. Sie blondierte mir die Haare, begleitete mich beim Shoppen und schminkte mich dezent. Ich bemühte mich seit einem halben Jahr, meinen fraulichen Körper durch Joggen und Liegestützen zu straffen. Immerhin gelangen mir schon dreimal fünfzehn Frauenliegestützen (die kniend ausgeführt wurden), aber der Speckbauch wollte einfach nicht verschwinden, egal, wie ich mich abmühte.