Nachdem ich ein wenig in der Anleitung geblättert hatte, schaltete ich den PC an. Kurz danach fing ich an, meine Arbeiten zu sichern. Allein das war schon eine nicht zu unterschätzende Arbeit.
Der PC ratterte und ich blätterte weiter in der Anleitung, als sich ein geheimes E-Mail-Programm meldete. Das hatte ich auf anraten von Axel eingerichtet. Ich war ungefähr ein Jahr dabei, da kam er mit dem Vorschlag auf mich zu. Ich werde es brauchen, hatte er mir gesagt und ich solle niemanden von diesem Programm erzählen. Später erfuhr ich von ihm, dass er es selber programmiert hatte. Axel nutzte es auch regelmäßig. Hauptsächlich dafür um mir Aufträge zu geben, die Sicherheitslücken bei Kunden offenlegen sollten. Ich verstand zwar nicht warum ich dafür ein geheimes Programm, mit geheimer Adresse brauchte, aber für Axel war es sehr wichtig. Meine Versuche irgendwelche Fehler in diesem Programm zu finden, scheiterten bis jetzt alle samt. Es war also sicher. Ob Charly es auch hatte und mir nichts davon erzählte, weil er es, wie ich, nicht durfte?
Da Axel der Einzige war, der von diesem Programm und der Adresse wusste, konnte die E-Mail nur von ihm sein. Meine Annahme war richtig und so begann ich zu lesen.
Sei gegrüßt Dennis,
Mir tut es leid, dass du und auch Charly so überrascht wurdet von meiner Entscheidung das Unternehmen zu verkaufen. Wie du sicher weißt, gab es viele Interessenten. Meine Entscheidung viel aber auf die MultiWebNet Company. Ich bin auch ehrlich. Sie boten mir das meiste Geld. Die Übernahme läuft seit Februar und wird Ende April abgeschlossen sein.
Ich bin am Ende Dennis und mir fiel eine Last von den Schultern, als die Verträge in trockenen Tüchern waren. Es war einfach zu viel in letzter Zeit. Ihr habt mir wirklich sehr geholfen mit eurer Arbeit. Leider konntet ihr nicht verhindern, dass ich ausbrannte. Ich habe dir etwas per Post zugeschickt. Pass gut darauf auf! Du wirst mir auch nicht mehr antworten können, da ich das Programm und die E-Mail-Adresse bei mir gelöscht habe.Ich will einfach nichts mehr damit zu tun haben.
Seid vorsichtig! Herr Eisig und seine Assistentin sind kaltblütige Geschäftsleute. Sie werden euch raus schmeißen, sobald ihr Fehler macht oder Arbeiten nicht termingerecht abliefert.
Ich wünsche dir noch viel Glück
Eine Zeitlang saß ich einfach nur da. Ich überlegte, ob ich bei Axel etwas bemerkt hatte, was darauf hinwies, welche Probleme er hatte. Aber es gab keine Anzeichen dafür. Und warum hatte er nicht mehr Leute eingestellt, wenn es ihm zu viel war? Mit meiner Grübelei kam ich leider nicht weiter. Über die geheime Postsendung wollte ich mir erst mal keine Gedanken machen.
Die Sicherung war fast beendet und ich wollte mir nicht wieder den Zorn von Frau Meyer einhandeln, also entschied ich mich, noch weitere Dinge in dem Handbuch nachzuschlagen. Unser Zeitplan war knapp bemessen. Herr Eisig wollte uns garantiert unter Druck setzen. Wenn wir es bis Freitag nicht schafften, das komplette System umzustellen, hatte er einen triftigen Grund um uns zu feuern. Die Aussicht auf den Abgrund hätte nicht besser sein können.
Kurze Zeit später war die Sicherung abgeschlossenes und ich begann damit, das neue Betriebssystem zu installieren. Obwohl das eine trockene Angelegenheit war, machte es mir trotz alledem Spaß. So verging der Arbeitstag schneller als vermutet.
Bevor ich den Feierabend genießen durfte, kam Frau Meyer an meinen Schreibtisch und beugte sich zu mir herunter, so dass ich in ihre braunen Augen sehen konnte. Ihr Duft, den sie überströmte, war betörend. Sie fixierte mich mit ihren strengen Blick. „Morgen sind sie pünktlich Herr Hussmann. Ich mache keine leeren Versprechungen. Merken Sie sich das!“ Frau Meyer strapazierte meine Nerven genau da weiter, wo der Presswurstwichtel aufgehört hatte. Ich war versucht mir eine Ziege vorzustellen, aber es gelang mir nicht, denn ihre Stimme klang plötzlich nicht mehr so schrill, wenn sie ruhig redete. Eigentlich hatte sie sogar eine sehr schöne, warme Stimme. Und ihr Blick war auch….
Hallo Dennis, du hast gerade den Feind dir gegenüber, also bewundere ihn nicht! Ich schüttelte kurz meinen Kopf um wieder auf normale Gedanken zu kommen. Frau Meyer interpretierte mein Kopfschütteln leider falsch, erhob sich und stemmt ihr Fäuste in die Hüften. Bevor sie aber mit ihrer Predigt loslegen konnte, klingelte ihr Handy. Manchmal musste man eben Glück haben.
Sie schaute auf das Display und ihr Gesichtsausdruck veränderte sich schlagartig.
„Oh man, nicht jetzt!“, entfuhr es ihr und sie eilte ins Büro zurück.
„Ich werde morgen pünktlich sein!“, rief ich ihr hinterher. Ob sie es gehört hatte, wusste ich nicht. Die Bürotür war schneller zu als gedacht.
„Komm schon Dennis.“ Charly stand schon am Eingang und wartete auf mich. „Lass die Schreckschraube doch telefonieren. Wir haben Feierabend und das auch noch pünktlich.“
Wie Recht er hatte. Ich legte mir meine Arbeit für den morgigen Tag zurecht, den PC schaltete ich nicht aus. Die MultiWebNet Company hatte genug Geld. Oh ja mein kleiner Racheakt für die ganzen Schikanen von heute. Und prompt in diesem Augenblick brach die Sonne durch die Wolken, als hätte sie gespürt, sie müsse für bessere Stimmung sorgen.
Ich warf noch einen Blick ins Büro, wo die Meyer auf und ab lief, während sie weiter telefonierte. Charly stieß seinen Ellenbogen in meine Rippen. Es war für mich das Zeichen zu gehen.
Mein Mantel war noch nicht trocken, aber das störte mich gerade nicht. Die Wolken hatten sich innerhalb von zehn Minuten verzogen und nun schien die Sonne mit ihrer ganzen Kraft. Es war angenehm warm.
„Was machst du jetzt noch ?“ Die Frage von Charly überraschte mich.
„Heute mach ich gar nichts mehr. Der Tag war mir etwas zu abgedreht.“ Charly konnte sich ein Grinsen nicht unterdrücken. „Dann komm doch heute zu mir“, lud er mich ein. „Meine Frau ist mal wieder auf Geschäftsreise und Paul freut sich bestimmt, dich wieder zu sehen.“
„Quatsch nicht. Die und Geschäftsreise. Warum lässt du sie damit immer noch durch kommen?“, fragte ich verständnislos.
Charly winkte nur ab. Eine Geste die ich schon kannte.
„Komm steig ein. Ich habe zu Hause noch einen sehr guten Wein. Lass ihn uns vernichten“, lenkte er vom Thema ab.
Bereitwillig ließ ich mich überreden, weil die Weine von Charly geschmacklich unübertroffen waren.
Ich hatte die Beifahrertür nicht ganz geschlossen, da fuhr Charly los. Hastig schnallte ich mich an. Die Fahrkünste von Charly waren etwas außergewöhnlich. Man könnte auch sagen wagemutig. Vielleicht lag es an der Größe seines Autos. Ein waschechter SUN. So wechselte er immer wieder die Spur. Keine Ahnung ob wir schneller voran kamen, aber durch dieses ständige Hin und Her verwandelte sich mein Hirn in einen Milchige und Milchiges können nicht klar denken. Anders kann ich es mir nicht erklären wie ich auf die folgende Idee kam.
„Lass uns zu Axel fahren“, schlug ich vor.
Scheinbar hatte Charly die gleiche Idee gehabt. „Man ich dachte, du machst nie den Vorschlag.“
Super in einem SUN waren zwei Typen unterwegs, die Milchiges als Denkmaschine hatten.
Da Axel uns öfter zu sich eingeladen hatte, wussten wir wo er wohnte, oder besser wo er gewohnt hatte. Fassungslos starrten wir auf das Haus, in dem Axel eigentlich wohnen sollte. Doch es war leer. An den Fenstern klebten 'zu verkaufen' Schilder.
„Was ein Feigling!“, brummte Charly, während er sich eine Zigarette genehmigte.
„Wir können bei den Nachbarn klingeln. Vielleicht wissen die ja wo er hin ist.“ Der Blick von Charly verriet mir, dass er die Idee nicht besonders gut fand. Also ging ich alleine zu dem nächsten Haus und klingelte. Nichts geschah. Kurz bevor mein Finger das zweite Mal die Klingel berührte, öffnete eine alte, bärtige Frau die Tür. „Watt wollen es von mir! Ich doof nascht. Diät hab ich ich schon ihren andren Kochechten je sacht!“
Bevor ich auch nur etwas erwidern konnte,