Mark Feller. Michael Bardon. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael Bardon
Издательство: Bookwire
Серия: Mark Feller
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742763556
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also erst mal abschreiben.«

      »Shit, das hab ich nicht mitbekommen.«

      »Ja, du warst oben bei den beiden Frauen, als der Arzt bei dem Kerl eine Schädelfraktur diagnostiziert hat. Da hast du echt ganze Arbeit geleistet«, sagte ich, fügte aber gleich hinzu: »Das sollte jetzt kein Vorwurf sein oder so.«

      Fariba winkte ab und strich sich eine Locke aus der Stirn.

      »Dann bleiben uns also nur noch die beiden Frauen. Sobald der Arzt mit ihnen fertig ist, knöpfe ich sie mir vor.«

      »Ja, mach das. Ich denke ich fahre zurück ins Büro und gleiche die Bilder der Toten mit den Datenbanken ab. Vielleicht landen wir ja einen Treffer oder können eine Verbindung zu einer der bekannten Terrorzellen herstellen.«

      »Du könntest Pia die Bilder auch einfach zumailen.«

      »Könnte ich, will ich aber nicht«, sagte ich, während ich erneut aus dem Fenster schaute und ein Gesicht in der Menge sah, das mir bekannt vorkam. Jussuf Alkbari, der große Bruder unseres getöteten V-Mannes.

      »Schau jetzt nicht aus dem Fenster«, raunzte ich meiner Kollegin zu. »Da unten steht Jussuf Alkbari und beobachtet uns.«

      »Wo?«

      »Nicht hinschauen«, mahnte ich erneut. »Er steht in der Nähe unseres Wagens, ungefähr fünf Schritte weiter rechts. Auf Höhe des roten Golfs.«

      »Alles klar.« Fariba nickte kurz und zog sich vom Fenster zurück. Unsere Blicke trafen sich, sie hatte wieder dieses Ich-schnapp-mir-das-Schwein-Gesicht.

      Als wir eine Minute später aus der Haustür traten, es nieselte noch immer und der Wind hatte weiter aufgefrischt, stand Jussuf immer noch neben dem geparkten Golf.

      Er sah uns im selben Moment wie wir ihn. Der besorgte Ausdruck auf seinem Gesicht verschwand und wurde durch einen neuen ersetzt: Panik.

      Ansatzlos warf er sich herum und rannte den Gehweg entlang. Keine Sekunde später jagten Fariba und ich ihm hinterher.

      -9-

      Ich hetzte die Straße entlang und wich einem weißen Toyota aus, dessen Fahrer ein wildes Hupkonzert abzog. Ich rannte weiter, mobilisierte alle Reserven und versuchte, den stechenden Schmerz in meiner Kniescheibe zu ignorieren. Es gelang mir nur mäßig, doch ich hielt mein Tempo, auch wenn es schwerfiel.

      Zehn Meter vor mir spurtete Fariba den Gehweg entlang. Ihr Laufstil war locker und kraftvoll, sie war eindeutig die Schnellere von uns beiden. Ich schob es auf mein lädiertes Knie, war mir aber nicht sicher, ob ich mit einem gesunden ihr Tempo hätte mitgehen können.

      Jussufs Vorsprung schmolz, seine Schritte wurden kürzer; ich sah an seiner Art zu rennen, dass er kein geübter Läufer war.

      Ich zog das Tempo noch ein wenig mehr an, wechselte auf den Bürgersteig und versuchte, den Abstand zu Fariba nicht noch größer werden zu lassen. Doch er wuchs. Schritt um Schritt ein kleines Stück.

      Jussuf Alkbari bog unterdessen in eine Seitenstraße ein und entzog sich so unseren Blicken. Sein Vorsprung betrug etwa zwanzig Meter, aus Faribas Sicht. Vielleicht waren es auch fünfundzwanzig.

      Ich wich einer Frau mit Kinderwagen aus, umkurvte einen älteren Herrn und übersprang einen Hund, der erschrocken nach mir schnappte, mich zum Glück jedoch verfehlte.

      Fariba bog nun ebenfalls ab, während ich noch ein paar Meter hatte, um ebenfalls die Seitenstraße zu erreichen.

       Gott, wie angepisst!

      Fünf Atemzüge später bog auch ich in die Straße ein. Ich humpelte jetzt stärker, mein rechtes Knie war ein einziges Flammenmeer.

      Fariba hatten ihren Abstand auf Jussuf weiter verkürzt. Ihr fehlten nur noch wenige Meter, um den Flüchtenden zu stellen. Ich blieb hartnäckig, biss die Zähne zusammen und humpelte weiter.

       Nur nicht aufgeben … bleib dran!

      Ein schwarzer Mercedes der V-Klasse flog an mir vorbei. Der Fahrer des Vans gab kräftig Gas, der Sechszylinder orgelte im oberen Drehzahlbereich. Mein Blick streifte den schwarzen Kastenwagen. Die hintere Tür, es war eine zum Aufschieben, stand ein paar Zentimeter weit offen. Ich fluchte in mich hinein, ließ den schwarzen Mercedes aber nicht mehr aus den Augen. Das sah nach Ärger aus …

      Fariba hatte unterdessen einen kleinen Zwischenspurt eingelegt und weitere Meter auf Jussuf gut gemacht. Es war nur noch eine Frage von Sekunden, bis sie ihn sich schnappen würde.

      Ich nahm etwas Tempo heraus, umkurvte einen Skater und wich einer Gruppe Jugendlicher aus. Mein Blick folgte dem schwarzen Van weiterhin, der fuhr nun auf Höhe von Fariba und Jussuf.

      Was zum Teufel …?

      Ich kam nicht mehr dazu, meinen Gedanken zu vervollständigen. Die Schiebetür des Vans wurde aufgerissen, und das dumpfe Bellen von Schüssen hallte von den Hauswänden zurück. Passanten schrien erschrocken auf. Manche sprangen zur Seite oder warfen sich in Deckung. Die meisten blieben jedoch einfach stehen und starrten entsetzt auf den Mann, der jetzt halb aus dem Van heraushing und seine Waffe abfeuerte. Ich riss meine Glock aus dem Holster, gab jedoch keinen Schuss ab – zu viele Zivilisten um uns herum.

      Ich rannte weiter, stieß mit einem Mann zusammen, ging zu Boden, rappelte mich wieder auf und humpelte auf den schwarzen Mercedes zu, der jetzt mitten auf der Straße stand. Der Mann im Van – eindeutig ein Europäer – feuerte gnadenlos weiter. Uns trennten noch knapp zwanzig Meter und ich hatte noch immer kein freies Schussfeld.

      Meine Angst galt Fariba, die nach wie vor hinter Jussuf herjagte, als würde sie das alles nichts angehen. Sie war ihm jetzt ganz dicht auf den Fersen, ihr ausgestreckter Arm, berührte beinahe die Kapuze seiner Windjacke.

      Weitere Schüsse peitschten auf. Ich sah, wie Jussuf ins Straucheln geriet, keine Sekunde später schien auch Fariba ins Stolpern zu geraten.

      Ich reckte meine Waffenhand in die Luft und gab zwei Warnschüsse ab. Die Menschen um mich herum stoben schreiend auseinander. Ich hatte endlich freie Schussbahn und nahm den Schützen ins Visier. Unterschwellig nahm ich noch wahr, wie Fariba und Jussuf zu Boden gingen.

      Ich konzentrierte mich jetzt ganz auf den Schützen, dessen Oberkörper noch immer halb aus der Schiebetür des Vans hing. Ich zog durch, zwei Mal, zielte jedoch ein klein wenig zu hoch. Shit! Mein Atem flog mit meinem Puls um die Wette, ich versuchte verzweifelt, das Zittern meiner Finger auszugleichen, um einen gezielten Schuss abzugeben. Vergeblich!

      Vor mir tat sich was. Der Kerl verschwand von der Tür und die Bremslichter des Vans erloschen. Ich hielt den Atem an und jagte zwei weitere Schüsse in das Fahrzeuginnere; Glas zersplitterte, ein Fluchen war zu hören.

      Eine Sekunde später heulte ein Motor auf und der schwarze Van schoss mit durchdrehenden Hinterrädern davon.

       *

      »Nicht schlecht! Du bist gut, wirklich gut …«, murmelte der Pilot, während er die Überwachungsdrohne auf einem Hausdach landete. Er korrigierte die Einstellung der Kamera und zoomte das Bild noch etwas näher heran. Perfekt! Besser konnte es gar nicht laufen. Er hatte jetzt freie Sicht auf das Geschehen – der Winkel vom Dach war wie geschaffen, um die Straße und den Bürgersteig im Auge zu behalten.

      Der Pilot nahm noch ein paar kleinere Verbesserungen vor, dann verband er das Tablet mit dem Acht-Zoll-Navigationsgerät, seines Wagens.

      »Wie im Kino«, prustete er, »während du dir einen abzappelst, sitze ich hier und schaue gemütlich zu.«

      Er lachte erneut, als er das enttäuschte Gesicht von Mark Feller sah, nachdem der schwarze Mercedes das Weite gesucht hatte. Feller war noch ein paar Schritte hinter dem Van hergelaufen, hatte dann jedoch eingesehen, dass er mit seinem Hinkebein keine Chance hatte, an dem Fluchtwagen dranzubleiben.

      »So ein Pech aber auch!« Der Pilot