Gold!. Gerstäcker Friedrich. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Gerstäcker Friedrich
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753136295
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waren auch bald getroffen, nur wußte ich nicht, weshalb Mr. Hetson dieselben so geheim betrieb. Endlich gestand er mir, er fürchte, daß uns mein früherer Bräutigam selber nach Kalifornien folgen würde, und habe deshalb beschlossen, ihn von unserer Fährte abzubringen. Ein anderes Schiff lag nämlich gleichzeitig, nach Sidney in Australien bestimmt, im Hafen von Valparaiso, und ein Brief, der für Charles zurückbleiben sollte, enthielt die Meldung, daß wir uns nach Neu-Holland eingeschifft hätten.

      „Vergebens bat ich Hetson, bei der Wahrheit zu bleiben und sich fest darauf zu verlassen, daß Charles seine Ruhe nie versuchen würde zu stören. Schon die Bitte allein erweckte sein Mißtrauen, seine Eifersucht. Er fing an zu glauben, daß mir daran liege, ihm ein Zeichen zu hinterlassen, wohin wir uns gewendet, und überwachte jeden meiner Schritte, ja selbst meine Blicke auf das Aengstlichste, so lange wir uns noch an Land befanden. Meine Eltern beschwor er dabei bei Allem, was ihnen heilig sei, dem Ankommenden unsern wahren Aufenthalt nicht zu verrathen, und befand sich auch fortwährend in einer solchen Aufregung, daß ich zuletzt selber den Augenblick herbeisehnte, in dem wir Chile verlassen würden. Hoffte ich doch, daß sich dann seine Unruhe legen, seine unglückliche Angst beschwichtigt werden würde."

      „Aber das hat sich nicht erfüllt?" sagte theilnehmend der Arzt.

      „Nein," seufzte die Frau; „es ist im Gegentheil, seit wir das Land in Sicht haben, noch mit vermehrter Stärke wieder ausgebrochen. Hatte er doch schon in den ersten Tagen unserer Reise die unglückselige und fixe Idee, daß sich Charles heimlich mit an Bord geschlichen habe. Erst als er sich vom Gegentheil fest und unleugbar überzeugt, wurde er ruhiger; mit dem Land aber vor sich, mit den fremden Schiffen in Sicht, scheint die alte Angst nur stärker wiederzukehren. Auf jedem Fahrzeug, das den Eingang zur San Francisco-Bai /27/ sucht, fürchtet er den Mann, den er für seinen Nebenbuhler hält. Er zittert sogar schon vor dem Betreten des fremden Bodens, den Jener vor uns erreicht haben könnte, und ich selber bin über diesen Zustand des Unglücklichen, der nahe an Wahnsinn grenzt, in Verzweiflung. Deshalb, verehrter Herr, drängte es mich auch, mein Herz einmal gegen irgend Jemanden auszuschütten, und wem hätte ich da eher vertrauen können, wie gerade Ihnen?"

      „Ihr Vertrauen soll Sie da nicht getäuscht haben, verehrte Frau," sagte der alte Mann gerührt, „aber ich weiß nicht recht, wie ich Ihnen da jetzt beistehen kann. Ihr Gatte hat einmal diese unglückliche fixe Idee gefaßt, und mit äußeren Mitteln ist da nichts zu bessern."

      „Wenn man ihm nur die Kunde bringen könnte," seufzte die Frau, „daß - Jener wirklich nach Australien gegangen sei."

      „Um Gottes willen nicht," rief der Arzt schnell, „dann würde er erst die Gewißheit haben, daß er Sie wirklich verfolge, und nie im Leben mehr Ruh' und Rast finden. Von Australien kommen überdies, wie ich gehört habe, sehr häufig Schiffe in San Francisco an, und jedes von diesen würde seiner Unruhe neue, und dann gerechtfertigte Nahrung geben."

      „Aber was soll, was kann ich da thun? Wie wird das überdies enden," frug verzweifelnd die Frau, „wenn diese fixe Idee mehr und mehr überhand nimmt? Schon jetzt ist sein Körper dieser ununterbrochenen Aufregung fast erlegen."

      „Fahren Sie vor allen Dingen fort," sagte der alte Mann, „wahr und aufrichtig gegen Ihren Gatten zu sein. Der geringste Widerspruch, auf dem er Sie beträfe, könnte und müßte das Uebel nur verschlimmern. Geben Sie ihm dagegen nicht den geringsten Anlaß zu Verdacht, und hört er nichts mehr von dem vermeintlichen Nebenbuhler, so ist die Zeit sein bester Arzt und wird ihn bald vollkommen wiederherstellen."

      „Aber wenn nicht?" frug, ängstlich die Hände gefaltet, die Frau - „wenn in dem fremden Lande diese entsetzlichen Träume stärker und stärker würden?"

      „Vertrauen Sie auf Gott," unterbrach sie ernst der alte Mann, „und bedenken Sie vor allen Dingen, daß Sie durch solche ängstliche Phantasien Ihre eigene Gesundheit muth-/28/willig untergraben. Haben Sie guten Muth; das neue rege Leben da drüben wird den besten und heilsamsten Einfluß auf Ihren Gatten ausüben. Jetzt in das enge Schiff einge¬schlossen, Tag für Tag ohne jede Beschäftigung, nur immer auf die gewohnte Umgebung angewiesen, deren man ohnedies müde wird, ist es kein Wunder, daß er sich solchen unglück¬lichen Ideen mit doppelter Schärfe hingegeben. Erst einmal von dem praktischen californischen Leben, von all' dem Drängen und Ringen nach Gold und Schätzen umrauscht, wird und muß er seine trüben Gedanken bald vergessen."

      „Ich will es hoffen," seufzte die Frau aus tiefstem Herzen, „ich selber will ja gern Alles thun, was in meinen Kräften steht, ihn aufzuheitern und zu zerstreuen - wenn nur sein Geist nicht schon gelitten hat."

      „Ich fürchte das nicht," sagte freundlich der Arzt. „Geben (sie sich nur nicht selber solchen gefährlichen Träumen hin, dann wird schon Alles gut werden. Uebrigens kenne ich nun sein Leiden, und sollten Sie in San Francisco meiner Hülfe bedürfen, so seien Sie versichert, daß ich Ihnen treu und redlich zur Seite stehen werde."

      „Das lohne Ihnen Gott," sagte die Frau und ergriff zitternd seine Hand; der alte Herr bot ihr aber freundlich den Arm und geleitete sie zu der in die Kajüte hinabführenden Treppe, wo er sie verließ, um an Deck zurückzukehren.

      2.

      Das „goldene Thor".

      Sonnen und klar brach der nächste Morgen an. Kaum aber warf der erste Dämmerschein seinen mattgrauen Strahl über die ruhig wogende See, als das Deck der Leontine schon von Passagieren wimmelte, denn „Da liegt das /29/ Land! Dort liegt Califonium!" (wie es die Leute wunderbarer Weise nannten) schoß wie ein Lauffeuer durch das ganze Zwischendeck.

      Der Capitain hatte nämlich die erste Hälfte der Nacht vom Land soviel als möglich abgehalten; nach acht Glasen aber (um Mitternacht) ließ er die oberen Segel einnehmen, um nicht zu viel Fortgang zn machen, und segelte gerade wieder auf die Küste los, um mit vollem Tag derselben nahe zu sein. Bei dem ruhigen Wetter hatte er auch nichts für sein Schiff zu fürchten und lag mit anbrechendem Morgen kaum zwei englische Meilen von der Küste entfernt, die er jetzt, die Brandung voll und deutlich in Sicht, nach Norden auflief.

      Acht verschiedene andere Fahrzeuge konnten sie dabei um sich her zählen; einige noch weiter südlich, andere oben mehr nach Norden, und einzelne noch weit draußen in See, die Küste jetzt ebenfalls anlaufend, und keins von diesen schien mehr von der Einfahrt zu wissen wie sie selber.

      „Hallo!" schrie da plötzlich der Obersteuermann, der oben in die Marsen gestiegen war, einen besseren Ueberblick zu gewinnen, und deutete mit dem Arm hinüber nach der schroffen Felsenküste, „was ist das da drüben?"

      „Wo?" rief der Capitain, der mit dem Fernglas in der Hand auf dem Quarterdeck stand, indem er das Teleskop auszog und hinüberrichtete - „was giebt es dort?"

      „Ein Segel, so wahr ich lebe, das gerade aus dem Felsen herauskommt," rief aber der Seemann fröhlich zurück - „dort muß die Einfahrt sein. Sehen Sie da drüben den flachen Felsenkegel, Capitain, mit scharf ausgezackter Wand daneben?"

      „Ich hab's!" rief der Capitain zurück, und der Steuermann ergriff eine der ihm nächsten Pardunen, an der er blitzesschnell an Deck hinunterglitt. Aber langes Schauen war nicht mehr nöthig. Der Capitain hatte mit seinem guten Fernrohr bald die schmale Felsschlucht ausgemittelt, aus der heraus gerade jetzt das Helle Segel sichtbar wurde, und im Nu flogen die Raaen herum und strebte der eigene Bug der ersehnten und lange gesuchten Einfahrt entgegen. Kaum weniger aufmerksam waren aber die übrigen Fahrzeuge gewesen, denn wie sie nur die veränderte Richtung der Leontine /30/ sahen, die nicht ohne Grund so gerade auf die schroffe Felsenküste lossteuern konnte, änderten sie sämmtlich ihren Cours. Vielleicht hatten sie dabei ebenfalls das kleine Segel bemerkt; sie mußten aber jedenfalls dort die Einfahrt vermuthen und - hatten sich auch in der That nicht geirrt. Je näher sie der Küste kamen, je deutlicher erkannten sie, daß sich dort die schroffen Felsen von einander trennten und einen schmalen, kanalartigen Eingang bildeten. - Gerade in dem Augenblick kam noch eine amerikanische Brig heraus, und sie wußten nun, daß sie wirklich vor dem sogenannten golden gate oder „goldenen Thore" Kaliforniens lagen.

      Das war ein Jubel an Bord, wie sich die Passagiere plötzlich ihrem Ziel so nahe sahen. Alles drängte nach vorn, das so lang