Hochmark machte sich dies bemerkbar.
Stetig nach Süden reitend, erreichte Nedeam schließlich den
Hammergrund, einen Weiler, den man erst vor zwei Jahreswenden gegründet
hatte. Er lag auf halbem Wege zwischen Horngrundweiler und Balwins
Gehöft und war ein Zeichen für das Wachstum der Bevölkerung, aber auch
für den Wandel der Hochmark, denn der wesentliche Grund für seine
Errichtung war Gold gewesen.
In unmittelbarer Nähe zum Weiler lagen überaus reiche Vorkommen des
Metalls, das die Männer und Frauen zutage förderten. Für sie selbst hatte es
nur einen begrenzten Nutzen, denn es ließ sich nicht zu Waffen oder
Rüstungen schmieden, und man konnte es ja auch nicht essen. Aber die
Händler des Königreiches von Alnoa boten gute Ware für den wertlosen
Tand. Der König in Alneris ließ aus dem weichen Metall kleine Scheiben
gießen, in die sein Siegel gehämmert wurde. Der wuchtige Schlag verformte
die Scheiben zu kleinen Schüsselchen, die im Königreich der weißen Bäume
als Zahlungsmittel dienten. Daher stieg dort der Bedarf an Gold stetig an, und
so lohnte es sich für den Hammergrundweiler, mit dem eigentlich wertlosen
Metall zu handeln.
Der Weiler war noch relativ klein und bestand nur aus einem einzelnen,
um den zentralen Versammlungsplatz gruppierten Ring von Häusern, aber
Nedeam erkannte einige neue Gebäude, die bald einen zweiten Ring bilden
würden. Der Weiler wuchs, und das war auch ein Zeichen für das Erstarken
der Mark.
Nedeam lenkte seinen Hengst Stirnfleck über die staubige Straße, die
Eternas mit dem Südpass verband, und führte ihn zwischen die ersten Häuser
des Weilers, wobei er einigen Bewohnern zunickte, die ihrem Tagwerk
nachgingen. Hinter einer jungen Frau drängten drei kleine Kinder hervor, die
den Reiter neugierig anstarrten.
»Ein weiter Weg von Eternas in den Hammergrund, guter Herr«, sagte sie
freundlich.
Nedeam verharrte auf seinem Stirnfleck und stützte die Hände auf das
Sattelhorn. »Nein, gute Frau, ich bin auf dem Weg nach Hause, zu Balwins
Gehöft.«
»Oh, zum guten Herrn Dorkemunt.« Sie lachte auf. »Dann müsst Ihr
Nedeam sein. Verzeiht, aber wir sind erst vor wenigen Tageswenden aus der
Königsmark heraufgekommen.«
»Dann war Euer Weg ein wenig weiter als der meine.« Nedeam beugte
sich zur Seite und öffnete seine Provianttasche, die hinter ihm am Sattel hing.
Er suchte kurz darin und zog dann ein großes Stück Süßwurzel hervor, das er
den Kindern reichte. »Teilt es gerecht, wie es sich für Pferdelords gebührt«,
sagte er lachend, als die kleinen Hände nach der begehrten Wurzel griffen.
Eigentlich besaß er nur wenig von der Süßigkeit, aber er konnte dem
schmachtenden Blick der Kinder nichts entgegensetzen. Erneut sah er die
Frau an. »Was hat Euch aus der Königsmark hierher geführt?«
»Mein Gemahl ist Hofschmied in Enderonas. Unser König Reyodem
braucht Gold. Viel Gold, wie mein braver Hartwin sagt, und so soll mein
guter Mann sehen, ob es hier genug davon gibt.«
Nedeam lachte schallend auf, und als er das Gesicht der jungen Frau sah,
machte er eine entschuldigende Geste. »Seht es mir nach, gute Frau, ich lache
nicht über Euch. Aber ich frage mich, was unser guter König Reyodem mit so
viel nutzlosem Weichmetall anfangen kann. Will er die Dächer von
Enderonas gegen Regen schützen?«
»Das vermag ich nicht zu sagen.« Die Frau sah drohend zu ihrem ältesten
Kind, das die Verteilung der Süßwurzel übernommen hatte und dabei ein
recht eigenwilliges Verständnis von Gerechtigkeit zeigte. »Aber mein guter
Hartwin sagt, ein Bote des Königs Reyodem sei zum Hohen Lord Garodem
unterwegs, um die Angelegenheit mit ihm zu besprechen.«
Nedeam richtete sich überrascht im Sattel auf. »Ein Bote Reyodems?«,
murmelte er dann. Er konnte kaum glauben, dass der König des Pferdevolkes
mit dem Pferdefürsten wegen einer solchen Nichtigkeit wie Gold verhandeln
wollte.
»Er wird wohl erst in einigen Tageswenden eintreffen.« Die Frau zuckte
die Schultern. »Ich weiß es ja auch nur deshalb, weil man Hartwin, meinem
guten Mann, sagte, der Bote wolle erst mit ihm sprechen, bevor er zum Hohen
Lord Garodem weiterreite.«
Nedeam räusperte sich und verschloss die Provianttasche wieder. »Nun, er
wird sicher zufrieden sein. Gold findet man hier am Hammergrundweiler
reichlich. Ich wollte nur, es wäre etwas Nützlicheres, wie etwa Holz. Daran
mangelt es uns noch immer, und wir müssen es aus den anderen Marken
einführen. Aus Holz lassen sich wenigstens Pfeilschäfte und Lanzen
machen.«
Die Frau lachte fröhlich. »Ihr denkt wie ein Pferdelord, guter Herr.«
»Nun, das bin ich auch.« Nedeam nickte ihr und den Kindern zu, ließ
seinem Pferd die Zügel und ritt dann zwischen den Gebäuden hindurch auf
den zentralen Weilerplatz.
Für einen kurzen Augenblick drang ihm der schwache Geruch von Urin in
die Nase, als er an einem Stapel gegerbter Häute vorüberkam. Zwei Männer
saßen vor einem Haus und glätteten die Schäfte für neue Pfeile. Sie erkannten
Nedeam und winkten ihn zu sich.
»Ihr seid auf dem Ritt zu Dorkemunt, guter Herr? Mein Weib hat ein paar
neue Lederriemen für ihn gefertigt, und Ihr könnt sie ihm gleich mitnehmen.
Aber nun steigt erst einmal ab und erfrischt Euch ein wenig, während ich sie
hole.«
Nedeam saß ab und gab Stirnfleck die Zügel frei. Einer der Männer erhob
sich und verschwand im Haus, während der andere die Schäfte zur Seite legte
und