Aevum. Werner Karl. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Werner Karl
Издательство: Bookwire
Серия: Black Ice
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783748587880
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gleichzeitig übermitteln.«

      »An Amélie Colbert und Admiralin Carpenter, nehme ich an.«

      »Richtig. AC/DC werden dafür sorgen, dass relevante Erkenntnisse sofort nutzbringend umgesetzt werden.«

      »Den beiden scheinst du auch zu vertrauen. Bei der Admiralin stimme ich dir ja zu. Sie war in den Plan nicht eingeweiht gewesen. Colbert dagegen schon …«

      »AC war es, die verhindert hat, dass Rikard und seine Kollegen mich fallen ließen wie eine heiße Kartoffel.«

      »Nichtsdestotrotz hat sie dem Wahnsinn zugestimmt … den Implantaten … den Stimulanzien.«

      Bérénice schüttelte den Kopf. »Ein Teil des Wirrwarrs in meinem Kopf dürfte auf Wechselwirkungen zwischen den terranischen mit den mazzarischen Substanzen zurückzuführen sein. Zumindest behaupten das die Ärzte. Das konnte niemand vorhersehen.«

      »Und Freitag? Auch er hat dich hintergangen.« Naya war verblüfft, wie sorglos ihrer Meinung nach Bérénice mit der Angelegenheit umging.

      »Ich sehe das nüchterner. Er ist eine Maschine. Er wurde so programmiert.« Dann wurde ihre Miene um eine Nuance finsterer. »Nach Rikards … Tod und der Verhandlung habe ich Freitags Speicher checken lassen. Außer dem Befehl, sich mir erst ab dem Eintritt ins Laurin-System zu offenbaren, hat er keinerlei ähnliche Befehle erhalten. Seine Prägung auf mich hätte auch nichts anderes zugelassen. Die Robo-Techniker haben eine fast schon sprichwörtliche Höllenangst vor Befehlskonflikten … und damit vor amoklaufenden Robotern. Erst recht, wenn es sich um ein Modell der Baureihe BEHEMOTH handelt. Nein, nein: Freitag ist kein Verräter.«

      Naya nickte, nur zögerlich zustimmend, löste sich von Bérénice und ließ sich in ihren Sessel zurücksinken. »Also willst du nicht nur wegen deiner Trooperkollegen zurück nach Samboll.«

      »Es gibt noch zwei weitere Gründe«, bestätigte Bérénice. »Besser: Lebewesen, die mich dorthin ziehen.«

      Die Rigelianerin hob fragend die Augenbrauen. Auch ohne Telepathie wusste sie die Antworten beziehungsweise die Namen. »Doktor Muramasa … und diese Pazifistin. Wie hieß sie noch mal?«

      »Kefann.«

      »Richtig, Kefann. Siyoss und Bozadd erwähnten in einer ihrer Aussagen, dass sie auf Samboll die einzige Pazifistin sei. Sie waren ziemlich stolz darauf, sie in die geheime Station eingeschleust zu haben. Es war also mit fast an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sie, die dir die Mazzar-Implantate verpasst hat.« Naya blickte Bérénice ruhig an. »Wirst du sie töten … so wie Rikard?«

      »Nein. Denn ein Gefühl sagt mir, dass ich es vielleicht auch ihr zu verdanken habe, dass ich noch lebe. Laut Siyoss´ und Bozadds Beteuerungen würde eine Pazifistin niemals einem Befehl der Nestführung nachkommen, ohne sicherzustellen, dass sie damit nicht sich selbst und ihre eigenen Interessen verrät.«

      »Selbst einem Feind, einem Menschen gegenüber?«

      »Ja.« Bérénice lächelte zaghaft. »Wir verstehen noch längst nicht die Psychologie der Mazzar, geschweige denn die ihrer Pazifisten.«

      »Deswegen nimmst du die beiden Pazifisten mit.«

      »Nicht nur wegen Kefann. Ich will mit ihnen auch zurück nach Eternity.«

      Naya wurde blass. »Das ist nicht dein Ernst, Nice!«

      »Oh doch, ich meine das todernst.«

      Januar 2317

      Die männliche Wache vor dem breiten Schott reagierte nur mit einem Nicken, als die schlanke Frau an ihn herantrat und auf das Öffnen des Zuganges wartete. Der Mann schien sie allein am Gesicht identifiziert zu haben und überließ seinem Partner die Arbeit. Der zweite Wächter – ein BEHEMOTH der Klasse II – rührte sich zunächst gar nicht. Sein elektronisches Auge fiel auf die ID-Karte an der Brust der Agentin außer Dienst und nur eine Sekunde später öffnete sich das schwere Schott.

      Bérénice betrat die Wartungshalle 4 auf Deck C an Bord der TSS LEONIDAS und musterte die lange Reihe Roboter verschiedenster Typen und Bauart. Die meisten Kampfroboter der BEHEMOTH-Klasse standen dort in Reih und Glied. Die Trooperin sah Modelle aller in Dienst gestellten Baureihen. Fast ein Dutzend von ihnen jedoch saß auf massiven Stühlen, lag auf Montagetischen oder stand in der Mitte des Saales und hatte Teile seines Chassis geöffnet. Techniker wuselten zwischen ihnen umher und arbeiteten an Aufgaben, die sich der Frau nicht sofort erschlossen. Sie nahm aber an, dass Verschleißteile ausgetauscht und Munitionsdepots aufgefüllt wurden. Business as usual. Dass dies nicht durch andere Roboter erledigt wurde, zeigte ihr wieder einmal, dass sensible Aufgaben immer noch von Menschen erledigt werden mussten.

      Als sie näher an die Reihe der Alkoven herantrat, in denen die Roboter an allerlei Verbindungsleitungen angekoppelt waren, wurde ihr zum ersten Mal bewusst, dass Freitag kein individuelles äußeres Merkmal trug. Er hatte bei ihrem ersten Zusammentreffen zwar seine Seriennummer genannt, doch die war ihr längst entfallen. Also trat sie an einen der Techniker heran.

      »Guten Morgen, Sir. Ich bin … Bérénice Savoy. Ich suche meinen Roboter. Leider kann ich Ihnen seine Bezeichnung nicht nennen, Sir.«

      Der Mann und sicher auch seine Kolleginnen und Kollegen hatten sie schon bei ihrem Eintreten bemerkt, ihre Arbeit aber vorerst nicht unterbrochen. Jetzt richteten sich alle Augen auf die schwarzhäutige Frau.

      »Ich – wir alle – wissen Bescheid, Miss Savoy. Admiralin Carpenter hat uns schon darauf hingewiesen, dass Sie irgendwann nach ihm sehen würden.« Er setzte dabei ein Gesicht auf, das der suspendierten Agentin verriet, dass er sie bewunderte. Offensichtlich war bislang noch keinem der Robo-Techniker des Flaggschiffes der 3. Heimatflotte ein Mensch begegnet, auf den ein BEHEMOTH uneingeschränkt geprägt worden war.

      Bérénice nickte und blickte zu den Exemplaren, an denen die Technikergruppe gerade arbeitete. Freitag schien nicht darunter zu sein. Irgendein Gefühl sagte ihr, dass dem so war.

      »Wo finde ich ihn?« Und noch bevor der Mann ihr eine Antwort geben konnte, fügte sie hinzu: »Wie könnte man ihn … äh, markieren? Er hat sich etwas mit seinem Chassis.«

      Plötzlich grinste der Techniker. »Ja, das haben wir ziemlich gut hinbekommen, nicht wahr? Es ist sehr schwer, eigentlich fast unmöglich, dort einen Kratzer oder etwas Ähnliches anzubringen. Uns sind aber an ihrem Roboter tatsächlich einige schwache Schrammen aufgefallen. Sie würden uns wohl nicht verraten, wie oder durch was das möglich war?« Als sie nicht darauf reagierte, zuckte er mit den Schultern. »Schon gut, sicher Geheimsache, nicht wahr? Aber was halten Sie denn von einer farblichen Markierung? Wir haben da so ein Zeug aus der früheren deutschen Region der Erde, das dafür geeignet sein könnte. Probiert haben wir es aber noch nicht.«

      »Nun, eigentlich wäre es auch nicht zwingend notwendig. Meine … anstehenden Pläne beschränken sich auf die Nutzung eines einzelnen Roboters, eben Freitag. Trotzdem wäre es schön, wenn ich an ihm etwas fände, das ihn einmalig macht.«

      »Warten Sie bitte einen Moment, Madam. Ich werde die Farbe holen. Sie können sich einstweilen überlegen, wie die Markierung aussehen soll.« Er wollte sich schon abwenden, blieb dann aber kurz stehen. »Wünschen Sie einen bestimmten Farbton? Oder gar mehrere?«

      Bérénice zögerte eine Sekunde, dann lächelte sie den Mann ehrlich und freundlich an. »Seine Grundfarbe ist ja Stahlblau, also ein dunkles, fast schwarzes Blau. Ich stelle mir etwas mit gutem Kontrast dazu vor. Haben Sie Goldfarbe? Und als Zeichen … sagen wir: einen Blitz?«

      Der Mann betrachtete ihre ebenholzfarbene Haut und die goldfarbene Schminke ihrer Augen, Lippen und Fingernägel. Dann nickte er verstehend. »Natürlich haben wir auch Goldfarbe. Wir sind das Flaggschiff der 3. Heimatflotte. Wir haben alles!«

      Etwa eine halbe Stunde später stand Bérénice vor Freitag, dessen Stirnpartie nun mit einem kleinen goldenen Blitz geschmückt war. Es war ein dezentes Zeichen, dem in seinem verhaltenen Seidenglanz eine Eleganz innewohnte, die im krassen Gegensatz zu den üblichen