Feenfuchs und Feuerkuss. Lara Kalenborn. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Lara Kalenborn
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742789983
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Luisa und zwang sich das Gesicht nicht zu verziehen. Hatte ihre Mutter sie vielleicht auch hinter ihrem Rücken in einem Kloster angemeldet? Damit ging sie nun wirklich zu weit.

      Das ist immer noch mein Leben, knurrte Luisa in Gedanken.

      „Ihr trefft euch heute nach der sechsten Stunde. Dann könnt ihr alles Weitere besprechen.“

      Luisa nickte Frau Kunze zu. Eine verbale Zustimmung brachte sie gerade nicht über die Lippen.

      „Einen erfolgreichen Schultag“, flötete die Schulleiterin, als sie ging.

      Luisa atmete erleichtert auf. „Bleibt fleißig“, äffte sie Frau Kunzes fröhlichen Ton nach.

      „Dann bis später im Schülercafé?“, fragte Sam.

      Luisa erstarrte.

      Oh mein Gott, hat der eine umwerfende Stimme, dachte sie.

      Schnell klappte sie ihren Mund wieder zu. „Ja, bis später. Im Schülercafé“, antwortete sie und winkte ein wenig unbeholfen.

      Und dann geschah es! Eine klitzekleine Veränderung und doch nicht zu übersehen: Sam lächelte ihr zu! Seine Mundwinkel hoben sich ein winziges Stück und seine weichen Lippen entblößten weiße Zähne.

      Hilfe, schoss es Luisa durch den Kopf, das kam überraschend.

      Sie lächelte breit zurück. Der Gedanke, was ihre besten Freundinnen Molly und Jess dazu sagen würden, wenn sie ihnen erzählte, dass Sam Weston sie angelächelte hatte, stimmte sie geradezu begeistert. Dann drehte der Junge aus England sich um und ging in seinen schwarzen Boots davon.

      Sie merkte, dass sie immer noch lächelte, während sie zu ihrem Klassenraum eilte. Dabei passierte sie den Flurspiegel vor den Kunstklassen. Sie warf einen flüchtigen Blick hinein und ihr Herz setzte einen Schlag aus.

      Plötzlich war ihr alles klar!

      „Er hat mich nicht angelächelt, er hat mich ausgelacht“, stammelte sie, wischte sich über das Gesicht, das von der Aufregung ganz gerötet war und zupfte zornig das Heu aus ihrem Haar. „Super Auftritt, Luisa“, fuhr sie ihr Spiegelbild an.

      Luisa starrte auf die vollgekritzelten Seiten ihres gelben Reclam-Heftes Die Leiden des jungen Werthers. Was für ein passender Titel, sie litt gerade schrecklich.

      Ob Ophelia gerade wieder geritten wird? Sie durfte nicht daran denken, was gerade mit ihrem Pferd passierte.

      „Luisa, könntest du bitte Werthers Konflikt in dem Brief vom 30. Mai beschreiben?“

      Luisa zuckte zusammen und starrte in das verkniffene Gesicht ihrer schon ziemlich betagten Deutschlehrerin.

      „Entschuldigung, ich habe gerade nicht zugehört.“ Sie strich sich verlegen eine schwarze Locke hinter die Ohren.

      „Gerade nicht zugehört? Ich habe den Eindruck, dass du in den letzten Wochen weder zugehört noch irgendwas Konstruktives von dir gegeben hast.“ Frau Müller-Reineke schrieb eine kurze Notiz in ihr kleines schwarzes Buch.

      Mist, das hat mir gerade noch gefehlt! Sie versuchte sich zu konzentrieren und blätterte hektisch in ihrem Heft. Was für Konflikte konnte eine Romanfigur mit Liebeskummer schon haben? Ihre eigenen Probleme waren momentan wichtiger.

      Aber wenn sie es sich jetzt auch noch mit Frau Müller-Reineke verscherzte, dann sah sie ihr Pferd nie wieder. Schon bei dem Gedanken die Osterferien, die in zwei Wochen begannen, ohne Ophelia verbringen zu müssen, standen ihr die Haare zu Berge standen. Da wollte sie sich ein Leben ohne ihre Fuchsstute gar nicht erst vorstellen.

      Der strenge Blick ihrer Deutschlehrerin brachte die Gedanken an ihr Pferd zum Stillstand und Luisa versuchte zu verstehen, was Werther in seinem Brief an Lotte sagen wollte. Aber kaum hatte sie ein paar Zeilen gelesen, schlichen sich ihre Gedanken wieder zurück zu Ophelia.

      Die Klingel rettete Luisa. Hastig packte sie ihre Sachen zusammen. Goethes Werther landete dabei ganz tief unten in ihrer Tasche, wo schon ihr Matheheft und ihr Englischbuch Eselsohren kriegten. Sie eilte an Frau Müller-Reineke vorbei und vermied es dabei sie anzuschauen. Trotzdem spürte sie die durchdringenden Augen ihrer Lehrerin auf sich, als sie die Klasse verließ. Es schien allgemein ein neues Hobby zu sein, Luisa Frost fest im Blick zu haben. Wenn das mal nicht auch das Werk ihrer Mutter war.

      Molly und Jess warteten schon im Schülercafé auf sie. Die beiden waren in einem anderen Deutschkurs als sie gelandet, ganz zu Luisas Leidwesen, aber jetzt konnte sie ihre Freundinnen in den Arm nehmen und ihnen endlich von ihrem schrecklichen Morgen erzählen.

      Molly war aber schneller als sie und fragte: „Wie geht es Ophelia?“

      Luisa atmete schwer aus. „Sie war heute Morgen total schreckhaft. Außerdem ist sie verschwitzt weggestellt worden.“

      Molly schüttelte traurig den Kopf. „Die Arme. Wann darfst du sie zu uns zurückbringen?“

      Luisa schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht, wann ich sie wiederbekomme. Ich hoffe, dass ich meine Mutter bald überreden kann.“

      Ophelia hatte bisher auf dem Valentinshof gestanden, dem Reitbetrieb von Mollys Familie. Dort war ihre Fuchsstute zuhause und dort musste Luisa sie so schnell wie möglich wieder hinbringen.

      „Wir helfen dir deine Mutter umzustimmen“, versprach Jess.

      Luisa lächelte. Wenn jemand ein Überredungskünstler war, dann Jeska Rubin.

      Dann fiel Luisa wieder ein, was sie ihren Freundinnen noch erzählen musste: „Wisst ihr, was heute Morgen außerdem passiert ist?“

      Jeska wurde sofort hellhörig und ihre eisblauen Augen weiteten sich. „Was?“

      „Meine Mutter hat Frau Kunze damit beauftragt mir einen Nachhilfelehrer zu besorgen!“

      „Hinter deinem Rücken?“ Jeska sah entgeistert aus.

      „Ja. Und wisst ihr, wer es ist?“

      „Kaspar?“, versuchte Molly ihr Glück – sie stand schon seit einem Jahr auf den Jungen aus der 12 mit dem Alfa Romeo.

      Luisa schüttelte ihren Kopf und ließ die Katze aus dem Sack: „Es ist Sam Weston!“

      Jeska quiekte verzückt: „Sam Weston? Es ist wirklich unglaublich! Du bekommst Nachhilfe von Sam Weston! Unglaublich!“

      Molly schaute sie kritisch an. „Sag bloß dein neues Lieblingswort ist jetzt ‚unglaublich'. Ich hatte mich gerade an ‚unfassbar' gewöhnt. Und was war es davor?“

      Luisa kicherte. „Da war alles ‚unmöglich' und davor ‚ungewöhnlich', oder?“

      Jess zog lässig eine Augenbraue hoch und band sich ihre langen, braunen Haare, die ab der Mitte knallrot gefärbt waren, zu einem Pferdeschwanz zusammen. Ihr roter Nagellack passte natürlich perfekt zu ihren Haarspitzen. „Lenk doch nicht vom Thema ab! Ich habe das Gefühl, mit unserem Engländer stimmt was nicht!“

      „Jetzt fang bitte nicht wieder mit deinen Verschwörungstheorien an“, fuhr Molly auf. „Wir hatten deswegen schon genug Ärger!“ Sie runzelte die Stirn und trank einen Schluck von ihrem Kaffee.

      Aber Jeska ließ sich nicht beirren und mutmaßte: „Bestimmt hat er Verbindungen zum Königshaus oder sein Vater arbeitet beim Geheimdienst der Queen.“

      „Dem MI6?“, hakte Molly belustigt nach.

      „Ja, beim MI6, genau. Und sie müssen hier in Deutschland untertauchen, da Sams Vater ein Staatsgeheimnis aufgedeckt hat“, flüsterte Jeska und beugte sich dabei immer weiter zu Luisa und Molly herüber.

      „Du hast unseren letzten Detektiveinsatz hoffentlich nicht vergessen, Jess“, lachte Luisa und holte ihr Schulbrot aus der Tasche.

      Jeska war überzeugt davon gewesen, dass der neue Sportreferendar eigentlich