RAYAN - Die Serie (Teil 1 - 4). Indira Jackson. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Indira Jackson
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738093896
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kein Wort hören.

      Dann probierte sie ruckartig die Klinke, doch sie fühlte sich wie in einem „Déjà-vu“, denn die Klinke griff wiederum ins Leere und sie ließ sich nach unten drücken, ohne dass etwas passierte.

      Plötzlich sagte einer der Diener hinter ihr: „Die Bürotür des Herrn ist immer abgeschlossen, es gibt ein elektronisches Schloss und nur er kann die Türe öffnen.“

      So peinlich Carina es war, dass der Mann sie quasi mitten beim Schnüffeln erwischt hatte, so interessant fand sie die Information. Wer zum Teufel hatte in einem einsamen Tal mitten in der Wüste ein elektronisches Schloss? Jemand, der etwas zu verbergen hatte, soviel stand fest!

      In diesem Moment machte es laut und vernehmlich „klick“ und die Türe sprang auf.

      Carina war überrascht, trat aber ein.

      Rayan saß an seinem Schreibtisch, die Arme vor der Brust verschränkt, die Beine hochgelegt, das typische, ironische Lächeln auf dem Gesicht: „Carina – wie schön. Was kann ich für Sie tun?“

      Nicht wirklich der Anblick, den sie sich erhofft hatte- so viel zum Thema Überraschung. Verdammt! Und das süffisante Grinsen noch dazu, er amüsierte sich definitiv vortrefflich. Carina spürte, wie sie wütend wurde.

      Aber sie würde sich davon nicht irritieren lassen! Sie hatte sich von vorneherein darauf eingestellt, dass sie erwischt werden könnte und daher nahm sie sich statt einer Antwort Zeit und sah sich unbeeindruckt im Büro um.

      Der Raum war nicht groß. Die linke Wand war holzvertäfelt, mit dunkel glänzendem rot-braunem Holz. Die Seite gegenüber der Tür wurde von einem Bücherregal beherrscht. Die komplette rechte Seite des Raumes war von oben bis unten aus Glas und bot einen wunderbaren Blick auf den Swimmingpool, den umliegenden Garten und die Steilwand, die das Tal von Zarifa begrenzte.

      Ein herrlicher Ausblick!

      Der große, aber nicht überladene Schreibtisch war aus dem gleichen Holz wie die linke Wand und lediglich mit einem ganz normalen, modernen Displaytelefon bestückt.

      Keine Karten, keine Akten, keine geheimen Unterlagen, noch nicht einmal einen Computer?

      Carina war enttäuscht. Wie sollte sie so Futter für ihr Buch bekommen?

      Wieder war es Rayan, der zuerst sprach: „Wie gefällt Ihnen mein Büro?“ Er fragte es nicht etwa aus Höflichkeit, sondern mit ironischem Unterton als Reaktion auf ihre unverhohlene Neugier und Musterung des Raumes.

      Sie stammelte etwas von „ganz gut“, und war mit ihrem Latein am Ende.

      Rayan fuhr daraufhin dann locker, aber doch mit ernstem Unterton fort: „Sagen Sie Carina, ich wusste nicht, dass man jetzt in Deutschland seit Neuestem die unhöfliche Angewohnheit hat, seine Gastgeber auszuspionieren? Ich dachte, das gehört sich nicht?“

      „Wieso? Ich weiß überhaupt nicht was Sie meinen?“ sagte Carina frech. Sie sagte sich, Angriff sei jetzt die beste Verteidigung und schließlich war sie sich absolut sicher, dass sie gestern niemand beobachtet hatte.

      Woraufhin Rayan die Augenbrauen hochzog und wortlos auf einen Knopf, der sich unter der Schreitischplatte befand, drückte. Daraufhin schob sich automatisch die Holzverkleidung über die komplette Breite der linken Wand auf die Seite und entblößte eine Bildschirmwand, die Kameraperspektiven des ganzen Hauses zeigte. Ohne jeden Zweifel war darauf Carina zu erkennen, als sie gestern den Gang entlang schlich und versuchte ins Büro zu gelangen.

      „Ich habe die Toilette gesucht“, log Carina schlagfertig.

      „Aha“, entgegnete Rayan unbestimmt. „Na in diesem Falle möchte ich Sie nun entschuldigen. Ich muss noch einige Telefonate erledigen.“

      „Oh natürlich“, antwortete Carina enttäuscht und fügte schnippisch hinzu. „Kein Problem. Danke für Ihre Zeit.“

      Sie drehte sich ruckartig um und verließ ohne ein weiteres Wort das Zimmer. Nachdem die Tür hinter ihr geschlossen war, legte sie ihr Ohr ans Holz, um zu hören was Rayan tat, doch sie musste feststellen, dass die Tür absolut schallisoliert war.

      Sie war keinen Schritt weitergekommen.

      Rayan dagegen saß noch einige Minuten bewegungslos in seinem Sessel. Er erforschte seine Gefühle, denn eigentlich müsste er wütend auf Carina sein. Überrascht stellte er fest, dass er allenfalls amüsiert war und im Gegenteil, ihre Beharrlichkeit sogar ein wenig bewunderte. Dann seufzte er tief: „Was sollte er bloß mit dieser Frau anfangen? Warum war mit ihr immer alles kompliziert?"

      Dann betätigte er wieder einen Schalter unterhalb des Schreibtischs und ein Teil der Tischplatte begann, sich zu öffnen. Geräuschlos fuhr ein Computerterminal heraus und er widmete sich wieder seinen E-Mails, die er gerade am Lesen gewesen war, als Carina ihn dabei unterbrochen hatte.

      2001 - Oase von Zarifa - Der Eid

      Als Rayan in die Behelfshütte aus Palmen trat, in der Sedat untergebracht war, war er nicht sonderlich überrascht, Hanif dort ebenfalls vorzufinden. Er hatte seinen Vater in den letzten beiden Tagen mehrfach besucht und sich des Gefühls nicht erwehren können, dass dieser etwas ausheckte.

      Sie hatten über Ruhi und dessen Reaktion auf seine Erkenntnis über Rayans Identität gesprochen, genauso wie er ihm auch ehrlich von Ruhis Angebot berichtet hatte.

      Sedat hatte nur gelächelt und nichts sonst dazu gesagt.

      Über Hanif und seinen Ausbruch hatten sie nicht ein einziges Mal gesprochen. Daher war Rayan klar, als er Hanif sah, dass das Thema nun auf den Tisch kommen musste. Was ihn aber überraschte, war der Blick mit dem Hanif ihn musterte. Von dem offenen Hass, den er ihm beim letzten Gespräch entgegengeschleudert hatte, war nichts mehr übrig.

      Er sah eher befangen aus, als ob er sich schämte. Er nahm an, dass Sedat Hanif einige deutliche Worte gesagt und ihm den Kopf gewaschen hatte. Rayan gönnte es ihm.

      „Mein Sohn, setz dich bitte zu mir", begrüßte ihn Sedat.

      „Hanif und ich haben gerade ein offenes Gespräch über seine Tat geführt. Er sieht ein, dass er sich eine große Schuld aufgeladen hat. Mir gegenüber, aber auch dir gegenüber.“

      Rayan hob kurz erstaunt die Augenbrauen und warf einen prüfenden Blick zu Hanif hinüber. Der hatte den Kopf gesenkt und erwiderte seinen Blick nicht.

      „Ich habe ihm zugesichert, dass wir niemandem gegenüber ein Wort über den wahren Verlauf meines „Unfalls“ verlauten lassen werden.“ Rayan nickte zustimmend. Wenn es für seinen Vater in Ordnung war, warum sollte er dann den Jungen bloßstellen? Solange er so eine Nummer nicht noch einmal drehte.

      Er holte Luft, um diesen Einwand zu bringen, doch Sedat machte eine Handbewegung, die deutlich machte, dass er noch nicht fertig war und so schwieg er.

      „Im Gegenzug hat er die Strafe, die ich für ihn festgelegt habe, vollumfänglich angenommen.“

      Wieder war Rayan verblüfft. Strafe?

      Erneut kam ihm Sedat zuvor, bevor er etwas fragen konnte. „Hanif hat mir geschworen, dass er dir Zeit seines Lebens dienen wird. Du bist die Person, der er feige nach dem Leben trachtete, deshalb kann er nur an dir seine Schuld abtragen.“

      Jetzt stand Rayan sprichwörtlich der Mund offen. „Sag das nochmal …“

      „Du hast mich schon verstanden.“ Erwiderte sein Vater fröhlich. „Und nun erheb dich bitte, damit Hanif dir seinen Eid in der traditionellen Weise schwören kann.“

      Rayan wusste zum ersten Mal seit Langem nicht, was er tun sollte. Er wollte das nicht!

      Andererseits erkannte er schnell die Genialität seines Vaters. Damit würde er sicherstellen, dass Hanif zukünftig nie mehr nach seinem Leben trachten würde. Aber war es richtig, auf diese Weise seine Loyalität zu erzwingen?

      Er sah Hanif an, der ihn gequält anlächelte.

      „Na