Lover gesucht. Desirée Marten. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Desirée Marten
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742769237
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da ich das Unkraut in der Hauseinfahrt dringend jäten musste. Ich hasste das, aber erhoffte mir dabei Ablenkung von meinen trüben Gedanken. Ich hatte mir noch ein weiteres Kind gewünscht, eines zum Genießen, da unsere drei Mädchen mit ihren fünf, sieben und elf Jahren, schon aus dem Gröbsten raus waren, und ich — unzufrieden mit meinem Hausfrauendasein — sehnte mich nach einer neuen Herausforderung. Langeweile kannte ich zwar nicht, denn ich hatte erdrückend viel Haus- und Gartenarbeit, aber es war eine Beschäftigung, die mir auf Dauer keine Befriedigung gab, besonders, weil ich keine Anerkennung dafür erhielt. Ein süßes Baby hätte Licht und Liebe in meinen Alltag gebracht und nun war wieder nichts. Ich legte die Hand auf meinen schmerzenden Unterleib. Mir ging‘s total beschissen und Peter dachte nur an die bescheuerten Salatpflanzen.

      Die angeknackste Harmonie riss weitere Male, nachdem Peter einen gut bezahlten Job in Schweden annahm, der es ihm nur alle paar Wochen ermöglichte heimzufliegen.

      „Könnt ihr nicht mal eure Schuhe aus dem Weg räumen? Hier sieht's aus wie im Saustall“, murrte er übellaunig, kaum dass er am Freitagabend zur Haustür hereinkam, und kickte die Schuhe der Mädchen zur Seite.

      Ich sah ihn befremdet an. Wir hatten uns so auf ihn gefreut, wollten uns mitteilen und Zärtlichkeit austauschen. Die Mädchen begrüßten ihn freudig und plapperten alle durcheinander.

      „Ich bin gestresst, kann ich bitte meine Ruhe haben“, forderte er regelmäßig und flüchtete schweigend vor den Fernseher. Wir blickten uns verständnislos an.

      „Der ist heute mal wieder drauf … Ich muss noch Gitarre üben“, meinte Johanna und verzog sich in ihr Zimmer.

      „Voll der Stinkepeter“, flüsterte Mira ihrer Schwester zu. Ich überhörte es geflissentlich.

      Nachdem Peter sich erholt hatte, packte er seine Sportsachen. „Ich geh jetzt Fußball spielen und danach trinken wir noch was im Bierbräu.“

      Wut stieg in mir auf, aber anstatt ihm meine Meinung zu sagen, schluckte ich meinen Frust hinunter und sah ihn nur vorwurfsvoll an. Schon damals hätte ich ganz anders reagieren müssen, aber so war ich nun mal: ein zartes Pflänzchen.

      Am Samstag musste er noch einige Arbeiten für sein hiesiges Büro erledigen und wollte abends wieder in Ruhe fernsehen. Ich musste — wie jeden Abend — die Mädchen ins Bett bringen und er kam kurz zum Gutenachtküsschengeben.

      Monatelang verhielt er sich so abweisend und mürrisch und wir lebten uns immer weiter auseinander. Körperlicher Kontakt wurde zum Fremdwort. Unsere Gespräche versiegten und ich hasste die Geschäftsleute, mit denen Peter stundenlang telefonierte, und die Nachbarn, mit denen er sich unterhielt. Neidisch und aggressiv gönnte ich niemandem die Aufmerksamkeit, die er uns vorenthielt. Meine Aggressivität und Unzufriedenheit wuchsen wie bösartige Geschwüre.

      Ich hoffte von ganzem Herzen, die vergiftete Stimmung durch einen gemeinsamen Urlaub bereinigen zu können. Geplant war zwar nur eine Woche in einem Ferienhaus in Frankreich, in dem wir schon seit Jahren unsere Urlaube verbrachten, aber es könnte ja ein Anfang werden … peut-être.

      „Ich geh jetzt joggen“, verabschiedete sich Peter bald nach unserer Ankunft und griff nach dem Schlüssel des Ferienhauses. Ich blickte ihm ungläubig hinterher. Der Urlaub fing ja gut an, ich musste mal wieder die Mädchen ins Bett bringen.

      Während ich den dreien eine Geschichte vorlas, überlegte ich, wie ich Peter wieder näherkommen konnte. Ein gemeinsames Schaumbad wäre sicher keine schlechte Idee.

      Summend und voll Vorfreude ließ ich das Wasser in die Wanne und warf eine blumig duftende Badekugel hinein. Ich suchte ein paar Kerzen zusammen und stellte sie im Badezimmer auf.

      Nach einer halben Stunde stieg ich frustriert allein in die Wanne.

      Wo steckte er denn nur? Ein Kloß bildete sich in meinem Hals. So lange konnte er ja nicht joggen sein. Warum klappte einfach gar nichts?

      Ich setzte mich im Bademantel ins Wohnzimmer, entkorkte eine Flasche Rotwein und griff nach einer Tafel Schokolade. Lecker, die mit ganzen Mandeln. Mit vollem Mund zappte ich durchs Programm und blieb bei einem Liebesfilm hängen. Bei der Bettszene entfuhr mir ein tiefer Seufzer. Rasch drückte ich ein Programm weiter.

      Nachdem ich das zweite Glas geleert hatte, rief ich besorgt bei Bekannten an, die in der Nähe wohnten.

      „Ja, Peter ist hier. Wir trinken ein Glas Wein zusammen, da wir uns so lange nicht gesehen haben.“

      Heiße Wut trieb meinen Puls in die Höhe. Er ließ mich einfach hier sitzen und amüsierte sich mit Angelique und Pierre — wie zu Hause. Ich knallte den Hörer auf die Gabel des altmodischen Telefons und hatte das dringende Bedürfnis, etwas zu zerschlagen. Mit einer zackigen Bewegung schnappte ich mir den Korken und pfefferte ihn gegen die Wand. Aber das brachte nicht wirklich Erleichterung, also füllte ich mein Glas ein weiteres Mal, kippte es hinunter und aß die ganze Schokolade auf. Mir wurde mulmig und heiß. Der Zorn wich tiefer Traurigkeit. Gefangen im Tränental der inneren Leere und krank vor Sehnsucht, kauerte ich schluchzend auf der Couch und zerknüllte ein nasses Taschentuch nach dem anderen. Was war nur geschehen? Konnte nicht alles wieder wie früher sein? Was machte ich nur falsch? Ich liebte ihn doch so sehr. Wenn ich ihm nur forscher entgegentreten könnte, aber ich war nun mal ein Profi im In-mich-Hineinfressen.

      Aufgelöst und mit beißendem Sodbrennen legte ich mich ins Bett und wälzte mich noch lange von einer Seite zur anderen.

      Erst am nächsten Morgen sah ich ihn wieder. „Sag mal, kannst du nicht wenigstens anrufen und mir Bescheid geben? Ich dachte, du liegst irgendwo schwer verletzt im Wald.“ Aufgebracht starrte ich in sein schmales, glatt rasiertes Gesicht, das braune Locken umrahmten.

      Er sah mich verständnislos an. „Was sollte mir schon passieren, du spinnst ja.“

      In mir brodelte es. Es fiel mir schwer, die Widerworte hinunterzuschlucken, aber ich wollte, rücksichtsvoll wie ich war, unseren Urlaub nicht komplett verderben und vor den Kindern einen Streit anfangen. Gekränkt dachte ich an das verpasste Badevergnügen — und was sich daraus hätte entwickeln können — und fühlte mich mies, klein und hilflos.

      Kaum waren wir vom Urlaub zurück, schloss ich mich ins Klo ein und rief Birgit an. Unter Tränen schüttete ich ihr mein Herz aus. „Jeden Abend, an dem Peter mit Anwesenheit glänzt, egal ob Urlaub oder nicht, verbringt er mit Fernsehen oder Arbeit, sodass wir nie gemeinsam schlafen gehen. Wenn ich ihn küssen will, dreht er belästigt den Kopf weg oder fragt provokativ, was ich will. Birgit, es tut so weh, ganz tief drin, mitten in der Seele, verstehst du? Und es schmerzt höllisch. Ich versteh das nicht. Meinst du, Peter liebt mich überhaupt noch? Vielleicht hat er ja eine andere, eine junge, blonde Schwedin.“ Schluchzend riss ich ein Stück Klopapier ab und schnäuzte hinein.

      „Bestimmt liebt er dich noch, sonst wäre er ja nicht mehr mit dir zusammen, aber ich würde mir das an deiner Stelle nicht gefallen lassen. Es ist seine eheliche Pflicht, mit dir zu schlafen. Du musst ihm mal gehörig deine Meinung sagen“, sagte sie in energischem Tonfall.

      „Du verstehst das nicht. Ich will die wenige gemeinsame Zeit nicht durch ständiges Nörgeln und Streiten verderben und ihn zu körperlichem Kontakt zwingen. Mal abgesehen, dass das sowieso nicht möglich wäre.“

      „Na ja“, brummte Birgit, „die Männer machen es ja oft genug genauso mit uns Frauen.“

      „Versteh mich doch! Und wenn es nicht von Herzen kommt, fühle ich mich noch schlechter.“

      „Wenn du meinst, dass er eine andere hat, dann flieg doch mal überraschend nach Schweden.“

      „Ich kann doch nicht einfach mal nach Schweden fliegen! Das wäre schon ein großer Zufall, ihn gerade dann in flagranti zu erwischen. Außerdem habe ich gar keinen Schlüssel von seiner Wohnung.“

      „Ja, ja ich weiß, du leidest lieber und hoffst auf Besserung, du liebes Engelchen.“

      Mir setzte seine Gefühlskälte extrem zu, mal litt ich unter Schlafstörungen, dann unter Appetitmangel und am nächsten Tag futterte ich Süßigkeiten in mich rein,