Land in Not wäre.«
»Kein Feuer, mein Herr.«
»Er hätte es entzündet, wenn er in Not wäre«, murmelte Garodem. »Er
hätte die Feuer entzündet und keinen Boten geschickt. Also war der Bote
nicht hier, um Hilfe zu holen. Und ich werde nur dann zu ihm reiten, wenn er
Hilfe benötigt und mich darum bittet. Egal ob als Bruder oder als
Lehnsmann.« Garodem trat erneut an die Karte. »Nein, er hätte die Feuer
entzündet.« Er hörte, wie Kormund sich abermals räusperte, und fuhr zu ihm
herum. »Ihr seid anderer Meinung?«
»Vielleicht wurde die Signalkette unterbrochen und es gab nur noch den
Weg, einen Boten zu schicken«, wandte der Scharführer ein.
Garodem nickte und neigte bedächtig seinen Kopf. »Ich muss Eurem
Einwand zustimmen. Zwar behagt mir der Gedanke gar nicht, denn er zwingt
mich, selbst Kontakt zum König aufzunehmen. Aber ich muss mich einfach
vergewissern, was der Bote wollte. Beim Dunklen Turm, Kormund, die
Sorgen gefallen mir nicht, die Ihr mir da bringt.«
Der Pferdefürst trat an die hölzerne Wand, die seinen Amtsraum von den
hinteren Räumen des Obergeschosses trennte, und schlug dagegen. Kurz
darauf später trat ein Schwertmann der Wache ein.
»Holt den Ersten Schwertmann Tasmund, ich muss ihn sprechen. Sofort.«
Garodem schenkte sich und Kormund Wein nach und blickte dann durch das
große Fenster auf den vorderen Burghof hinunter. »Was Ihr mir berichtet,
beginnt mir immer weniger zu gefallen«, seufzte er. »Dreißig Jahreswenden
hatten wir Ruhe und Frieden, und nun bringst du mir düstere Gedanken ins
Haus.« Er wandte sich Kormund zu. »Nun, wir werden uns allem stellen, was
immer es auch sei.«
Schritte hallten auf der steinernen Treppe, und hinter Kormund trat der
gerufene Tasmund in den Raum. Er nickte dem Scharführer kurz zu. »Ihr habt
mich gerufen, mein Hoher Lord?«
»Kormund hat auf seinem Ritt etwas gefunden. Darüber wird er Euch nun
berichten. Ich werde dazu schweigen, und Ihr werdet mir Eure Meinung offen
sagen, Tasmund.«
Tasmund war der Erste Schwertmann der Wache des Pferdefürsten und
somit der Befehlshaber der Burgbesatzung und der Pferdelords der
Hochmark, sofern der Pferdefürst diese nicht selbst führte. Der schlanke und
hochgewachsene Mann mit den tiefschwarzen Haaren hörte sich Kormunds
Schilderung an. Kormund wusste, was Garodem von ihm erwartete, und gab
deshalb lediglich die Fakten wieder, ohne eigene Vermutungen hinzuzufügen.
Tasmund hörte schweigend zu und blickte dann zu der Landkarte. Er schritt
hinüber, und Kormund beobachtete, wie der Erste Schwertmann ebenso wie
der Pferdefürst zuvor mit seinem Finger der Linie der Signalfeuer folgte.
Dann richtete Tasmund sich auf und sah den Pferdefürsten an.
»Die Kette der Signalfeuer kann unterbrochen worden sein, mein Hoher
Lord, und dann hätte der König allen Grund dafür gehabt, einen Boten um
Hilfe zu entsenden. Aber auch für den Fall, dass es einen anderen Grund für
den Boten gab, so müssen wir doch immer vom Schlimmsten ausgehen und
davon, dass der König uns um Hilfe ruft.«
Garodem nickte. »Ich sehe das genauso. Wenn der König uns ruft, so muss
es schlimm stehen, und er wird jeden Mann brauchen. Aber wenn er uns nicht
um Hilfe gerufen hat, entblößen wir die Hochmark grundlos um all ihre
wehrfähigen Männer und lassen Frauen und Kinder schutzlos zurück.« Er
seufzte. »Vielleicht ist es ein Fehler gewesen, jeden Kontakt abzubrechen«,
meinte er schließlich widerwillig, und man merkte, wie schwer ihm dieses
Eingeständnis fiel. Er sah Tasmund und Kormund an. »Ich brauche weitere
Anhaltspunkte. Ich muss wissen, ob das Land wirklich in Gefahr ist.
Kormund, ich habe Eure Schar im Hof gesehen. Sie scheint bereit zu sein.«
»Das ist sie, mein Herr.«
»Gut.« Garodem blickte wieder auf die Karte. »Die Besatzungen der
Signalfeuer sind vor fünf Tagen abgelöst worden. Der nächste Wechsel wird
erst in einem Zehntag fällig.« Garodem gab sich einen Ruck und trat wieder
hinter seinen Schreibtisch. »Kormund, Ihr nehmt Euren Beritt und kontrolliert
die Wachen am inneren und äußeren Signalfeuer des Passes. Reitet nicht
weiter, denn selbst das wird drei Tage dauern. Die Posten hätten die Feuer
entzündet, wenn sie ein Signal des Königs gesehen hätten. Aber sollte sie
etwas daran gehindert haben, so muss ich es wissen. Kormund, alter Freund,
Eile ist geboten.«
Kormund erhob sich und stellte den Becher mit Wein auf den Tisch
zurück. »Schneller Ritt …«
»… und scharfer Tod«, vervollständigten Garodem und Tasmund den Satz
ohne Lächeln.
Während Kormund zu seinen Männern in den Hof eilte, winkte Garodem
seinen Ersten Schwertmann zu sich heran. »Wir müssen vom schlimmsten
Fall ausgehen, Tasmund, mein Freund, und das heißt, dass wir die Pferdelords
der Hochmark zusammenrufen müssen. Wie viele Männer können wir
zusammenbekommen?«
»Knapp fünfzig Schwertmänner der Wache und zweihundertfünfzig
Pferdelords.« Tasmund sah den Pferdefürsten an und lächelte. »Mit den
Knaben und älteren Männern werden wir vielleicht dreihundertfünfzig Mann
bekommen. Aber dann werden wir schon die Wiegen auskratzen müssen.«
Garodem seufzte. »Wie viele von ihnen werden kämpfen können?«
Tasmund zuckte die Achseln. »Alle. Doch siegen können nur die
ausgebildeten Pferdelords, mein Herr. Es bleibt nicht viel Zeit, sie für den
Kriegseinsatz fähig zu machen, und nur wenige haben noch Kampferfahrung
so wie Kormund und einige andere.«
Der Pferdefürst blickte