Die dunkle Seite der Seele. Dorle Weichler. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dorle Weichler
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738021363
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auf sie zu kam! Es waren Elefanten, riesige Elefanten mit gewaltigen Stoßzähnen! Drei mal zwei Tiere jeweils hintereinander und nebeneinander gekettet mit riesigem, schwerem Geschirr aus purem Gold! Und sie zogen einen goldenen Streitwagen, der so groß war, dass er hinter den Elefanten noch zu sehen war! Und die Peitsche schwang eine Frau, die von einer außergewöhnlichen, blendenden Schönheit war! Goldblonde Locken flogen um ihr wunderschönes Gesicht, das jetzt aber zu einer grausamen Fratze verzehrt war! Ihre blauen Augen, blauer noch als das edle Gewand das sie trug, blitzten, zornig und hasserfüllt! „Wo bist du, verdammtes Weib? Glaub ja nicht, dass du dich vor mir verstecken kannst! Ich finde dich! Egal, wo du auch glaubst, dich verkriechen zu können! Ich will dich, und ich werde nicht eher ruhen als bis ich deinen blutigen Kopf in meinen Händen halte!“

       Und plötzlich war Lena sich sicher, dass diese grausame Gestalt nur der Teufel selbst in der Verkleidung einer schönen Frau sein konnte! Ob sie wollte oder nicht, sie fing wieder hemmungslos an zu weinen! Sie war allein, allein mit ihrer Angst vor dem, was noch passieren könnte! Und der Angst, nichts mehr zu wissen! Nicht einmal ihr eigener Name fiel ihr ein. Sie war allein und verloren inmitten eines grauenvollen Geschehens! Und kein Mensch weit und breit der ihr vielleicht hätte helfen können!

       *****

      Doch mit einem Mal war alles vorbei! Sie keuchte immer noch und ihr Herz raste! Tränen liefen ihr auch noch immer übers Gesicht und die Angst schnürte ihr fast die Kehle zu. Aber es war plötzlich sehr ruhig! Regelrecht unheimlich ruhig! Fast wie in einer Grabkammer! Hatten sie sie gefasst und umgebracht? Was war denn jetzt wieder passiert?

      Sie versuchte mühsam, sich zu beruhigen! War sie vielleicht tot? Das Grauen packte sie von neuem und und ließ sie am ganzen Körper furchtbar zittern! Aber konnte man tot sein wenn man seinen eigenen Herzschlag noch hören und fühlen konnte? Das konnte doch wohl ganz bestimmt nicht möglich sein.

      Sie versuchte, den Atem anzuhalten und lauschte. Bis auf diese seltsamen Geräusche war alles ruhig. Vorsichtig öffnete sie die Augen, aber außer einem regelmäßigen leisen Piepen, das von hinten zu kommen schien, war nichts anderes mehr zu sehen oder zu hören.

      Sie war allein und lag in einem fast dunklen Raum, woher kam nur dieses merkwürdige Licht hinter ihr? Sie versuchte angestrengt, sich umzudrehen, aber es gelang ihr kaum! War sie gefesselt? Hatte die Wanderhure sie doch erwischt? Die Wanderhure? Wie um alles in der Welt kam sie jetzt ausgerechnet auf die? Hatte sie nur geschlafen und vielleicht nur etwas aus dem Roman, den sie vor einiger Zeit gelesen hatte, geträumt? Plötzlich fühlte sie wieder, wie diese grausame Angst langsam mehr und mehr in ihr aufstieg! Was passierte denn nur mit ihr? Wo war sie? Und vor allem, wer war sie? Wie kann man denn vergessen wer man ist? Lena! Ja, ihr Name war Lena, und weiter? Verdammt! Sie musste doch ein Leben geführt haben, oder etwa nicht?

      Warum konnte sie sich denn nicht richtig bewegen? War sie gefesselt? Endlich schaffte sie es, wenigstens den Kopf ein wenig nach hinten zu drehen. Sie lag definitiv in einem Bett, und hinter dem Bett befanden sich Monitore mit gelben, grünen und roten Linien und Zacken und großen roten und grünen Zahlen. Die Zahlen wurden plötzlich größer und fingen an zu pulsieren, das Piepen wurde immer lauter und schneller.

      Eine Tür ging auf und ein Mann in weißer Kleidung trat ein. „Was, zum Teufel,treiben Sie denn da? Sie müssen ruhig liegen, Frau Kirchner! Sonst werde ich andere Seiten aufziehen müssen, haben Sie verstanden?“

      „Was ist denn los mit mir? Was ist passiert? Und wo bin ich?“ flehte sie den Mann an. Der aber tat als hätte er nichts gehört, packte sie grob an, riss sie fast hoch, und machte irgend etwas an dem Gerät hinter ihr.

      Die Geräusche wurden wieder leiser und das Piepen klang gedämpfter. Der Mann fasste sie wieder ausgesprochen unsanft an den Schultern und warf ihren Oberkörper regelrecht wieder auf das Kopfkissen zurück! Mit kaltem Entsetzen spürte sie seine Hände auf ihrem Körper! Wollte er sie etwa vergewaltigen? Was machte er denn nur? Im nächsten Moment hatte er ihre rechte Hand ergriffen und stülpte ihr eine Art Fingerhut auf den Zeigefinger!

      „Bitte, sagen Sie mir doch endlich wo ich bin! Bitte! Und mir ist so übel und ich habe ganz böse Kopfschmerzen! Und Durst!“ Aber mit Panik musste sie feststellen, dass nicht ein einziges Wort davon wirklich über ihre Lippen gekommen war! Konnte sie auch nicht mehr sprechen?

      Und dieser Mann reagierte in keinster Weise auf ihr flehentlichen Augen! Und bevor sie noch ganz begreifen konnte, was hier passierte und dieser Mann mit ihr machen wollte, hatte er schon eine Spritze aus seiner Tasche genommen und aufgezogen. Ohne auch nur einen Hauch von Mitleid stieß er diese brutal in den Arm. Das Zimmer drehte sich noch kurz vor Lenas Augen, dann versank sie wieder in einen tiefen, bösen Schlaf.

      Kapitel 3

      Das morgendliche Zwitschern der Vögel setzte zaghaft ein. Christian öffnete noch etwas verschlafen die Augen, es war nicht mehr ganz dunkel aber auch noch lange nicht wirklich hell. Er drehte sich wohlig auf den Rücken und streckte erst einmal genüsslich alle Viere von sich, dann warf er einen Blick auf die Uhr. Erst 4.53 Uhr, da konnte er sich eigentlich noch ein kleines Nickerchen erlauben. Er lauschte aufmerksam nach rechts, doch er konnte nur das ruhige, gleichmäßige Atmen seiner Frau hören. Und ehe er sich's versah war er auch schon, mit einem verträumten Lächeln auf den Lippen, wieder eingeschlafen.

      Beim nächsten Blick auf die Uhr fuhr ihm dann doch der Schrecken in die Knochen, es ging jetzt schon auf sieben zu. Himmel! Er hatte verschlafen, oder?

      „Was ist denn heute überhaupt für ein Tag?“, murmelte er. Puh, er ließ sich wieder beruhigt zurück aufs Kopfkissen fallen, Samstag, Wochenende, herrlich! Und.. ach du meine Güte! Heute ist ja der siebte August, und er hatte Geburtstag!

      Er drehte sich auf die rechte Seite und schaute noch einmal auf seine schlafende Frau. Obwohl es jetzt richtig hell war schlief Katja noch immer tief und fest!

      Und er gönnte es ihr von Herzen! Sie hatte es sich auch redlich verdient, heute endlich einmal wieder richtig auszuschlafen. Die ganze Woche über stand sie praktisch von morgens früh bis abends spät unter Strom. Es war wahrhaftig gar nicht so einfach, die kleine Familie neben dem Beruf so erfolgreich zu managen! Was wäre er nur ohne sie?

      „Meine Güte, wie konnte ich denn nur kurzfristig vergessen dass ich heute Geburtstag habe!“, ging es ihm durch den Kopf, „Junge, Junge, du wirst langsam alt!“

      Immerhin, ganze 43 Jahre hatte er jetzt schon auf dem Buckel! Wenn er ehrlich war musste er sich eingestehen, dass die Zeit im Grunde doch sehr schnell verflogen war. Gerade eben waren die Kinder noch winzig klein gewesen, und jetzt schienen sie Monat für Monat einen gefühlten halben Meter zu wachsen! Je älter er wurde um so schneller vergingen die Jahre! Aber bis er eines Tages seine Rente genießen könnte waren es doch immerhin noch mehr als 20 lange Jahre! Und die schienen jetzt noch in weiter Ferne zu liegen! Wer weiß, was bis dahin alles noch so passieren konnte!

      Christian fing an, den Tag schon mal im Kopf durch zu planen. Als erstes würde er gleich zum Bäcker fahren und Brötchen zum Frühstück holen, da konnte er gleich ein paar Baguettes für heute Abend mitbringen. Was lag denn heute noch alles überhaupt so an? Was musste für den Tag sonst schon vorbereitet werden?

      Der Familienclan würde erst am Nachmittag eintrudeln, da gab es eigentlich gar nicht so viel vorzubereiten. Kuchen backen war praktisch überhaupt nicht nötig, weil jeder Zweig der gar nicht so kleinen Verwandtschaft einen Kuchen mitbrachte, und das war irgendwie schon immer so gewesen! Und das hatte auch immer alles ganz hervorragend geklappt, die Absprache untereinander sorgte stets für eine ausgesprochen leckere Auswahl!

      Ach ja, immer dieser leckere Kuchen! So langsam musste er wirklich aufpassen, denn je älter er wurde... na ja, der Rettungsring um die Taille war nicht mehr so wirklich zu übersehen! Und das mit den guten Vorsätzen klappte auch immer nur bis zur nächsten Schlemmerei! Aber... dieses Jahr würde er standhaft bleiben! Keine Naschereien mehr! Mal sehen, wie lange er es dieses Mal durchhalten würde!

      Seine und Katjas Freunde mit ihren Partnern waren erst für den Abend