Sisgard und Alveradis. Norbert Wibben. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Norbert Wibben
Издательство: Bookwire
Серия: Eila - Die Leuchtende
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742790675
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Ort. Sie übernachten in der Scheune eines einsamen Farmhauses. Das verfallene Haus wird nicht mehr genutzt. Das Nebengebäude ist für eine Übernachtung aber akzeptabel, und bietet den Vorteil, nicht in der Nähe bewohnter Anwesen zu stehen.

      Wie jeden Abend spricht Eila ihre Schutzzauber.

      In der Nacht träumt Eila.

      Wie sie vermutet hatte, sieht sie den Kampf mit den Wölfen. Sie entdeckt keine anderen Lebewesen in der Nähe, also sollte die Abwehr des Angriffs nicht durch Späher entdeckt und gemeldet worden sein. Obwohl sie RÜCKWÄRTS versucht, kann sie in der Sequenz nicht vor den Zeitpunkt gelangen, an dem die Tiere von ihnen entdeckt worden sind. Sie kann also nicht klären, ob die Wölfe vielleicht geschickt wurden, oder den Angriff von sich aus versuchten.

      Eila wälzt sich unruhig hin und her, und der Traum ändert sich.

      Sie erkennt ihren Großvater. Er sitzt mit einem dampfenden Kakao in seinem Ohrensessel. Er trinkt langsam und sieht nachdenklich zu dem gegenüberstehenden, leeren Sessel hinüber. Er nickt kurz ein. Als er erwacht, lächelt er noch etwas schlaftrunken in Richtung des anderen Sessels. Er sieht zufrieden aus.

      Der Traum ändert sich erneut.

      Jetzt sitzt Eila auf dem Rücken eines grauweißen Pferdes, dessen Fell leicht silbern zu schimmern scheint. Sie galoppieren über leicht ansteigendes Flachland, dessen karger Bewuchs mit Raureif überzogen ist. Diese Sequenz hatte sie bereits im letzten Herbst in Coimhead gesehen. Von rechts kommt ein Rudel grauer Wölfe. Sie bilden eine auseinandergezogene Kette.

      Das Pferd rast schneller auf den Bergrücken vor ihnen zu. Nun sieht sie Albin rechts neben dem Pferd laufen. Sein Kopf blickt in Richtung der Wölfe. Die vorderen Wölfe verharren in der Bewegung und werden vom Erdboden verschluckt, doch die anderen kommen näher. Erneut verschwinden mehrere Tiere im Boden, nachdem diese erstarrt waren. Kurz darauf kreisen die restlichen Tiere sie ein.

      BEWEGEN Eila will sich gerade umsehen, als sie aus dem Traum gerissen wird.

      Nicht weit entfernt von ihr begrüßt eine Henne das soeben gelegte Ei mit aufgeregtem Gegacker.

      Eila richtet sich erschrocken auf und blickt alarmiert um sich. Die junge Zauberin beruhigt sich aber, als sie das plötzliche Geräusch eingeordnet hat. Sie bedauert, dass sie die Sequenz nicht weiterverfolgen konnte. Ob sie mit Albin allein unterwegs ist, und wo das wohl sein könnte, vermag sie nicht zu ergründen.

      Da die Sonne bereits die ersten Strahlen in die Scheune wirft und Finley durch das Huhn ebenfalls geweckt wurde, frühstücken sie. Ihr Proviant beginnt schon zu schwinden, also müssen sie bald für Nachschub sorgen. Gemeinsam diskutieren sie die von Eila gesehenen Sequenzen. Der Ritt auf dem Pferd findet in der Zukunft und während einer kälteren Jahreszeit statt, mehr kann dazu nicht ermittelt werden.

      Der gestrige Kampf mit den Wölfen scheint von keinem Späher gesehen worden zu sein, also werden die Dubharan wohl nichts davon erfahren. Sie können im Moment also relativ sicher sein, nicht weiter verfolgt zu werden. Wenn sie jetzt durch Beobachter gesehen werden, wirken sie wie normale, zu Fuß Reisende.

      Die kurze Sequenz mit ihrem Großvater sagt nichts aus. Es könnte auch einfach nur ein Traum gewesen sein. Trotzdem freut sich Eila, ihn »gesehen« zu haben.

      Da sie noch einen weiten Weg vor sich haben, brechen sie auf. Obwohl die Sonne Strahlen in die Scheune geworfen hat, erkennen sie bei deren Verlassen, dass sich bereits viele dunkle Wolken am Himmel gebildet haben. Sie verdichten sich im Laufe des Vormittags, um schließlich den ganzen Himmel zu verdunkeln. Als die ersten Blitze zucken und tiefe Donner grollen, prasseln dicke Regentropfen auf sie herab. In kürzester Zeit wirkt die Umgebung gespenstisch. Es ist fast so dunkel wie in der Nacht, die aber immer wieder von grellen Blitzen erleuchtet wird. Bäume, Büsche und auch vereinzelte Steinmauern erscheinen unwirklich in diesem kurz aufleuchtenden, kalten Licht. Hin und wieder ist das entfernte Gebell von Hunden zu hören, die dem Donnern antworten. Albin bleibt davon aber ungerührt. Er läuft ruhig vor ihnen her. Als sie in dem dichten Regen die ersten Häuser eines kleinen Ortes erkennen, beschließen sie, dort das Unwetter vorüberziehen zu lassen. Vor ihnen dringt gelber Lichtschein aus den Fenstern eines Gasthofs, den sie erleichtert betreten. Im Vorraum schüttelt Albin sich ausgiebig, während die jungen Zauberer ihren Regenschutz ausschütteln. Ihre Hosen sind an den Beinen völlig durchnässt, obwohl ihre Oberkörper trocken geblieben sind.

      Den Gastraum betretend, empfängt sie die wohlige Wärme eines großen Kaminfeuers. Dankbar stellen sie sich davor und reiben ihre klammen Hände. Nach einer Weile bemerken sie, dass der vorher leere Raum wohl nicht mehr ihnen allein gehört. Sie drehen sich um und blicken in das freundliche Gesicht eines gemütlich wirkenden Gastwirtes.

      Er zeigt ein breites Lächeln, als er sie fragt: »Wo soll es denn bei diesem Wetter hingehen? Da wird doch nicht einmal ein Hund vor die Tür gejagt.« Er grinst nun etwas. »Einer offensichtlich schon, aber er ist ja nicht alleine unterwegs. – Was kann ich für euch tun, möchtet ihr eine heiße Suppe? Es gibt heute Linsensuppe nach Art des Hauses, das heißt mit ordentlich durchwachsenem Speck darin und hausgemachten Bratheringen dazu.«

      »Das hört sich verlockend an! Wir möchten davon zwei große Portionen. Unser Hund hätte aber sicher gerne ein ordentliches Stück Wurst oder Fleisch« antwortet Finley, nachdem Eila zustimmend genickt hat. »Wir sind auf der Reise zu unseren Großeltern an der Südküste«, ergänzt er, wobei er einen kleinen Ort nennt.

      »Da habt ihr aber noch eine große Strecke vor euch. So wie das aussieht, wird sich das Wetter heute nicht mehr ändern. Wollt ihr vielleicht hier übernachten? Ich habe zwar keine Gästebetten, dafür ist das Heu im Stall aber trocken und wärmt ganz ausgezeichnet.«

      »Wir möchten eigentlich heute noch weiter, da der vor uns liegende Weg noch weit ist. Trotzdem Danke für das Angebot. Vielleicht nehmen wir es ja doch noch an. Zuerst möchten wir uns noch etwas aufwärmen und natürlich die Linsensuppe versuchen.« Finley ist vorsichtig. Der Wirt wirkt nicht gefährlich, aber sie könnten noch einen halben Tagesmarsch zurücklegen, wenn sie nicht hierbleiben.

      Sie setzen sich in die Nähe des Feuers an einen Tisch. Albin hat sich bereits zufrieden vor dem offenen Feuer ausgestreckt. Der Wirt verschwindet durch eine Tür, um das Gewünschte herbeizuholen.

      Nach wenigen Augenblicken bringt er dem Hund eine Schüssel mit Wasser und fragt seine Gäste: »Möchtet ihr auch Wasser oder etwas anderes?«

      »Wir nehmen gerne heißen Pfefferminztee, falls sie welchen haben«, antwortet Eila.

      »Natürlich, ich nehme die Blätter dafür frisch von Pflanzen in meinem Garten. Eine gute, alte Bekannte liebt diesen Kräutertee über alles, also habe ich genügend davon vorrätig.« Während dieser Worte schaut er sie etwas lauernd an. Oder war das nur Einbildung? Eila ist sich nicht sicher. Der Wirt eilt geschäftig hinaus, um ihnen bald darauf den belebend duftenden Tee in zwei Steinguttassen zu bringen.

      »Falls ihr mögt, könnt ihr etwas Honig hineingeben, ich bevorzuge ihn aber ungesüßt.« Lächelnd stellt er einen kleinen Steinguttopf auf den Tisch, aus dem ein runder Holzstiel hervorschaut. »Die Suppe kommt in zehn Minuten, sie muss noch einmal kurz aufkochen.«

      Nach dem Essen fühlen sich die jungen Leute ausgeruht, so dass sie beschließen, trotz des Regens das Angebot zur Übernachtung nicht anzunehmen. Außerdem fühlen sie sich hier nicht wohl, der Wirt erscheint ihnen zu redselig. Sie bedanken sich und erstehen etwas Proviant für den weiteren Weg. Dann brechen sie auf. Der Himmel ist jetzt nicht mehr so dunkel, aber aus der geschlossenen, grauen Wolkendecke schüttet ein andauernder Landregen herab.

      Gegen Abend lässt er langsam nach, um schließlich ganz zu versiegen. Viele Pfützen stehen auf dem unebenen Weg, denen sie aber ohne Probleme ausweichen können. Jetzt sehen sie vermehrt mit Steinmauern oder Weißdorn umgrenzte Weideflächen, auf denen Schafherden grasen. Bevor es ganz dunkel ist, sehen sie auf einer der Weiden einen baufälligen Schafstall. Sie beschließen, dort die Nacht zu verbringen. Die Wände bieten Schutz vor dem aufkommenden Wind. Das Dach weist allerdings viele Lücken auf. Das eintönige Tropfen der letzten Feuchtigkeit vom Dach herab lässt