ein unbefangener Beobachter durchaus auch darauf zurückführen, dass sein
Interesse schon auf die jungen Frauen im bindungsfähigen Alter gerichtet
war. Die Schar ritt nun durch das Handwerkerviertel, und zahlreiche
geschmiedete oder gegossene Wappen zeugten von der Kunstfertigkeit der
hier Ansässigen. Kormund sah den alten Guntram vor seine Schmiede treten.
Obwohl schon etwas gebeugt, war der alte Mann noch immer muskulös, und
die Narben an seinem nackten Oberkörper bewiesen, dass er ein altgedienter
und bewährter Pferdelord war. Nur seine Augen versagten ihm zunehmend
den Dienst, was er gerne durch seine spitze Zunge wettmachte. Er galt zudem
als streitsüchtig, aber seine Arbeiten waren noch immer die besten.
Als Kormund dem alten Schmied zunickte, grinste dieser breit und zeigte
einen fast zahnlosen Mund. »Nun, Scharführer, habt Ihr nicht ein paar
stumpfe Klingen, die es zu schärfen gilt? Etwas Zerbrochenes, das ich
schmelzen und neu schmieden kann?« Der Schmied ging neben Kormund her.
»Die Eisen eurer Pferde scheinen zu klappern. Sicher sind sie lose und
müssten neu befestigt werden. Am besten überlasst Ihr mir die wertlosen
alten, guter Herr Scharführer, und nehmt dafür ein paar wundervoll
geschmiedete neue Eisen.«
»Unsere Eisen und Klingen sind noch scharf, guter Herr Guntram«,
erwiderte Kormund und lächelte auf den alten Schmied herab. »Doch bald
steht die Wolltierschur an, da werdet Ihr wohl genug zu tun bekommen.«
»Schurklingen und Messer«, seufzte Guntram. »Das ist kein Handwerk für
einen rechten Schmied. Ein gutes Schwert, das allein ist wahre
Schmiedekunst. Hart muss es sein und doch elastisch.« Er seufzte erneut.
»Doch wer braucht schon wahre Handwerkskunst, wenn kein Blut mehr
fließt.« Guntram sah die Männer der Schar an. »Fast fünfzig Jahreswenden
Frieden und dreißig Jahreswenden ohne Feldzug für den König. Ihr jungen
Männer werdet euer Handwerk nicht mehr beherrschen, wenn es einst
gefordert wird.« Guntram grinste Kormund zahnlos an. »Zu meiner Zeit,
Scharführer, da haben wir Orks gejagt. Und Barbaren. Da sind wir mit der
scharfen Klinge mitten in den Feind hineingaloppiert. Da haben wir dunkles
Blut vergossen.«
»Ja, ich weiß«, sagte Kormund gutmütig. »Ihr wart ein rechter Pferdelord.
Doch seid froh, dass die Dunkle Bedrohung nicht mehr existiert und unsere
Frauen und Kinder in Freiheit leben können.«
Guntram machte eine wegwerfende Geste. »Bah. Schurklingen und
Messer. Das ist kein rechtes Handwerk.«
Kormund lachte leise auf, trieb dann sein Pferd an, und seine Schar folgte
ihm. Sie ritten an den Häusern der Gerber vorbei, in denen Männer und
Frauen Häute und Felle säuberten und danach weich machten. Es stank nach
Urin, denn dieser war noch immer das beste Gerbmittel, und es gab Spötter,
die behaupteten, die Gerber tränken nur deshalb so viel Wein, damit sie
besseres Leder produzieren könnten. Kormund war erleichtert, als sie endlich
aus dem Gestank der Häuser herauskamen und die freie Ebene zwischen der
Stadt und der Burg Eternas überqueren konnten. Der Weg war breit und seine
Fahrspuren mit geebneten Steinen ausgelegt, damit die Wagen auch bei
schlechtem Wetter ihre Waren bequem und sicher transportieren konnten. Er
führte zwischen zwei erntereifen Feldern hindurch. Während die Hufe der
Pferde über die Steine pochten, musste Kormund erneut an den alten Schmied
denken. Der hatte vor Jahren einmal behauptet, der Weg sei nur gepflastert,
damit die betrunkene Wache des Pferdefürsten auch den Heimweg fände. Das
hatte dem muskulösen Schmied ein sehr persönliches Gespräch mit dem
Ersten Schwertmann des Pferdefürsten und zwei fehlende Schneidezähne
eingebracht. Doch seine Zunge war noch immer scharf. So scharf, dass
mancher Pferdelord gelegentlich seine Klinge gerne daran erprobt hätte.
Das große Tor der Burg Eternas stand offen, und das gewaltige
schmiedeeiserne Fallgitter war hochgezogen. Keine Wachen standen bereit,
um ihnen den Zutritt zu verwehren, nur über dem Tor winkte ein
Schwertmann der Wache freundlich zu ihnen herunter, als Kormund seine
kleine Gruppe auf den Innenhof führte. Erst wenn es dunkelte, würden mehr
Wachen aufziehen. Es gab keine Bedrohung der Burg, und die Wachen übten
ihre Kriegsfertigkeiten lediglich, indem sie lästige Schnellläufer, Nager und
Raubtiere verjagten.
Es gab zwei Burghöfe. Den vorderen, in dem sie sich nun befanden, und
einen zweiten, der durch eine Zwischenmauer vom hinteren Hof abgeteilt
war. Der vordere Innenhof wurde an drei Seiten von festen Wehrmauern
umschlossen. Diese waren nicht besonders hoch, doch sehr massiv, und ihre
Mauerkrone war breit genug, um mehreren Reihen von Männern auf ihr Platz
zu gewähren. Die der Stadt zugewandte Südmauer wies in der Mitte den
mächtigen Rundbogen des Haupttores auf und wurde an ihren Eckpunkten
von den beiden Wehrtürmen begrenzt. Dort führten auch jeweils zwei breite,
steinerne Treppen zum Wehrgang hinauf. Der Innenhof war vollständig mit
dem typischen grauen Stein der Hochmark gepflastert. Doch in dieses Pflaster
war aus schwarzem Stein, den man sorgfältig ausgewählt hatte, das Wappen
der Hochmark eingelegt worden. Pferdeköpfe und Schmiedehammer bildeten
ein Symbol von fast zwanzig Längen im Durchmesser.
Halb links erhob sich die große Steinstatue des ersten Königs der
Pferdelords. Vor ihr befand sich der Hauptbrunnen der Burg, der nach
Larwyns, des Pferdefürsten Gemahlin, Vorstellungen gestaltet worden war.
Eine niedrige Einfassung von achteckiger Form, auf der man auch bequem
sitzen konnte, umgab ein drei Längen messendes Becken, in das ein
springendes Pferd aus seinem Maul Wasser spie. Die Ränder des Beckens
waren mit den Wildblumen der Hochmark bepflanzt.
Die Nordseite des vorderen Innenhofes