Die Pferdelords 06 - Die Paladine der toten Stadt. Michael Schenk. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael Schenk
Издательство: Bookwire
Серия: Die Pferdelords
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750222038
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hätte genügt.«

      »Unter der Besatzung Niyashaars befinden sich Männer, die sich vor der

      Reise noch der Schröpfung unterziehen müssen.«

      »Hm.« Neolaras seufzte. Diesem Argument konnte er nichts

      entgegensetzen.

      »Seltsam. Ich kann keinen Mann auf der Mauer oder auf dem Turm

      erkennen«, murmelte Neolaras ein wenig später. »Sie müssten uns doch

      längst erspäht haben.«

      Elgeros ließ seinen Blick über die marschierende Kolonne schweifen.

      Hinter den Männern stieg Staub auf, der von ihren Füßen hochgewirbelt

      wurde, und die hellblauen Umhänge der Krieger hoben sich farbenfroh von

      der Umgebung ab. Die Hundertschaft war also kaum zu übersehen. Der

      Bogenführer sah zum Turm des Vorpostens hinüber. »Du hast recht. Sie

      müssten uns längst bemerkt haben.«

      Sie waren dem Vorposten nun nahe genug, um Einzelheiten erkennen zu

      können.

      Niyashaar war nach den Schlachten des Ersten Bundes errichtet worden.

      Zuvor hatte das mächtige Menschenreich Rushaan das Land beherrscht und

      seine Grenzen geschützt, aber Rushaan war vergangen und zur Öde

      geworden, und die Grenze nach Osten hatte offen gestanden. Obwohl der

      Schwarze Lord bezwungen schien, hatten die Elfen den Vorposten an der

      einzigen Verbindung zwischen der Ebene von Cantarim und der Öde

      Rushaans erbaut. Es war ein einsamer Vorposten, weit entfernt von den

      elfischen Häusern. Dennoch war seine Lage mit Bedacht gewählt worden. Er

      würde niemals einem massierten Ansturm standhalten können, aber das war

      auch nicht seine Aufgabe. Vielmehr sollte er Spähtrupps der Bestien aufhalten

      und verhindern, dass sie nach Westen einsickerten, und er sollte einen

      Vormarsch der feindlichen Armee an die fernen Häuser melden, sodass deren

      Krieger sich rechtzeitig sammeln konnten. Über fünftausend Jahreswenden

      hatte Niyashaar diese Aufgabe erfüllt, doch nun war der Zeitpunkt

      gekommen, an dem die Anlage endgültig aufgegeben würde.

      Niyashaar war ein schlichtes Mauergeviert mit wenigen Gebäuden und

      einem einzelnen, alles überragenden Turm. Das einzige Tor, das aus

      massigen, durch Metallbänder verstärkten Balken bestand, war nach Westen

      gerichtet und lag somit auf der dem Pass von Rushaan abgewandten Seite.

      Insgesamt ließ die Anlage die Eleganz der elfischen Baukunst vermissen, aber

      sie erfüllte ihren Zweck.

      Elgeros und die Hundertschaft der Bogenschützen konnten direkt auf das

      Tor sehen, und was sie dort erkannten, gefiel ihnen nicht.

      »Das Tor von Niyashaar ist offen«, sagte Neolaras mit einem grimmigen

      Unterton in der Stimme.

      »Und es ist beschädigt«, ergänzte Elgeros. Der Bogenführer hob einen

      Arm und ließ die Kolonne haltmachen. »Schwärmt aus, ihr Elfen des Hauses

      Tenadan, und achtet mir auf die Flanken. Etwas ist in Niyashaar geschehen,

      und was ich sehe, macht mir Sorgen.«

      Beide Flügel des nach innen aufgehenden Tores standen ein Stück weit

      offen, der eine etwas weiter als der andere. Das war ungewöhnlich und

      deutete darauf hin, dass die Besatzung Niyashaar aufgegeben hatte.

      Neolaras schien derselbe Gedanke gekommen zu sein. »Ob sie den Posten

      verlassen haben?«

      Hinter ihnen schwärmte unterdessen die Hundertschaft in zwei

      auseinandergezogenen Linien aus. Die vordere Reihe zog die leicht

      gekrümmten Schwerter, die hintere hielt ihre Bogen bereit.

      Elgeros schüttelte den Kopf. »Dann wären sie uns begegnet. Außerdem

      hätten sie Niyashaar nicht ohne Befehl des Ältesten oder zwingende Not

      geräumt. Nein, mein Freund, hier ist etwas geschehen.« Der Bogenführer

      strich sich nervös über das Kinn. »Wir sehen es uns gemeinsam an. Deine

      Zehn soll uns folgen.«

      Neolaras wandte sich kurz um. »Meine Zehn folgt in fünf Schritten

      Abstand. Die anderen halten die Stellung.«

      Ihre Schritte knirschten auf dem Sand, während sie sich langsam dem

      Vorposten näherten. Alle ihre Sinne waren gespannt und auf Anzeichen von

      Gefahr gerichtet, aber alles blieb ruhig. Der Schatten des Torbogens fiel über

      sie, dann knarrte einer der Torflügel leise, als Neolaras ihn weiter öffnete.

      Nun konnten sie auch den Innenhof der Anlage übersehen, bis auf den

      Bereich, der von dem massigen Turm verdeckt wurde. Die Gebäude des

      Postens zogen sich an den Innenseiten der Mauern entlang: zwei bescheidene

      Unterkünfte, das Vorratshaus und ein weiteres, in dem die Speisen zubereitet

      wurden und die Männer sich zur Geselligkeit trafen.

      »Niemand zu sehen«, brummte Neolaras. Er hielt ebenfalls seinen Bogen

      bereit und hatte einen Pfeil aufgelegt. »Auch keine Spur eines Kampfes.«

      »Ja, das ist seltsam.« Elgeros war nicht leicht aus der Ruhe zu bringen,

      aber nun krampften sich seine Finger um den Griff seines Schwertes. »Keine

      Toten, keine Kadaver von Bestien. Nicht einmal Blut.«

      Der Bogenführer hörte die Schritte der zehn Elfen, die zu Neolaras’

      Gruppe gehörten, und machte mit der freien Hand ein paar Zeichen in der

      lautlosen Fingersprache des elfischen Volkes. Die Krieger schwärmten aus

      und sicherten die beiden Führer, die nun auf den Turm zuschritten.

      Eine kurze steinerne Treppe führte zu der dortigen Tür, die ebenfalls offen

      stand. Sie war aus einer schweren Metallplatte und zeigte die Symbole der

      elfischen Häuser. In die Rahmen waren filigrane Muster eingearbeitet und die

      Zeichen der Einheiten, die hier gedient hatten. Elgeros’ Schritt stockte auf

      halber Höhe der Treppe, und er deutete vor sich. »Dort. Sieh dir diese Stelle

      an.«

      Neolaras trat neben ihn, bückte sich und strich mit den Fingern über zwei

      der