RAYAN - Die Serie (Teil 1 - 4). Indira Jackson. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Indira Jackson
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738093896
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zweite Frau, die ihm wirklich etwas bedeutet hatte, war Amina.

      Er hatte sie 1999 bei einem Einsatz in Riad kennengelernt. Sie wusste somit um seine wahre Tätigkeit für seine amerikanische Firma TanSEC, die Jack Tanner 1998 gegründet hatte. Auch über die Aufträge für die amerikanische Regierung war sie informiert. Anfangs hatte es ihr nichts ausgemacht. Im Gegenteil war sie stolz gewesen, dass er so spezielle Aufgaben meisterte.

      Er war sofort von ihr fasziniert und sie hatten sich schon bei ihrer ersten Begegnung ineinander verliebt. Zuerst hatte sie es perfekt verstanden, ihm das Gefühl zu geben, ihre Zuneigung gewinnen zu müssen. Umso größer war sein Triumph gewesen, als sie ihm endlich nachgab. Nach nur sechs Monaten hatten sie geheiratet. Rayan war noch nie naiv gewesen, trotzdem war er überzeugt gewesen, dies sei ein Bund für immer.

      Als Amina zu ihrer beider Freude schwanger geworden war, glaubte er, sein Glück wäre perfekt. Doch dann hatte sie begonnen, sich zu verändern. Aus der stolzen, wunderschönen Frau, die erobert werden wollte, wurde eine überängstliche, hysterische Furie.

      Rayan ertrug ihre Launen überraschend gut, sah ihr alle Ausbrüche nach, war sie doch die Mutter seines ungeborenen Kindes. Er redete sich ein, dass sie nach der Geburt wieder die alte werden würde.

      Zudem hatte er ein permanent schlechtes Gewissen, weil er sie zu häufig alleine lassen musste. Obendrein um auf gefährliche Einsätze zu gehen, von denen sie nie wusste, ob er zurückkommen würde und wenn doch, dann in welchem Zustand.

      Meist trug er nur kleinere Wunden davon, aber ab und an kam es auch zu komplizierteren Verletzungen, die ihm einige Wochen zu schaffen machten. Keine einfache Situation für eine werdende Mutter.

      Julie wohnte damals mit ihrem Mann Jack in Amerika und konnte auf die Distanz auch nur bedingt helfen. Sie kam zu Besuch, so oft sie konnte.

      Als dann ihr Sohn Tahsin im Mai 2000 geboren wurde, war Rayan selig.

      Seiner Meinung nach war es ein wunderschönes Baby. Ihm war es egal, ob es ein Mädchen oder ein Junge war, Hauptsache es war gesund.

      Er dachte, dass Amina nun eine Beschäftigung habe, eine Aufgabe, somit war sie nicht mehr einsam und konnte daher doch sicher - so wie er - glücklich sein? Sie stimmte sogar einem Umzug nach Amerika zu, wo sie in der Nähe von Julie und Jack wohnen würden, die sie dann noch besser unterstützen könnten. Alles würde gut werden. Was für ein fataler Fehler! Er, der sonst seine Gegner auf den ersten Blick richtig einzuschätzen wusste, verpasste bei seiner eigenen Ehefrau eine wesentliche Veränderung: den Verfall in eine Post-Natale Depression.

      Immer wenn er zuhause war, war sie so froh und glücklich, dass ihm die Veränderung nicht bewusst wurde. Allerdings musste er im Nachhinein zu seiner Schande gestehen, dass er nicht sehr häufig dort gewesen war.

      Als Tahsin gerade einmal acht Monate alt war, erhielt er einen fatalen Anruf: Amina hatte sich das Leben genommen. Sie hatte Tabletten geschluckt - zu viele. Ob es wirklich Absicht war, dass sie ihr Baby alleine zurückließ, konnte man später nicht mehr nachvollziehen.

      Rayan tröstete sich mit der Möglichkeit, dass es keine Absicht, sondern ein Versehen gewesen war. Welche Mutter würde ihr Baby so grausam gefährden?

      Es war reiner Zufall, dass Julie an diesem Wochenende nach Arabien geflogen war, um ihren Enkelsohn zu besuchen und mit Amina über die Vorbereitungen für den Umzug zu sprechen. Was für ein Schock, als sie Amina leblos vorfand.

      Tahsin hatte wirklich Glück gehabt, er hatte friedlich geschlafen und somit keinerlei Schaden erlitten.

      Der herbeigerufene Notarzt konnte für Amina nichts mehr tun.

      Kurzerhand hatte Julie anschließend zusammen mit Rayan beschlossen, dass sie Tahsin aufziehen würde. Sie nahm ihren Enkel mit zu sich und ihrem Mann nach Amerika, was für Rayan in dieser schwierigen Zeit einiges einfacher machte.

      Er pendelte nun zwischen North Carolina und Arabien hin und her und war so oft es ging bei seinem Sohn.

      Als er sich mit seinem Vater Sedat im Jahr 2001 aussöhnte, war Tahsin eineinhalb Jahre alt. Schon damals fragte er Julie und Jack, ob sie nicht nach Zarifa umziehen wollten. Doch Jack lehnte ab mit der Begründung, er habe „genug Sand in seinem Leben gesehen und wolle lieber in Amerika bleiben". Im Stillen dachte Rayan, dass er es vermeiden wollte, auch nur in der Nähe von Sedat zu leben. Er konnte dem alten Scheich nie verzeihen, was der seinem eigenen Sohn angetan hatte. Andererseits: Hatte Rayan selbst das je wirklich gekonnt?

      Erst nach dem Tod seines Adoptivvaters im Jahre 2010 bei einem Absturz von dessen Privatmaschine, erklärte sich Julie mit dem Umzug nach Zarifa einverstanden.

      Erst dann kam Tahsin Ibn Rayan Suekran al Medina y Nayran mit zehn Jahren zurück nach Arabien, in das Land in dem er geboren worden war.

      2014 - Oase von Zarifa - Die Entscheidung

      Rayan riss sich selbst aus seinen Gedanken und erledigte ziemlich lustlos einige Telefonate. Es war eigentlich noch viel zu früh am Tag.

      Er und Carina waren morgens um etwa neun Uhr aufgebrochen und um die Mittagszeit war er alleine zurückgekommen.

      In North Carolina, Amerika, wo ihre Zentrale war, war es jetzt vier Uhr morgens. Aber sie hatten ja auch einige Kunden in anderen Regionen der Welt und die von der amerikanischen Regierung schienen ohnehin nie zu schlafen. Immerhin half ihm diese Routine, seine Grübeleien zu verdrängen. Es war nicht gut, zu sehr in der Vergangenheit zu verweilen.

      Wo er sonst mit Konzentration bei seinen Kunden war, bemühte er sich, zumindest das Notwendigste zu erledigen.

      Ein Grund, warum er nicht richtig bei der Sache war, weil er Carina noch immer nicht von ihrem Ausflug hatte zurückkehren sehen. Wo blieb sie denn bloß so lange? War ihr etwas passiert? Hatte er sie vielleicht verletzt? Oder hatte sie etwa Angst zurückzukehren?

      Erst als sie – mit reichlich Verzögerung - am frühen Nachmittag zurückkam, entspannte er sich. Er hatte schon erwogen loszugehen, um nach ihr zu suchen. Aber dann sah er sie erleichtert: Von seinem Büro aus konnte er den Wasserfall und den Garten gut überblicken.

      Eine ganze Weile lang beobachtete er sie, wie sie forschen Schrittes angelaufen kam – weder verletzt, noch deprimiert. Er hatte sich offenbar völlig unnötig Gedanken gemacht - sie war wirklich unglaublich!

      Aufgrund der vielen Zeit, die sie in den letzten Wochen unter der arabischen Sonne verbracht hatte, war ihr Teint wunderbar braun geworden. Das brachte ihre hellen Haare noch mehr zur Geltung und unterstrich auch das Grün ihrer Augen. Er stellte fest, dass sich sein Puls bei ihrem Anblick beschleunigte.

      Sie setzte sich in den Pavillon mit Blick auf den Pool und begann zu lesen.

      Rayan fasste den Entschluss, dass er ihre ganze verkorkste Beziehung jetzt in richtige Bahnen lenken musste. Er stand auf, verließ sein Büro und ging hinunter zu ihr in den Garten.

      2001 - Oase von Zarifa - Ein Neubeginn

      Zwei Tage später bat Ruhi, mit Rayan alleine unter vier Augen sprechen zu können.

      Sie gingen etwas abseits der anderen durch den Felsdurchbruch, der ins Innere der Berge führte. Dort begann der steinige Weg, der sich kurvenreich hinauf bis ins Tal von Zarifa wandte. Sie hielten sich rechts, wo der Fluss, der ebenfalls aus dem Tal von Zarifa bis hier unten den Weg begleitete, aus circa drei Metern Höhe in einem Felsbassin fiel, sich dort noch einmal staute und dann glucksend im Untergrund verschwand.

      „Ich habe mit deinem Vater gesprochen“, sagte Ruhi.

      Rayan ahnte, was kommen würde, sagte jedoch nichts.

      „Es war mir sehr unangenehm, dass ich derjenige war, der das Thema offen angesprochen hat, doch als Verantwortlicher für unsere Krieger, sehe ich es als meine Aufgabe an.“

      Er schwieg einen Moment.

      „Wir