hinein, der die Worte zum Maschinisten trug.
Die Strömung des Genda war hier recht stark und wirbelte Schlamm und
Schmutz vom Grund auf, sodass an dieser Stelle das Wasser immer getrübt
war. Man musste den Verlauf der Wellen und das Muster von
Verwirbelungen entziffern, sich auf seine Kenntnis des Flusses und auf das
Lot verlassen, damit man an den tückischen Verengungen der Fahrrinne nicht
auflief. Ein Stück weiter den Fluss hinunter verrotteten die Wracks zweier
Korsarenschiffe, die sich den Rumpf an Unterwasserfelsen aufgerissen hatten
und gesunken waren.
Ein Matrose, in der kurzen Jacke und den knielangen Hosen seines
Berufsstandes, rannte an der rechten Seite des Schiffes entlang und führte das
Lot mit sich. Es bestand aus einem metallenen Zylinder, der an einer langen
Leine befestigt und an der Unterseite mit Talg bestrichen war. Als der Mann
den Bug erreichte, beugte er sich weit vor, hielt sich mit einer Hand an der
aufgeheizten Reling fest und warf mit der anderen das Lot aus. Klatschend
tauchte der Zylinder ins Wasser ein, während die Leine an dem langsam
fahrenden Schiff entlangzuschwimmen schien.
»Recht so«, brummte ta Mergon. »Kurs halten!«
»Steuer mittschiffs, Kurs halten«, erwiderte der Steuermann.
»Drei Längen unter dem Rumpf«, rief der Matrose mit dem Lot.
»Zu dicht am Ufer«, brummte Halblar. »Wir sollten mehr zur Mitte der
Fahrrinne.«
»Wir haben Flut, und drei Längen Wasser unter dem Rumpf reichen.«
»Wenn es die Untiefe von Debun ist.«
Ta Mergon seufzte leise. »Welche Farbe hat der Grund?«, rief er nach
vorne. Er sah seinen Freund an. »Es ist Debun. Glaube mir, Halblar, ich
kenne den Fluss.«
Der Matrose am Lot zog den Metallzylinder hoch und betrachtete dessen
Unterseite. Im weichen Talg hatte sich Material vom Grund des Flusses
eingepresst. »Roter Grund, grober Kies, glatt geschliffen«, meldete er und
warf das Lot erneut aus.
»Debun«, stellte ta Mergon fest. »Wie ich es sagte. Ich kenne den Fluss.«
Halblar zuckte die Achseln. »Ich weiß. Aber durch die Strömung wandern
die Untiefen gelegentlich.«
Der Großkapitän stieß ein leises Grunzen aus, das alles Mögliche bedeuten
konnte. »Heute befahren wir nur den Fluss und die küstennahen Gewässer.
Bei den Finsteren Abgründen, es gab andere Zeiten, Halblar, mein Freund.«
»Ja, die gab es.«
Gort seufzte abgrundtief. »Steuermann, auf alten Kurs gehen. Wir sind nun
an Debun vorbei. Fahrt auf hundert Umdrehungen!«
Das Steuer bewegte sich und Kommandos ertönten. »Alter Kurs liegt an,
mittschiffs. Maschine auf hundert Umdrehungen.«
Halblar wandte sich um und beschattete die Augen gegen die Sonne. »Sie
folgen mittschiffs.«
»So besagt es der Befehl des Königs.« Gort ta Mergon machte sich nicht
die Mühe, sich umzuwenden. Natürlich folgten die beiden anderen Schiffe
des kleinen Geschwaders der »Shanvaar«. Die »Aivaar« war baugleich mit
dem Flaggschiff und verfügte somit ebenfalls über Schaufelradantrieb und
Dampfkanone. Die dahinter folgende »Netluaar« hingegen war einer der
klassischen Kampfsegler. Ihr Rumpf war etwas länger und trug drei große
Masten; entlang ihren Längsseiten standen Katapulte und im Geschützdeck
waren die Bolzenwerfer noch hinter den Luken verborgen.
»Sie hat Mühe, uns zu folgen«, knurrte Halblar. »Sie fällt zurück.«
»Die ›Netluaar‹?« Gort lachte leise. »Das wundert mich nicht. Wir haben
kaum Wind. Wie ich dir schon sagte, Halblar, der Brennsteinantrieb hat auch
seinen Vorteil.« Der Großkapitän des Geschwaders wandte sich nun doch um
und musterte die nachfolgenden Schiffe. »Dabei hat ihr Kapitän schon jeden
Fetzen Tuch gesetzt. Nun, ich will ihm die Schande ersparen, sich von der
›Aivaar‹ schleppen zu lassen. Steuermann, die Maschine soll auf fünfzig
Umdrehungen heruntergehen.«
Sie verlangsamten ihre Fahrt, aber der Segler hatte noch immer Mühe, mit
den beiden Dampfschiffen Schritt zu halten. Gort wusste jedoch, dass seine
stille Genugtuung von kurzer Dauer sein würde. Sobald Wind aufkam, würde
ihnen der schnelle Segler mühelos davonfahren können. Der adlige
Großkapitän bedauerte, dass man die Brennsteinantriebe noch nicht
wirkungsvoller machen konnte.
»Rauch, rechtsweisend voraus«, meldete plötzlich der Ausguck.
»Das ist Mintris«, knurrte einer der Matrosen grimmig. »Diese verfluchten
Bestien. Möge die ewige See sie auf ewig verschlingen.«
»Den Gefallen wird sie uns schwerlich tun«, erwiderte Halblar leise.
»Immerhin sind die Bastarde auf ihr zu Hause.«
Gelegentlich segelte ein Schwarm der Korsaren die Küste entlang, um
Siedlungen zu überfallen und zu plündern. Selbst den Fluss waren sie oft
genug heraufgekommen, bis die Hafenstadt Gendaneris die Bucht endlich
sicherte und die Bestien mit ihren Batterien und Wachschiffen fernhielt.
Meistens zumindest, denn ab und zu schlüpften in der Nacht doch ein oder
zwei Korsaren hindurch und wagten sich den Fluss hinauf. So war es auch vor
einigen Tageswenden gewesen, als eine Horde der Bestien über die Stadt
Mintris hergefallen war und dort so lange gemordet und geplündert hatte, bis
zwei Regimenter der Garde sie endlich vertrieben. Ein Teil des Schwarms
hatte sich auf die Schiffe retten können, die sich nun irgendwo zwischen
Mintris und Gendaneris auf dem Fluss befinden mussten. Es war Gort ta
Mergons Aufgabe, diese beiden Korsarenschiffe zu stellen und zu vernichten.
Vielleicht