verkümmert zu sein wie seine allseits bekannte scharfe Zunge. Der alte
Schmied hatte die Arme in die Hüften gestemmt, und der Schweiß rann ihm
über seinen nackten Oberkörper, während vor ihm eine ältere Frau mit einem
Schurmesser herumfuchtelte.
»Scharf nennt Ihr das«, keifte sie wütend. »Soll ich meinen armen Tieren
damit vielleicht die Haare rupfen?«
»Mir ist egal, ob Ihr Eure Wolltiere rupfen wollt«, murrte der alte Schmied.
»Andere Leute nehmen ein Messer, wie Ihr es in der Hand haltet, und scheren
die Wolltiere damit.«
»Scheren?« Die Frau beäugte das Schurmesser wie ein seltsames Tier.
»Vielleicht kann ich damit meinen Garten umgraben. Zu mehr taugt es
jedenfalls nicht.«
»Ihr habt keinen Garten, Weib«, knurrte Guntram. »Und wenn Ihr weiter
so keift, hören Euch Eure Wolltiere und laufen auch noch fort. Dann habt Ihr
keine Tiere mehr zum Scheren. Zudem fertige ich die besten Schurmesser in
der Hochmark. Jeder weiß das.« Guntram erblickte Nedeam, der grinsend auf
Stirnfleck saß und dem lautstarken Disput zuhörte. »Selbst dieser junge Herr
weiß meine Schurmesser zu schätzen und kommt extra von weit her angereist,
um meine Ware zu erhalten.« Guntram sah Nedeam grimmig an. »Ist es nicht
so?«
»Äh«, machte der Junge unsicher, und Guntram nickte.
»Da hört Ihr es. Auch er weiß meine Handwerkskunst zu schätzen. Trollt
Euch also, Weib, denn ich habe ernsthaft zu arbeiten. Quält Eure Wolltiere,
doch nicht mich.« Guntram nahm der Frau das Messer aus der Hand und hielt
es Nedeam entgegen. »Nun, junger Mann, ist die Klinge scharf? Natürlich ist
sie scharf.« Der Schmied drehte sich wieder zu der Frau um. »Förmlich
hindurchsehen kann man durch die Schneide«, brüllte er, »so scharf ist sie.«
Er sah Nedeam durchdringend an. »Nicht wahr, das ist sie?«
»Nun«, begann Nedeam wiederum zögernd, doch Guntram hob die Hand.
Der Schmied atmete mehrmals tief durch und schien sich zur Ruhe zu
zwingen. »Da hört Ihr es, Weib.« Er nahm das Messer und führte es flach
über seinen Arm. Nedeam sah staunend, wie dabei die grauen Haare von der
Haut abgetrennt wurden. Guntram blickte das Messer zufrieden an und
wandte sich erneut der Frau zu. »Ich werde es selbst behalten. Die Klinge ist
zu scharf für Euch, Ihr könntet Euch verletzen.«
»Das Messer ist gut«, meinte sie rasch. »Ich nehme es.«
»Unsinn. In Eurem Alter ist es zu gefährlich, eine solche Klinge zu führen.
Für Euch und andere Leute.«
»Ich nehme es«, wiederholte die ältere Frau hastig und zog das
Schurmesser wieder aus Guntrams Hand. Dann warf sie dem Schmied und
Nedeam einen giftigen Blick zu und hastete davon.
Guntram lachte leise. »Eine wahre Seele, nicht wahr?«
Nedeam zuckte die Schultern. »Ihr seid sicher froh, sie nicht zum Weib zu
haben.«
Guntram lachte brüllend auf und schlug Nedeam so heftig auf den
Schenkel, dass dieser fast aus dem Sattel stürzte. »Aber sie ist mein Weib, der
Dunkle Turm möge sie verschlingen.« Er grinste breit. »Und ich sage Euch,
junger Herr, es gibt kein besseres Weib in ganz Eternas. Sie hat Feuer wie
eine Esse.«
Guntram sah Nedeam nicht unfreundlich an. »Leider ist sie manchmal
auch ebenso laut. Doch nun zu Euch, junger Herr. Ihr kommt mir bekannt vor.
Lasst mich nachdenken. Das Pferd kenne ich. Stirnlocke … nein, Stirnfleck.
Ihr müsst Balwins Sohn sein, nicht wahr?« Als Nedeam nickte, wies der alte
Schmied zu seiner Werkstatt. »Hier gibt es nur das beste Eisen, und ich
mache es zu bestem Stahl. Ihr wollt sicher ordentliche Klingen für die
Wolltierschur haben, richtig? Dann steigt ab, junger Freund.«
Nedeam schwang sich aus dem Sattel, und der Schmied lachte erneut, als
der Junge sich in seinem langen braunen Umhang verfing. Errötend schlug
Nedeam das Kleidungsstück über die Schulter zurück. »Ich habe Felle, Wolle
und Häute.«
Guntram schlug leicht gegen eine der Tragetaschen an Stirnflecks
Hinterhand. »Ja, und offensichtlich hat Euer Vater eine gute Aufzucht und
eine gute Jagd gehabt. Nun, zwei der Felle werden reichen, um meine Kosten
abzudecken.«
»Zwei Felle?« Nedeam dachte an die Worte seines Vaters und schüttelte
dann den Kopf. »Mein Vater warnte mich schon davor, dass Ihr solches
fordern würdet. Doch ein Fell ist genug. Es sind gute Felle.«
»Und ich habe gute Klingen«, wandte Guntram ein. Sein Gesichtsausdruck
wurde geschäftsmäßig, und er zog nach Nedeams Nicken das obere Fell
hervor. Kritisch begutachtete er es. »Nun gut, netter Wuchs, dichtes Fell …
Aber hier, junger Freund, man kann den Einstich des Pfeils sehen. Beim
Dunklen Turm und seinem Schwarzen Lord, es sieht eher aus, als habe Euer
Vater eine Schlachterlanze in das arme Tier gerammt. Mit einem solchen
Riesenriss ist das Fell nahezu ruiniert.« Er schüttelte bedauernd den Kopf.
»Mindestens zwei Felle, junger Freund. Und nur aus Freundschaft, da Ihr mir
eben bei meinem Weibe so tapfer beigestanden habt.«
»Mein Vater sagte mir aber, er habe den Wildläufer einst mit einer Eurer
Pfeilspitzen erlegt und die seien die schärfsten und schmalsten Klingen.«
Guntram knurrte, da diese Bemerkung ihn gleichermaßen rügte wie lobte.
Würde er nun weiterhin auf einem zu großen Riss im Fell des Tieres
beharren, würde er damit auch die Qualität seiner eigenen Arbeit schmälern.
Missmutig kratzte er sich im Nacken. »Ihr seid unzweifelhaft Balwins Sohn,
junger Herr.« Er seufzte entsagungsvoll. »Nun, mein Weib könnte den Riss
nähen