Carly sah Bahira an, als spreche diese Chinesisch.
Bahira rollte mit den Augen. „Das sind die fünf Bereiche in die das Militär aufgeteilt ist. US Army, Air Force, US Marines, US Navy und Coast Guard. Ach ja, und unser Verteidigungsministerium, Defense Intelligence Agency. Dazu benötigt man allerdings besonders gute Qualifikationen, besonders in Informatik, Mathe und Politik. Man benötigt eine stabile bis sehr gute Eins als Note, in allen Fächern. Wenn man sich dann entschieden hat, gibt es dabei erneut genauere Unterteilungen.“
Carly hatte schon gedacht, bisher wäre es kompliziert gewesen. Da hatte sie wohl weit verfehlt. Es fing gerade erst an, kompliziert zu werden. Ein Blick auf ihren Stundenplan ließ Carly keuchen. Es waren nicht nur die regulären Fächer wie Englisch, Mathe, Bio und Chemie. Informatik, systemische Informatik, Latein, Spanisch und Deutsch. Carly fragte sich, was sie mit all den Fächern anfangen sollte. Was zum Teufel war systemische Informatik?
„Deine Materialien bekommst du in der Klasse. Morgen brauchst du nicht mehr als einen Ordner mit Blättern und einen Stift. Am besten noch einen auf Reserve. Sie mögen es nicht, wenn man nicht vorbereitet in den Unterricht kommt. Die Schule startet um neun und endet um zwei. Am Nachmittag sind von vier bis sechs Uhr noch mal die Spezialfächer. Die Räume stehen jeweils hinter den Fächern dabei. Keine Ursache. Und jetzt würde ich vorschlagen, wir sehen uns noch etwas das Gelände an.“
Keine Ursache? Hatte Bahira das selbst so abgetippt? Vielleicht war Carly doch zu gemein gewesen, dachte sie nun. Doch statt etwas zu sagen, folgte sie Bahira schweigend nach draußen. Sie gingen den Weg entlang, den Conleth zuvor mit Carly vom Zentrum aus gefahren war. Dann gelangten sie wieder an den Sportplatz, einer von scheinbar vielen.
„Hier findet unser Training oft statt. Master Sergeant Warren variiert das Training oft um alles Mögliche zu fördern. Kraft, Ausdauer, Kondition. Für Krafttraining gehen wir in eines der Gyms. Unseres befindet sich in diese Richtung.“ Bahira deutete in eine Straße, die dem Sportlatz gegenüber lag. „Der Sportplatz heißt Circle B, nur für den Fall dass du mal nachfragen musst. Die Bezeichnung für unser Haus ist übrigens ...“ „12 G. Weiß ich.“ Entgegnete Carly rasch und bemerkte zu spät, dass sie Bahira unterbrochen hatte und diese so etwas wohl gar nicht ausstehen konnte. Sie war Carly wieder einen bösen Blick zu, so wie zuvor, als Carly nicht unterschreiben wollte.
Bahira fing sich wieder und atmete tief ein und aus. „Das Fitnesszentrum heißt Gym 4. Merk dir das.“
Nun ging sie weiter. Sie bogen in eine Straße ab, die Carly noch unbekannt war. Dann entdeckte Carly hinter einer Kuppel ein weißes, breites Gebäude.
„Was ist das?“ fragte sie und rechnete damit, dass sie dieses Gebäude ansteuerten.
Doch Bahira warf ihr einen strengen Blick zu. „Da ist der Zutritt für uns noch streng untersagt.“
Carly schluckte beklommen. Sie bogen eine weitere Straße ein und das mächtig wirkende, weiße Gebäude, wurde hinter ihnen wieder kleiner. Carly musste sich fragen was genau in diesem Gebäude gemacht wurde. War es womöglich nur für die Ranghöheren Mitglieder und Vorgesetzten? Doch Carly war das kleine Wort Noch, nicht entgangen.
Nach einer Weile steuerten sie nun ein älteres Gebäude an, das Carly irgendwie an eine alte Schule erinnerte. Sie blieben vor der Tür stehen.
„Hier findet der Unterricht für USA, USM und DEA statt. Das Gebäude heißt 2. Die Nachmittagsveranstaltungen also. AF wird am vorderen Bereich der Anlage unterrichtet. Dort befindet sich ein Flugplatz, der alles mit diesem Thema umfasst.“
Carly erinnerte sich daran, dass sie und Conleth zuvor daran vorbei gefahren waren und nickte.
„USCG wird am Flussufer gemacht. Das USN Gebäude nennt man auch Gebäude 6. Es ist ebenfalls in der Nähe des Flugplatzes“ erklärte Bahira weiter.
Carly nickte und hoffte, dass sie diese Informationen ebenfalls auf dem Zettel wieder fand. So viele Informationen, sie hoffte, dass sie nichts durcheinander bringen würde. Andererseits erinnerte sie sich wieder daran, dass es gar nicht dringend notwendig war. Sie wollte ohne hin nicht lange bleiben.
„Ach ja, und falls du gehofft hast, das Wochenende frei zu haben, jeden zweiten Samstag findet ein ausführliches Training statt. Von acht bis zwei Uhr.“
Carly dachte fast, Bahira etwas überheblich grinsen zu sehen.
„Wo findet der reguläre Unterricht statt?“ fragte Carly nun.
„Im Hauptgebäude. Du wirst dich der neueren Klasse anschließen, die letzten Herbst angefangen hat. Hast also viel aufzuholen.“
Carly unterdrückte ein genervtes Seufzen. Und erneut verfluchte sie ihren Vater dafür, sie hier hin geschickt zu haben. Erneut dachte sie darüber nach, dass all das nicht nötig gewesen wäre, nie passiert wäre, würde ihre Mutter noch leben. Umso fester nahm sie sich vor, hier nicht länger als sechs Wochen zu verharren. Sie würde gegen dieses System, das man ihr auferlegte, protestieren und rebellieren. Koste es was es wolle. Niemand, auch ihr Vater nicht, konnte sie dazu zwingen sich dem hier für ganze drei Jahre zu unterziehen.
Als Bahira Carly prüfend ansah, ob sie die Informationen auch sachgemäß verarbeitet hatte, schenkte Carly ihr ein falsches Lächeln. Carly wusste dass auch Bahira sie hier falsch am Platz hielt. Zumindest da waren sie sich dann wohl einig.
10
Carly saß alleine in ihrem Zimmer auf dem Holzbett, das ein wenig quietschte, sobald sie sich bewegte. Sie zog die Beine an ihren Körper und sah sich in dem Zimmer, in dem sie nun für die nächste Zeit leben musste, um. Den Koffer und ihre Tasche hatte sie nicht ausgeräumt. Es würde sich nicht lohnen, hatte sie beschlossen. Trotzdem hatte sie zuvor einen Blick in den Schrank geworfen und zwei Uniformen in ihrer Größe entdeckt. Carly fragte sich, ob sie diese tragen musste, wenn sie den Unterricht besuchte. Auch Sportkleidung hatte sie in drei Ausführungen gefunden. Sie lagen ordentlich gefaltet in einem der Fächer. Dazu ein Paar passende Sportschuhe.
Ihr Blick fiel auf den Packen Unterlagen, die sie bei Bahira hatte unterschreiben müssen. Sie lagen etwas unsortiert auf dem Schreibtisch. Sicher stand darin etwas, bezüglich der Uniformen und dem ganzen Kram. Doch es interessierte Carly nicht. Beachtete sie die Regeln und Vorschriften nicht, würde sie sicher schnell raus fliegen.
Ein kleiner Stich breitete sich in ihrer Brust aus. Wenn sie hier raus flog, würde das sicher auf ihren Vater und Conleth zurück fallen, die beide wohl hoch angesehen waren. Man würde sich hier sicher den Mund über die rebellische Tochter des Major General zerreißen, die scheinbar keine gute Erziehung genossen hatte. Ein hoch angesehener Mann, der zu Hause zu inkompetent war, seiner Tochter Manieren beizubringen.
Carly verspürte ein wenig Reue dafür. Und dennoch würde sie ihren Plan durchziehen. Das hatte ihr Vater davon, dachte sie schließlich. Er hätte sie eben nicht einfach hier hin abschieben sollen. Er war es selbst schuld. Fast so, als wolle er, dass Carly ihn anprangerte und zum Gespött machte. Carly verzog die Lippen bei diesen Gedanken. Zum Gespött. Sie wusste wie viel ihrem Vater sein Ansehen wert war. Es war gemein. Trotzdem wollte sie um keinen Preis drei Jahre in der Akademie verbringen. Sechs Wochen war das Maximum aller Gefühle.
Es klopfte an ihre Tür. Carly seufzte innerlich. Ob Bahira noch etwas eingefallen war, über das sie Carly belehren wollte? Auch wenn Bahira höflich und sachlich war, Carly wusste, dass Bahira sie nicht mochte.
„Herein“ rief Carly etwas mürrisch.
Ein Mädchen mit blonden Locken die zu einem Zopf gebunden waren, steckte den Kopf zur Tür herein.
„Hi, ich wollte mich mal vorstellen.“
Nun schob sie die Tür weiter auf und trat langsam ein. Carly musterte den großen, aber zierlichen Körper des Mädchens