auszubessern, ebenso wie die wenigen eingezäunten Bereiche, in denen
Nedeam und Dorkemunt die Tiere bei den schweren Regenstürmen, die
besonders im Herbst über die Hochmark hereinbrachen, zusammenhielten.
Zudem musste das Gehöft sauber gehalten und Mahlzeiten mussten zubereitet
werden. Sattelzeug und Kleidung galt es auszubessern, und noch mancherlei
Dinge mehr waren zu erledigen.
Während sich Nedeam darüber Gedanken machte, beugte er sich
unbewusst im Sattel vor und tätschelte den Hals seines Hengstes. Stirnfleck
kam nun langsam in die Jahre und würde bald nicht mehr als Kriegspferd
taugen. Er hatte schon Nedeams Vater Balwin gedient und war hervorragend
ausgebildet. Im Kampf und bei der Herdenwache war er ein wirklicher
Gefährte, denn er konnte die Rüstung eines Rundohrs mühelos mit den Hufen
zertrümmern und reiterlos ein ausgerissenes Wolltier zur Herde zurücktreiben.
Der große Hengst mit dem weißen Fleck an der Stirn scheute sich auch nicht,
einen störrischen Bullen in die Flanke zu zwicken, und er war noch immer
schnell genug, dem Stoß der Hörner auszuweichen. Aber inzwischen wurde er
rascher müde, und Nedeam gestand sich ein, dass Stirnfleck es sich verdient
hatte, seine letzten Jahreswenden friedvoll zu verbringen. Es würde dem
jungen Pferdelord schwerfallen, sich an ein anderes Pferd zu gewöhnen, und
er vermutete, dass auch der Hengst es nicht gerne sehen würde, wenn Nedeam
den Rücken eines anderen Pferdes bedeckte. Früher oder später würde er sich
ein neues Reittier wählen und es sorgfältig ausbilden müssen, aber er zögerte
diesen Moment immer wieder hinaus.
Der junge Pferdelord folgte den Schluchten und Tälern, die vom nördlich
gelegenen Eternas zum südlichen Pass der Hochmark führten.
Seit der Schlacht um Merdonan, vor über sechs Jahreswenden, herrschte
Frieden in den Marken des Pferdevolkes. Seitdem die Legionen der Orks des
Schwarzen Lords vor den Weißen Sümpfen vernichtend geschlagen worden
waren, hatten sich keine Bestien mehr an den östlichen Grenzen gezeigt.
Im Westen hielten die Clans des Wüstenvolkes einen eher brüchigen
Waffenstillstand, denn ab und zu fielen kleine Gruppen von Jungkriegern in
die Westmark ein, um sich im Kampf zu bewähren und so die Manneswürde
zu erlangen. Aber es waren nur kleine Gefechte mit wenigen Opfern, und so
nahm man die gelegentlichen Störungen hin, denn ein Krieg hätte für beide
Seiten unnötige Opfer bedeutet. Die Überfälle hielten sich auch deshalb in
Grenzen, da sich langsam ein, wenn auch eingeschränkter, Handel zwischen
der Westmark und den Turiks des Wüstenvolkes entwickelte. Die Clans
tauschten dabei das für sie wertvolle Holz und zunehmend auch Metall gegen
ein Sekret ein, das von ihren Sandwühlern erzeugt wurde und bei den Frauen
des Königreiches Alnoa sehr beliebt war. Für das Sandvolk war diese
Ausscheidung zuvor eher ein Ärgernis gewesen, und es amüsierte sie, dass
man den Gestank in Alnoa als Duft handelte.
Im Süden wachten die Truppen des Königreiches Alnoa an den Pässen und
Grenzen, die ins Reich des Schwarzen Lords führten, und auch dort herrschte,
von kleineren Scharmützeln abgesehen, ein Zustand, der einem Frieden
durchaus nahekam.
Aber niemand war so naiv, die Gefahr durch die Legionen der Orks zu
unterschätzen. Schon zweimal hatte der Schwarze Lord versucht, die
menschlichen Reiche zu vernichten. Vor vielen Menschenaltern war ihm das
Erste Bündnis aus Elfen und Menschen entgegengetreten und hatte ihn
bezwungen. Dann, als Nedeam noch ein Knabe gewesen war, hatten die
Legionen es erneut versucht und waren schließlich in der Schlacht vor der
Stadt der weißen Bäume, der Weißen Stadt Alneris, abermals geschlagen
worden. Die Schlacht von Merdonan war die letzte Begegnung mit den Orks
gewesen. Zwar hatte der Schwarze Lord dabei viele Legionen verloren, doch
geschlagen war er deshalb noch nicht. Er leckte seine Wunden und würde
erneut seine Rundohren und Spitzohren in den Schleimbeuteln der Bruthöhlen
heranzüchten. In den Schmieden würden Rüstungen und Waffen entstehen,
und eines Tages würde sich der Feind aufs Neue erheben und die Reiche der
Menschen berennen. Auf diesen Tag bereitete sich das Volk der Pferdelords
vor, ebenso wie seine Verbündeten.
Denn die Menschen waren nicht allein. Sie hatten Freunde.
Etwa die Häuser der Elfen des Waldes und die Häuser der Elfen der See.
Seit vielen Zeitaltern standen sie an der Seite der Menschen, aber es war
ungewiss, wie lange dies noch der Fall sein würde. Das elfische Volk
bereitete sich seit vielen Jahren auf seine geheimnisvolle Reise zu den Neuen
Ufern vor. Kein Mensch vermochte zu sagen, wo diese neue Heimat der Elfen
lag und wann diese Reise stattfinden würde. Aber die Elfen würden gehen
und von der Seite ihrer menschlichen Verbündeten weichen, womit sie eine
schmerzliche Lücke hinterlassen würden, denn die unsterblichen Wesen
waren überragende Kämpfer.
Doch das Pferdevolk hatte noch andere Verbündete gefunden, die
vielleicht nicht so elegant wie das elfische Volk auftraten, aber in ihrer rauen
Herzlichkeit dem Reitervolk entsprachen und zudem effektive Krieger waren.
Das Volk der Zwerge lebte in seinen unterirdischen Kristallstädten in den
Herzen der großen Gebirge, und auch wenn von den sieben Städten nur noch
vier geblieben waren, so bildete das kleine Volk doch eine beachtliche Macht.
Nedeam hatte keinen Zweifel, dass die kleinen Herren mit den langen
Bartzöpfen treu an der Seite der Menschen stehen würden, wenn sich,
irgendwann, die Finsternis im Osten erneut regte.
So sicher, wie der Schwarze Lord und seine Legionen von Orks im Osten
wieder erstarkten, so unbezweifelbar erholten sich auch die westlichen Reiche
der Menschen und Zwerge von den vielen vergangenen Kämpfen. Eine
höhere