Lover gesucht. Desirée Marten. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Desirée Marten
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742769237
Скачать книгу
aus.“

      Ich fragte mich, wie gut ich erst aussehen würde, wenn ich glücklich wäre, aber freute mich natürlich, dass ich nicht gerade wie ein Zombie rüberkam.

      Nachdem wir eine Weile geplaudert hatten, schlenderte ich weiter und kam zu dem Entschluss, auch weiterhin ohne Tattoo und Lidstrich gut auszusehen. Eigentlich wusste ich ja, dass positive Ausstrahlung und Humor viel mehr Wert besaßen, als alle Schminke der Welt.

      Ich sah mir die vorübergehenden Männer genau an und stellte mir vor, sie hätten mir auf meine Anzeige geschrieben. Einige blickten mir sogar hinterher, obwohl sie mit ihren Frauen unterwegs waren. Es schmeichelte mir, aber die Vermutung drängte sich auf, dass bei dieser Beziehung auch nicht mehr alles stimmen konnte. Meine Gedanken flogen zu meinen Briefen, speziell zu Jürgens Brief. Sollte ich das Spiel mit dem Feuer wagen und mich bei ihm melden? Schon allein der Gedanke trieb meinen Puls hoch. Sein Foto gefiel mir ganz gut und den Brief fand ich extrem erotisch. Mich störte nur, dass er verheiratet war. Einerseits hatte ich nicht vor, Sex mit einem verheirateten Mann zu haben, andererseits gab es mir die Sicherheit, dass er keine Besitzansprüche stellen würde.

      Nachdem die Mädchen im Bett lagen, duschte ich, zog die neue sexy Wäsche an und High Heels und stolzierte mit glühenden Wangen durchs Wohnzimmer. Peter ignorierte mich. So schnell wollte ich nicht aufgeben und holte ein Buch aus dem Regal über dem Fernseher. Kein Ton von Peter. Er blickte einfach durch mich hindurch. Ich kam mir vor wie ein Idiot. Konnte frau sich noch mehr Blöße geben? Sein Verhalten bestärkte mich im Loversuchen.

      Mein heftiges Verlangen, mich mal wieder so richtig verwöhnen zu lassen, trieb mich am nächsten Tag zum Telefon. Mit Herzrasen stand ich davor und legte mir einen Text zurecht, der meine Unsicherheit überspielen sollte. Tief sog ich den Atem ein, nahm den Hörer auf und wählte Jürgens Handynummer.

      Es läutete zweimal, dann meldete er sich. Ich spürte meinen Puls bis zu den Ohren. Mein Versuch locker zu antworten misslang, denn ich krächzte einen falschen Namen und versuchte dies mit Räuspern zu überspielen. Voll peinlich. Mein Kopf glühte.

      Eine kleine Pause entstand, dann holperte unser Gespräch mühsam voran. Ich erzählte ihm, dass ich mit zwei ganz netten Freundinnen am nächsten Abend vorhatte, ein Irish Pub zu besuchen und er ja auch kommen könnte, aber ja nichts wegen der Anzeige zu Birgit und Helene sagen sollte!

      Er stimmte erfreut zu.

      Ich beschrieb mich noch, bevor ich auflegte. Sofort stellten sich Gewissensbisse ein. Was entwickelte sich hier? Mein Verhalten befremdete mich. War ich zu weit gegangen?

      Nachdem ich ein wenig darüber nachgedacht hatte, fand ich es gar nicht mehr so schlimm und malte mir die heißesten Sexszenen aus. Ich musste es ja echt nötig haben … manche würden es auch notgeil nennen.

      Erregt erwachte ich am nächsten Morgen, betastete sogleich kritisch meinen Körper und befürchtete, dass Jürgen nicht zufrieden sein würde. Bestimmt fand er meinen Busen zu klein, den Bauch zu wabbelig und meinen Hintern zu groß.

      Stöhnend stand ich auf, duschte und zog mich an. Für mein Date würde ich mich selbstverständlich umziehen, tief ausgeschnittener Pulli und hautenge Jeans mit Stiefeln.

      Den ganzen Tag überlegte ich, wie man einen Mann am reizvollsten verführte, denn viel Erfahrung besaß ich nicht. Peter war mein erster und einziger Liebhaber. In dieser Beziehung war ich noch ein unbeschriebenes Blatt. Wie sollte das mit Jürgen überhaupt funktionieren? Wo sollten wir Liebe machen? Bei ihm zu Hause war es nicht möglich, wegen seiner Frau, und bei mir wollte ich es absolut nicht, selbst wenn die Kinder nicht da waren. Na ja, jetzt würden wir uns erst einmal kennenlernen und dann entscheiden, ob wir uns überhaupt noch einmal treffen wollten.

      Am Nachmittag konnte mich nur schlecht auf die Schulprobleme von Johanna und Rebekka konzentrieren und ließ einen Teller beim Einräumen der Spülmaschine fallen.

      Die Mädchen schüttelten tadelnd den Kopf. „Mama, Mama, du musst besser aufpassen.“ Da hatten sie nicht ganz unrecht. Ich war so aufgeregt und nervös wie ein junges Mädchen bei seinem ersten Date, aber wahrscheinlich war sogar das viel cooler als ich.

      Viel zu früh duschte ich, schminkte mich und besprühte mich dezent mit Parfüm. Zufrieden mit meinem Spiegelbild setzte ich mich zu Peter ins Wohnzimmer und wartete auf Birgit und Helene.

      Helene, vierunddreißig, glückliche Ehe-, Hausfrau und Mutter, zählte mit Birgit zu meinen besten Freundinnen. Sie trug ihre glatten, langen Haare immer offen und war grundsätzlich stark geschminkt und frisch gefärbt, Aubergine war ihre Lieblingshaarfarbe. Auch nach der Geburt ihrer Zwillinge konnte sie nicht über ihre Figur meckern. Ihr Mann war eine Seele von Mensch, der ihr jeden Wunsch erfüllte. Sie besaß immer gute Laune und verfügte über unendlich viel Geduld. Ich bewunderte sie dafür.

      Peter fixierte den Bildschirm und würdigte mich keines Blickes — charmant wie immer. Heute gelang es mir, seine Kaltherzigkeit zu ignorieren. Ich war viel zu aufgeregt …

      Pünktlich klingelte es, ich schlüpfte in meine High Heels und wir fuhren fröhlich davon. Ich hatte niemandem ein Sterbenswörtchen über mein Date verraten, denn das wäre mir sehr unangenehm gewesen.

      Im Pub angekommen suchten wir uns einen freien Tisch. Durch die Anwesenheit von Birgit und Helene war ich nicht ganz so nervös. Unwohl warf ich einen Blick in die Runde, konnte ihn aber nicht entdecken.

      Ich musste auf die Toilette und bahnte mir einen Weg durch die Menge. Plötzlich stand er vor mir. Der Schreck durchzuckte mich wie heiße Lava. Mit brennenden Wangen eilte ich an ihm vorbei. Oh mein Gott, war ich jetzt aufgeregt. Mein Puls raste. Was sollte ich nur tun?

      Zögernd schlich ich an unseren Tisch zurück und betrachtete ihn aus sicherer Entfernung. Er gefiel mir nicht besonders, breites Gesicht, braune Locken, sinnlicher Mund, und ein Bauchansatz zeigte sich unter seinem weißen Hemd. Das Foto musste schon einige Jahre alt sein. Hässlich fand ich ihn zwar nicht, aber auch nicht anziehend. Fairerweise wollte ich mich zu erkennen geben und ging zu ihm. Mein Herzschlag erhöhte sich mit jedem Schritt. „Hallo, bist du der Jürgen?“

      „Ja, und du musst Michelle sein.“ Höflich reichten wir uns die Hände. Sein Händedruck fühlte sich weich, kraftlos und ein bisschen feucht an.

      „Ich wollte mir gerade was zu essen holen“, erklärte ich und wandte mich in Richtung Theke. Jürgen folgte mir. Ich spürte seinen Blick im Rücken. An der Theke stellte er sich dicht neben mich und lächelte. Dabei entblößte er eine Reihe ungepflegter und verfärbter Zähne. Bestimmt rauchte er. Gequält erwiderte ich sein Lächeln und stellte fest, dass er überhaupt nicht meinem Typ entsprach, von Nahem noch weniger als von Weitem. Wie sollte ich mich jetzt unauffällig aus der Affäre ziehen, ohne ihn zu verletzen?

      Wir redeten über Belanglosigkeiten, bis mein Essen kam.

      „Ich muss jetzt wieder an meinen Platz, sonst machen sich meine Freundinnen Sorgen“, sagte ich, heilfroh, dass die zwei dabei waren. Eine schreckliche Situation. Jürgen setzte sich an einen Tisch hinter uns. Ich spürte, wie er mich anstarrte, und nach einer Weile — als ich zu ihm hinsah — gab er mir Zeichen, dass ich nach draußen kommen sollte.

      Ich schüttelte meinen glühend heißen Kopf. Sein ernster und herausfordernder Blick ließ Panik in mir aufsteigen und ich überredete hastig Birgit und Helene, in eine andere Kneipe zu gehen. Zum Glück klappte es, ohne dass sie Verdacht schöpften.

      Als ich an ihm vorbeiging, gab er mir Zeichen, dass wir telefonieren sollten. Ich nickte und verließ fluchtartig das Pub. Auf der Straße atmete ich tief durch und schwor bei meiner Seele, es so nicht noch einmal zu versuchen. Was sollte ich jetzt tun? Sollte ich ihn anrufen und Bescheid sagen oder mich einfach nicht mehr melden? Am liebsten wollte ich mit dieser Sache nichts mehr zu tun haben. Ich würde einfach abwarten. Da konnte mein Verlangen noch so groß sein, mit irgendeinem wollte ich es sicher nicht stillen. Ich speicherte es als eine wichtige Erfahrung ab.

      Ich wusste sowieso nicht, ob ich es psychisch aushalten könnte, fremd zu gehen. Sicher wäre die Belastung so hoch, dass es mir keinen Spaß bereiten würde. Eine schrecklich verfahrene Situation mit plagenden