Vestalia. Tina Bajza. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tina Bajza
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738081213
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Luci legte theatralisch die Hand auf ihre Brust.

      „Aber es ist für sie so selbstverständlich geworden. Ich finde, dass zur Abwechslung die jungen Innovativen die Gelegenheit bekommen sollten, aus solch unvergleichlichen Steinen etwas Unvergessliches zu zaubern. Und Sie haben wirklich sehr talentierte Künstler. Ich selbst habe das ein oder andere Stück für mich ergattern können.“, flüsterte Signora Luci verschwörerisch und tippte auf ihr Collier. Kleine Gefälligkeiten unter Geschäftsleuten waren sehr hilfreich, um an gute Steine zu kommen.

      „Eine sehr schönes Stück, in der Tat.“, schmunzelte Vestalia.

      „Grazie!“, entgegnete Signora Luci entzückt.

      „Also, ich habe hier ein paar ganz exquisite Diamanten für Sie. Es war gar nicht so leicht an sie heranzukommen. Es gab nämlich unzählige Herrschaften, die ihre Seele für sie hergegeben hätten, müssen Sie wissen.“

      Signora Luci führte Vestalia in den gesicherten Raum, der an ihr Büro anschloss. Kameras waren in allen vier Ecken sichtbar an der Decke angebracht, um Diebstahlversuche von vornherein zu unterbinden. Die Beleuchtung war optimal eingestellt und mit zusätzlichen Tischlampen ergänzt.

      „Prego!“, bot ihr Signora Luci den Stuhl in der Mitte des Raumes an.

      Die Diamanten lagen bereits ausgebreitet auf dem Tisch und warteten geduldig in einer mit Samt ausgelegten Holzschatulle darauf, von ihr begutachtet zu werden.

      „Brauchen Sie noch etwas, Signora Di Salvo?“

      Vestalia legte ihre Handtasche ab.

      „No, grazie! Ich habe alles.“

      „Dann lasse ich Sie jetzt alleine. Falls Sie etwas benötigen, zögern Sie bitte nicht, es mich wissen zu lassen.“ Damit verließ Signora Luci sie.

      Vestalia machte sich an die Arbeit. Es mussten an die zweihundert Diamanten vor ihr liegen. Erwartungsvoll funkelten sie sie an, jeder einzelne heischte um ihre Gunst. Vestalia lächelte.

      „Ich bin ja da, meine Lieben!“

      Sanft streichelte sie mit der flachen Hand über die Steine, bevor sie sie der Reihe nach genauestens in Augenschein nahm. Eins nach dem anderen wanderten sie vom linken Kasten in den rechten. Der dritte blieb, der für die ausgemusterten vorgesehen war, bis auf weiteres leer.

      Vestalia konnte die Qualität der Steine kaum fassen. Es konnte nicht sein, dass Celia zu solchen Steinen kam! Dieser Grad der Reinheit, den man beinahe als makellos bezeichnen konnte, war den Goldschmieden des Vatikans vorbehalten. Es war ein ungeschriebenes Gesetz. Jetzt verstand sie Celias Aufregung und Signora Lucis Aussage über die zahlreiche Konkurrenz. Was für eine abenteuerliche Reise hatten die kleinen Kostbarkeiten wohl hinter sich? Und wie hatte Celia den Zuschlag bekommen? Wie auch immer sie es geschafft hatte, Vestalia konnte eine gewisse Schadenfreude nicht leugnen. Sie stellte sich das Gesicht ihres Vaters vor: hochrot und vor Zorn verzerrt. Wie hatte Lombardo wohl auf diese Niederlage reagiert? Sie hätte es nur zu gerne gesehen. Wenn er wüsste, dass sie die Steinchen jetzt in den Händen hielt! Er würde nicht nur die Wände hochgehen, er würde sie einreißen!

      Schließlich legte sie auch den letzten Diamanten aus ihrer Hand. Der dritte Kasten war leer geblieben. Begeistert über die exzellente Ausbeute, lehnte sie sich zurück und nahm einen Schluck aus der Wasserflasche, während sie ein letztes Mal ihren Blick über die Steine schweifen ließ.

      „Wunderschön“

      Als Vestalia wieder zurück in Signora Lucis Büro kam, strahlte diese über das ganze Gesicht. Ohne Zweifel hatte Signora Luci von Zeit zu Zeit über die Sicherheitskameras nach ihr gesehen.

      „Und, was habe ich Ihnen gesagt!“, brüstete sie sich.

      „Ausnahmslos hochwertige Steine. Signora Favelli wird äußerst zufrieden sein.“

      „Das denke ich auch. Wir Damen haben es den Herrschaften diesmal ordentlich gezeigt! Ich kann Ihnen nicht sagen, wie sehr mich das befriedigt.“

      „Das werden sicherlich umwerfende Stücke werden“

      „Ich bin schon sehr neugierig“

      Signora Luci ließ ihren Kurier kommen, der die Diamanten in ihrer Gegenwart vorsichtig in einem stählernen Koffer verstaute. Vestalia ließ sich wieder auf die Couch nieder und nippte an dem frisch aufgebrühten Cappuccino, während der Kurier die Anweisungen von Signora Luci für den Transport entgegennahm. Danach folgte noch ein kurzer Plausch über Vestalias Pläne für die nächsten Tage.

      Als Vestalia wieder in ihrem Wagen saß, rief sie sofort Celia an und informierte sie über das Treffen.

      „Ausgezeichnet! So, und jetzt gehe und amüsiere dich, als wäre es das Ende der Welt. Lege dir einen heißblütigen Liebhaber zu und tobe dich richtig aus.“

      „Was?“

      „Ich sagte, lege dir…“

      „Ich habe dich verstanden“, unterbrach Vestalia sie schnell.

      Celias Lachen war so laut, dass Vestalia den Hörer vom Ohr weghalten musste. Sie konnte förmlich fühlen, wie sie errötete.

      „Ich dachte, ich sollte mich ausruhen, und mich nicht noch mehr verausgaben.“

      „Da merkt man, dass du keine Ahnung hast. Ernsthaft, was auch immer dich glücklich macht, ich bin damit einverstanden.“

      „Ich danke dir! Das ist wirklich sehr freundlich.“

      „So bin ich eben. Ciao, meine Liebe!“

      „Ciao!“ Vestalia schüttelte den Kopf, Celia war sonst nicht so direkt.

      Wie auch immer, sie hatte ganz andere Sorgen. Und dennoch fragte sie sich, ob und wann sie ihm wieder begegnen würde? Ungewollt schossen ihr unzählige Phantasien durch den Kopf. Celia hatte ganze Arbeit geleistet. Vestalia musste über sich selbst lachen.

      16 In der Bar

      Carmine spielte mit der Streichholzschachtel in seiner Hand, während er Giuseppe zuhörte. Er war in Guiseppes Schilderungen von jenem Abend vollends versunken. Er war zu einem Zuschauer geworden, der sich das Theaterstück aus der ersten Reihe ansah. Eine tragische Liebesgeschichte mit Claudio als unglücklichen Verehrer einer mysteriösen Frau. Etwas fiel Carmine dabei besonders auf. Zu sehr erinnerte ihn Giuseppes Darstellung an die Vorkommnisse im Bordell. Das war kein Zufall! Es musste sich um dieselbe Frau handeln. Er musste mehr über sie erfahren. Carmine konnte nun mit Sicherheit sagen, dass sie in Claudios letzten Stunden eine wesentliche Rolle gespielt hatte. So verschieden er und Claudio auch gewesen waren - vor allem was das schöne Geschlecht anging - diese Eine faszinierte sie beide.

      „Also, ich weiß nicht, ob sie noch einmal hierher kommt. Rom hat viel zu bieten.“, beendete Giuseppe seine Aussage.

      „Wahrscheinlich nicht“

      „War ein tolles Mädchen! Hatte Schneid und Humor. Könnte mir vorstellen, dass Sie beide sich sicherlich gut verstanden hätten.“

      „Wohl kaum. Sie wollte allem Anschein nach eher für sich sein.“

      Carmine fand die Vorstellung dennoch amüsant.

      „Hören Sie auf den guten alten Giuseppe. Es ist eine Frage des Karmas. Und wenn ich mich hier so umsehe, sehe ich viele hübsche Augenpaare auf Sie gerichtet.“

      Giuseppe zwinkerte Carmine zu und deutete auf den Kellner, der geradewegs auf ihn zukam. Carmine revanchierte sich bei den spendablen Damen, lehnte aber dankend das Angebot ihrer Gesellschaft ab.

      „Was habe ich gesagt“, lachte Giuseppe. „Ich habe keine Zweifel, dass sich Ihre Wege noch kreuzen werden. Vertrauen Sie mir!“

      „Wer weiß?“, entgegnete Carmine nachdenklich.

      Er konnte sich gar nicht daran erinnern, wann er ein ernsthaftes Interesse an einer Frau gehabt hatte.