Zerbrochene Seelen. Kim Mevo. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Kim Mevo
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738027495
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Flur hinaus. Tate salutierte und Carly musste sich fragen, ob sie das gleiche vor ihrem Vater tun müsste, wenn sie ihn wieder sah.

      „Leutnant General Brewster.“ sagte Tate respektvoll.

      „Rühren Kadett“ Conleth lächelte. „Wie ich sehe, hast du dich doch nicht zurück halten können.“

      Tate grinste breit. Also hatte er gewusst, dass Carly anreisen würde. Conleth seufzte, dann nickte er Carly zu. „Er empfängt dich jetzt.“

      Carly hatte das Gefühl, vor einen Richter zu treten. Sie straffte die Schultern und fühlte sich ganz steif. Sie hatte keine Ahnung, wie sie sich diesem Mann gegenüber benehmen musste. Was gehörte hier zur Etikette? Was erschien respektlos, oder was lächerlich? Konnte sie sich an irgendwelchen Filmen orientieren, die sie mal über das Militär gesehen hatte?

      Conleth legte seine Hand auf ihre Schulter. „Du machst das schon. Sei du selbst.“

      „Ich?“ Carly war sich nicht sicher, ob er das wirklich wollte. Sie würde ihn sicher blamieren.

      „Es ist das erste Gespräch. Da sehen sie es noch nicht so eng.“

      „Sie?“ Carlys Stimme klang erstickt, als sie den Plural wiederholte. Wen außer diesem General hatte sie den noch zu erwarten?

      „Los, geh rein. Die beißen dir schon nicht den Kopf ab. Dein Dad hat einen guten Ruf hier. Du wirst schon nichts falsch machen.“ „Ich... gehe ich da alleine rein?“ fragte Carly murmelnd.

      Conleth nickte. „Ja, aber das schaffst du.“ Er klopfte ihr erneut auf die Schulter „Ich warte unten an der Rezeption mit deinen Sachen. Treff mich da, wenn ihr fertig seid.“

      Lockeren Ganges marschierte Conleth den Gang zurück. Carly sah Tate mit geweiteten Augen an.

      „Tate!“ rief Conleth nun streng.

      Tate wurde sofort steif. „Ja Sir!“

      Er sah Carly kurz an, verharrte. Dann drückte er sie nochmal, nahm ihre Hand in seine und flüsterte er an ihr Ohr. „Schließ die Augen und stell dir vor, wir sind in unserem Baumhaus. Das hat mir damals geholfen.“

      Als er sich löste und eilig seinem Vater folgte, stand Carly noch verblüffter da als zuvor. Sie wusste nicht, was sie mehr aus der Fassung bringen sollte. Das Gespräch, das ihr bevor stand, oder die Tatsache, dass Tate damals wirklich an ihr gemeinsames Baumhaus dachte, als er nervös diesem Gremium gegenüber treten musste.

      Als Tate noch ein letztes Mal über die Schulter blickte, warf er ihr sein typisches Tate Lächeln zu. Verschmitzt und schelmisch, als hätte er wieder etwas ausgeheckt. Carly atmete tief durch und erinnerte sich an die vielen Male, die er ihr dieses Lächeln geschenkt hatte, wenn sie wieder Blödsinn angestellt hatten.

      Sie drehte sich herum und ging auf die Tür zu. Zaghaft klopfte sie an, obwohl die Tür bereits offen stand. Alle vier Köpfe erhoben sich und acht wachsame Augen musterten Carly eingehend und skeptisch.

      Einer der Männer, er musste etwa so alt sein wie Avery, erhob sich. „Miss Havering, willkommen!“ „Sir, darf ich eintreten?“ „Natürlich!“ Er lächelte und machte auf Carly einen auf Anhieb sympathischen Eindruck. Sein kurzes dunkles Haar war genau das, was sich Carly bei Mitgliedern des Militärs vorgestellt hatte. Dennoch wirkte sein schmales Gesicht sympathisch. Als Carly vor den großen Schreibtisch trat, blieb sie kerzengerade stehen.

      „Mein Name ist General Coleman, ich leite diese Einrichtung. Dies sind meine engen Vertrauten. Major Norris.“ Er deutete zu einer Frau mittleren Alters. Ihr dunkelblondes Haar war zu einem Dutt gebunden, aus dem nicht mal ein einziges Haar lose abstippte. „Captain Smith.“ Er nickte zu dem Mann gleich neben Major Norris, der um die vierzig sein musste. Doch Carly konnte es bei ihm aufgrund seiner kurzen Haare nicht richtig deuten. Sein Gesicht wirkte jung, faltenlos, dennoch hatte er einen Ausdruck in seinen Augen, der ihn irgendwie Weise erscheinen ließ.

      „Und Master Sergeant Warren.“ Zum guten Schluss deutete General Coleman auf den blonden, jungen Mann auf der anderen Seite des Tisches, der gerade mal Mitte zwanzig war.

      „Er wird dich mit deinen Kameraden ausbilden und begleiten. Auch im Falle von Problemen und Konflikten, kannst du ihn jederzeit um Rat bitten. Er ist nicht nur für eure Ausbildung, sondern auch für euer Wohlergehen zuständig.“

      Wie beruhigend, dachte Carly sarkastisch. Ein Mann. Wie sollte dieser Jüngling auch nur annähernd helfen können, wenn sie pränatale Schwierigkeiten oder Schmerzen hatte? Ja sie wird ihn sicher nach einem Tampon fragen, dachte Carly nun bitter und begann dann tatsächlich ernsthaft darüber nachzudenken. Einfach nur als Joke und um sein dummes Gesicht zu sehen. Doch sie konnte sich nun ein Lächeln abringen. „Danke.“

      „Wie ich hörte, haben Sie hier bereits Anschluss finden können. Da sich ihr Vater und Leutnant General Brewster auch privat sehr gut kennen, sind sie mit dessen Sohn vertraut, richtig? Tate Brewster?“

      Carly nickte „Ja, bin ich.“ „Schön. Dann dürfte Ihnen ja der Einstieg nicht all zu schwer fallen. Sie erhalten in Kürze alle nötigen Informationen über Ihren Lehrplan von Master Sergeant Warren, ebenso wie den zu unterzeichnenden Regelkatalog, den jeder unserer Schüler unterschreiben muss. Dazu erhalten Sie einen genau strukturierten Tagesablauf, einige weitere Informationen über unser Gelände und für ein angenehmes Zusammenleben. Wenn Sie sich an eben das halten, werden Sie sich zügig einleben, da bin ich mir sicher.“

      Schon jetzt wusste Carly nicht mehr, wo ihr der Kopf stand. Alles was sie hörte, waren Regeln und Strukturen. Ein Seil, das sich wie eine Schlinge um ihren Hals legte und langsam zuzog. Instinktiv musste Carly den Hals recken und wendete etwas den Kopf. „Danke Sir.“

      General Coleman sah sie mitleidig an und lächelte sanft. „Auch mir ist das mit Ihrer Mutter zu Ohren gekommen und ich wollte Ihnen in diesem Fall mein herzliches Beileid aussprechen. Auch für Ihren Vater war dies ein entsetzlicher Verlust.“

      In Carly verkrampfte sich alles. Ehe er sich weiter darüber auslassen konnte und Carly das Gefühl bekam ihm an die Kehle springen zu müssen, räusperte sie sich. „Sir, ich möchte nicht unhöflich erscheinen. Allerdings bin ich von der Reise wirklich erschöpft.“ „Natürlich. Leutnant General Brewster wird Sie zu ihrem Block bringen. Alles weitere folgt dann. Ich freue mich, Sie hier Willkommen heißen zu können und wünsche Ihnen viel Erfolg.“

      „Danke, General Coleman.“ Carly nickte und hoffte, so schnell wie möglich raus kommen zu können. Nur ihr anerzogener Anstand veranlasste ihre Füße dazu, still stehen zu bleiben, statt einfach davon zu laufen und das Weite zu suchen.

      Mit einem Nicken entließ er Carly endlich. Als sie das Büro verlassen hatte atmete sie tief ein und war froh draußen zu sein. Es war nicht dieses Gespräch an sich gewesen, vor dem sie zuvor ohnehin so nervös war. Es war die Tatsache, dass er den Tod ihrer Mutter angesprochen hatte. Als drücke man seinen Daumen in eine offene Wunde. Carlys Magen drehte sich und sie hatte wieder diesen dicken Kloß in ihrer Kehle. Wieder dachte sie, dass sie überhaupt nicht hier sein wollte. Sie wollte nicht bleiben. Es war grausam hier.

      Langsam trottete sie die Gänge entlang, passierte ein paar Wache und war völlig in Gedanken versunken. Plötzlich verstellte ihr jemand den Weg und sie hob erschrocken den Kopf.

      „Zutritt nur für Befugte.“ sagte der Mann in Uniform barsch.

      Carly spürte wie ihre Wangen glühten. Sie sah sich um und stellte fest, dass sie sich in diesen verworrenen Gängen verirrt hatte. Das auch noch. Sie drehte betrübt um.

      „Suchst du etwas?“ ertönte eine fremde Stimme nun.

      Carly sah wieder auf. An der Ecke zu dem Gang, in den sie abgebogen war, stand eine junge Frau. Vielleicht ein Jahr älter als Carly selbst. Ihre braunen Haare hatte sie zu einem Zopf gebunden, der ihr locker über die Schulter hing. Sie trug eine Uniform. Ihre dunkelbraunen Augen lächelten warm. „Du bist neu, oder?“

      Carly nickte. „Ja. Ich schätze ich habe mich ein wenig verlaufen.“ „Kein Problem. Wo musst du hin?“ „In