Zerbrochene Seelen. Kim Mevo. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Kim Mevo
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738027495
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gesetzt hatte, schien Laurena etwas vom Thema ablenken zu wollen.

      „Du startest gleich morgen mit uns, richtig?“

      Carly nickte.

      „Du weißt dass um 6.30 Uhr das Training beginnt?“ „Ja.“ Carly seufzte. „Was genau umfasst dieses Training eigentlich? Joggen?“

      Nun sah Landon, der bis gerade in einer Zeitung geblättert hatte, auf und lachte grunzend. „Klar, laufen. Wir sind beim Militär.“

      Carly hörte förmlich die Anklage Armleuchter, in seinem Unterton. Doch diesmal riss sie sich zusammen, nicht gleich patzig zu werden.

      „Und wie sieht es dann genau aus?“

      Er klappte die Zeitung zu. Seine hellbraunen Augen sahen sie entnervt an. „Warmlaufen, sieben Kilometer in dreißig Minuten. Dann geht es meistens mit Kniebeugen und Liegestützen weiter. Dann geht’s zum Parcours.“

      Carly war sich nicht sicher, ob sie richtig gehört hatte und fragte noch mal nach.

      „Sieben Kilometer in... was? Dreißig Minuten?“

      Carly war sportlich, aber das würde sie sicher nicht schaffen.

      Laurena nickte. „Alle zwei Tage wird Ausdauer, Kraft und Konditionstraining gemacht. An den anderen Tagen wird nach dem Warmup mit Kampfsport weiter gemacht.“

      Carly nickte zögerlich und wusste nicht, was sie davon halten sollte. Dann wurde ihr etwas klar. Sie würde hier raus fliegen, nicht etwa, weil sie die Regeln missachtete, sondern weil sie es nicht schaffte. Sie würde mit ihnen nicht mithalten können.

      „Weißt du schon, wo du dein Nachmittagsprogramm anfängst?“ Wollte Laurena nun wissen.

      Carly nickte. „USA.“

      Laurena hielt inne. „Bist du... dir sicher? Ich dachte man muss...“ „Das wird sie sicher dort absolvieren.“ Fuhr ihr Landon dazwischen.

      Carly sah beide verwirrt an. „Was absolvieren?“

      Keiner der beiden sagte etwas. Siljan begann den Tisch zu decken. Landon stand auf, um seine Zeitung weg zu räumen. Als Carly merkte, dass keiner der beiden ihr antworten würde, stand sie schließlich ebenfalls auf.

      Laurena warf ihr ein gedrungenes Lächeln zu. „Was hast du vor?“ „Ich werde hoch gehen. Esse ja eh nicht mit.“

      Siljan räusperte sich. „Alle müssen am Abendessen teilnehmen.“

      „Hast du dir die Regeln nicht durchgelesen? Du hast sie schließlich unterschreiben müssen“, bemerkte Landon etwas barsch.

      Carly sah ihn ihrerseits nun doch etwas mürrisch an. „Welche? Die der Einrichtung oder Bahiras Regeln?“

      Wieder breitete sich Stille aus. Doch Carly wusste schon, dass sie sich nicht drücken konnte. Ob sie wollte oder nicht, sie würde dem Abendessen beiwohnen müssen.

      Landon schnaubte. „Hör zu, wogegen du hier auch immer protestieren magst, es macht das Ganze weder für dich, noch für uns angenehm. Und ich halte es für fragwürdig, dass man dein Verhalten als Interessant“, nun sah er grimmig zur Couch rüber, „und witzig empfindet. Tu uns allen einen Gefallen und finde dich mit einer Situation so schnell wie möglich ab.“

      Carly verschränkte die Arme grunzend vor der Brust. „Ich mache euch nicht lange Sorgen. Ich bleibe eh nicht lange.“

      Mit diesen Worten drehte sie sich herum und verließ den Wohnraum. Als sie ihr Zimmer anzielte, nahm sie an der Treppe jeweils immer zwei Stufen auf einmal. Kaum das sie die Tür erreichte, schwang sie diese zu und setzte sich vor ihrem Bett auf den Boden. Heiße Tränen rannen über Carlys Gesicht. Sie hasste all das hier. Wahrscheinlich auch gut so, denn so würde sie sich nur umso mehr ins Zeug legen, hier raus zu kommen. Umso weniger sie ihre Mitglieder oder Mitbewohner oder was auch immer, mochten, umso leichter wurde das Ganze. Sie hatte hier nie neue Freundschaften schließen wollen. Sie wollte hier nicht bleiben. Wollte alles vermeiden, was nun mal auf einen festen neuen Sitz hinwies. Doch das hier war nicht der Ort, an dem Carly lebte. Nicht mehr als vier Wochen. Vier Wochen. Und sie würde Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um ihr Ziel zu erreichen. Nicht einen Tag länger würde sie bleiben und wenn sie flüchten musste.

      11

      Landon setzte sich an seinen Platz und wartete, dass auch die anderen dazu kamen. Sicher würde Bahira ebenfalls nicht mehr lange im Bad brauchen. Jona fuhr seine Playstation herunter. Während er alles zusammen räumte, bewegten sich die anderen schon zum Tisch rüber und nahmen Platz. Landon warf Laurena einen abschätzigen Blick zu. Sie stand als einzige am Rand und weigerte sich scheinbar, Platz zu nehmen. Er ahnte schon, was der Grund dafür war und schnaubte. „Würdest du dich bitte auch setzen?“

      „Glaubst du wirklich, dass das nötig war?“ Zischte sie.

      Landon kam nicht umhin mit den Augen zu rollen. „Desto eher sie von ihrem Rebellen Trip runter ist, desto besser fürs Team.“

      Laurena schnaubte. „Herr Gott, was hast du denn erwartet? Ich denke, dir ist ebenso zu Ohren gekommen, was passiert ist.“

      „Ja, ist es. Deswegen werde ich sie nicht mit Samthandschuhen anpacken.“

      „Ihre Mutter ist erst vor kurzem gestorben und ihr benehmt euch wie die letzten Arschlöcher. Bahira genauso wie du.“

      „Soll ich dir sagen, was mein Problem ist? Willst du das wirklich wissen?“ Knurrte Landon nun. „Das dieser Platz jetzt für jemanden belegt wird, der nicht mal hier sein will. Diese Akademie ist für Schüler, die ihr Leben dem Militär widmen wollen, die dort Kariere machen wollen. Und diese Carly ist definitiv keiner davon.“

      „Gib ihr doch wenigstens die Zeit sich hier einzugewöhnen.“

      Landon schnalzte „Wozu? Du hast sie gehört. Sie ist eh bald wieder weg.“

      Laurena schnaubte erneut wütend. Dann machte sie auf dem Absatz kehrt.

      „Was glaubst du, wo du hin gehst?“ Rief er ihr nach.

      „Raus. Mir ist der Appetit vergangen!“ Waren ihre letzten Worte, ehe sie die Tür hinter sich zu warf.

      Am Tisch herrschte betretenes Schweigen. Die Stimmung war mit einem Mal so drückend geworden, dass niemand den Versuch unternahm, ein anderes Thema zu starten. Nicht mal, um abzulenken oder die Laune etwas aufzulockern.

      Vielleicht mochte Ena Recht haben. Vielleicht waren Bahira und er zu hart gewesen. Andererseits war es genau das, hier an der Akademie. Es war hart. Nun erinnerte sich Landon an seine Anfangszeit zurück, als er zur Akademie kam. Das war vor gut drei Jahren. Er hatte ebenso wenig hier sein wollen. Aber Landon hatte sich eingefunden. Nicht zuletzt, weil er gute Freunde an seiner Seite hatte, wie Jona und Siljan, und weil er ein Ziel vor Augen hatte. Das machte es ihm wesentlich leichter. Aber er hatte auch nicht gleich so auf die Kacke gehauen, wie es Carly jetzt tat. Das hätte er sich nie gewagt.

      Landon war erleichtert, als Bahira endlich den Raum betrat und sie das Abendbrot starten konnten. Diese begann schließlich drauf los zu plappern und ein Gespräch in Gang zu bringen. Dennoch schwirrten Landon viele Gedanken durch den Kopf. An seine Anfangszeit und daran, dass es Carly wohl bedeutend schlechter mit ihrem Los ging. Sie war nicht nur, in die Akademie gesteckt worden, sie hatte auch noch ihre Mutter verloren. Und als würde das nicht reichen, riss sie ihr Vater völlig aus allen Gewohnten und Bekanntem heraus, das Carly Halt geben konnte.

      Und nun verspürte Landon doch so etwas wie Mitleid für sie. Womöglich waren sie doch zu hart zu ihr gewesen. Und er bereute es ein wenig. Aber wie sollte er das wieder gut machen können?

      Carly kauerte noch immer vor ihrem Bett und hatte sich einen Zeichenblock und einen Bleistift aus ihrer Tasche gekramt. Etwas planlos kritzelte sie herum. Das Zeichnen hatte ihr oft dabei geholfen, einen klaren Kopf zu bekommen. Ein Ausgleich zum