Stefano stellte entschlossen die Flasche ab und lief aus dem Zimmer, sein Schicksal, sein Leben fest in seiner Hand. Im Flur kam ihm Padre Samuele entgegen.
„Stefano, wo willst du hin?“
Der Padre stellte sich ihm in den Weg, aber Stefano drängte sich an ihm vorbei.
„Lassen Sie mich durch, Padre, ich muss hier raus. Ich kann hier nicht bleiben!“
„Stefano!“, rief Padre Samuele ihm nach.
Stefano blieb stehen. Der Padre hatte es nicht verdient, so undankbar von ihm behandelt zu werden. Er lief die Stufen wieder hinauf zu ihm.
„Padre, ich liebe Sie und ich vertraue Ihnen. Das wissen Sie. Aber ich kann hier nicht sitzen und darauf warten, dass wenn die Tür aufgeht, jemand anderes dahinter steht als Sie.“
„Ich würde das niemals zulassen, das weißt du doch. Du und Claudio, ihr beide wart für mich von dem Moment an, als ich euch getauft habe, wie meine eigenen Söhne. Claudio konnte ich nicht retten. Aber du bist noch hier! Und solange du hier bleibst, werden Gott und ich gemeinsam über dich wachen. Dir wird nichts geschehen. Aber da draußen, kann ich dich nicht beschützen. Vertraue mir, vertraue Gott!“
Padre Samuele ergriff Stefanos Hand und zeigte auf den Rosenkranz, den er immer noch um sein Handgelenk gewickelt hatte.
„Das kann ich nicht, solange ich nicht weiß, warum Er zugelassen hat, dass Claudio stirbt. Ich kann Ihm nicht vertrauen, solange ich nicht weiß, was Er für mich vorgesehen hat.“
Stefano war sich selbst nicht mehr sicher, ob er noch von Gott sprach.
„Dann versprich mir, dass du mich anrufst, wenn du etwas brauchst.“
„Grazie Padre für alles, was Sie jemals für Claudio und mich getan haben!“
Stefano umarmte ihn innig. Padre Samuele hatte ihm in seiner Kindheit immer beigestanden, nicht Mario! Der Padre war es gewesen, der seine Hand gehalten hatte, während er mit einem Bänderriss im Knie in den OP geschoben wurde. Er wusste nicht, lag es lediglich an seiner Paranoia oder war es eine Art Vorahnung, aber er hatte das ungute Gefühl, dass er Padre Samuele nie wieder sehen würde.
„Ich liebe dich mein Sohn. Gott beschütze dich!“
Stefano gab dem Padre noch einen Kuss auf die Wange, bevor er ihn abrupt losließ und die Treppen hinunterlief, mit Tränen in den Augen.
19 Die Suche
Carmine spürte auf dem Weg zum Wagen immer noch die Blicke der Frauenrunde in seinem Rücken. Es musste wohl etwas in der Luft liegen, dass die Sinne so frei liefen. Auch er selbst fand keine Ruhe.
Rastlos fuhr er durch die Straßen auf der Suche nach ihr. Die geheimnisvolle Frau gewann allmählich an Kontur. Er fing langsam an, ihr Wesen hinter den dunklen Augen zu erkennen. Beinahe hätte er das Pärchen übersehen, das ihm vor das Auto lief. Er bremste scharf ab. Verschreckt blieben die beiden stehen und sahen ihn mit schreckensgeweiteten Augen an. Der Regen peitschte auf sie nieder und der Wind zerrte an ihnen. Sie waren wie gelähmt. Auch Carmine brauchte einige Sekunden. Er wartete darauf, dass sich das Pärchen wieder in Bewegung setzte, und in dem Moment erblickte er jemanden hinter ihnen. Eine einzelne Frau, die sich durch das Unwetter kämpfte und in einer der schmalen Gassen verschwand. Er sprang aus dem Auto und eilte ihr hinterher.
Als er in die Gasse einbog, war es zu finster, um etwas zu sehen, und prompt stolperte er. Er konnte sich gerade noch an etwas festhalten. Doch als er sich aufrichten wollte, stieß er mit seinem Kopf gegen einen Vorsprung. Er fluchte leise. Schreie und Gelächter auf dem Platz versetzten ihn in die Zeit zurück, als er sorglos mit einem Mädchen an jedem Arm ganze Nächte durchgefeiert hatte. Im Gegensatz zu heute, wäre es ihm damals nie in den Sinn gekommen, einer hinterherzurennen. Giuseppe hatte ihm da tatsächlich etwas eingeredet! Carmine lachte und stieß sich von der Wand ab. Immer noch leicht schwindelig, machte er vorsichtig einen Schritt. Und wie er seinen Blick vom Boden aufrichtete, sah er in ein unverhofftes Gesicht.
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